"Will meine Töchter noch tanzen sehen": Solingerin kämpft gegen Blutkrebs

Solingen | Füreinander

Stand: 15.12.2024, 16:58 Uhr

Die Diagnose erwischt Esther Pfüller völlig unerwartet. Sie ist 35 Jahre alt, Mutter von zwei Töchtern, als sie erfährt, dass sie an einer aggressiven Form von Blutkrebs erkrankt ist. Es beginnt ein lebensbedrohlicher Wettlauf gegen die Zeit.

Von Michaela Bruch und Nico Trappmann

Esther Pfüller schubst die Schaukel an, auf der eine ihrer beiden kleinen Töchter sitzt. Ihre andere Tochter springt gerade auf dem großen Trampolin. Pfüller schaut zu ihr und lächelt. Sie hat solche Alltagsmomente schätzen gelernt. Denn nach ihrer Diagnose war nicht klar, ob sie ihre Kinder überhaupt würde aufwachsen sehen. Doch nun hat sie wieder eine Chance.

Mehr als 2.500 Menschen erkranken laut Landeskrebsregister in NRW jedes Jahr im Durchschnitt an Blutkrebs. Im Februar 2024 erfährt Pfüller, dass sie an einer besonders schweren Form erkrankt ist. Die Zeit, einen geeigneten Spender zu finden, ist knapp. Sofort beginnt sie mit der Chemotherapie in der Uniklinik Düsseldorf, wendet sich aus dem Krankenbett über die sozialen Medien an die Öffentlichkeit.

Solingen: Ein Wettlauf gegen die Zeit

Sie will ihre Chancen erhöhen, schnell einen Spender zu finden - und zu überleben. In einem Video sitzt sie in ihrem Bett im Krankenhaus, die Haare kurz geschoren. "Ich kann nur mit einer Stammzellenspende überleben. Ohne geht es nicht." Ihre familiären Wurzeln machen die Suche für Pfüller dabei besonders kompliziert.

Esther Pfüllers Aufruf zur Stammzellenspende 00:58 Min. Verfügbar bis 15.12.2026

Die 35-Jährige braucht einen Spender, der wie sie afrikanische Wurzeln hat, bestenfalls in Kenia. Unter den Millionen registrierten Spender weltweit erfüllen aber nur wenige dieses Kriterium. Doch Pfüller will kämpfen, um jeden Preis. Und sie ist nicht allein. Familie und Freunde kämpfen mit.

Zusammen mit dem Knochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD) organisieren sie Typisierungsaktionen in Solingen und umliegenden Städten. Tausende lassen sich als Spender registrieren.

Esthers Ehemann Ken Pfüller ist ein in der Region bekannter Basketballtrainer bei den NEW Elephants Grevenbroich in der Regionalliga West. Bei Spielen in Düsseldorf, Leverkusen und Köln registrieren sich noch einmal 500 Menschen. "Es kann nicht sein, dass im Jahr 2024 eine weiße Person, die Leukämie bekommt, eine 90-prozentige Chance hat, einen Spender zu finden und eine schwarze Person eine 20-prozentige Chance", sagt Ken Pfüller.

Warum Esther Pfüller von den Schwierigkeiten bei der Stammzellensuche überrascht war 00:18 Min. Verfügbar bis 15.12.2026

Ken Pfüller schickt Testkits nach Kenia. Ein Onkel von Esther Pfüller reist durch das Land, um Verwandte aufzuspüren. Auch Pfüllers Mutter, ihre Halbschwester und ihr Halbbruder, die in Wuppertal leben, lassen sich testen. Dann gibt es tatsächlich Hoffnung.

Wenn 50 Prozent reichen müssen

Die Geschwister passen zu 50 Prozent. Doch die Ärzte warten noch ab. Pfüllers Heilungschancen sind bei einem hundertprozentigen Match besser. Dann bekommt Pfüller Lungenprobleme, warten ist keine Option mehr. Anfang Mai bekommt sie die Stammzellen von ihrem Halbbruder transplantiert. "Ohne ihn wäre ich nicht mehr hier", sagt die 35-Jährige und muss kräftig schlucken.

Esther Pfüller und ihr Halbbruder Steve sind glücklich, dass die Stammzellentransplantation erfolgreich war | Bildquelle: Michaela Bruch/Nico Trappmann/WDR

Der Eingriff dauert nur wenige Stunden. Ob der Krebs damit endgültig besiegt ist, weiß sie noch nicht. Pfüller muss weiter viele Medikamente nehmen, damit ihr Körper die fremden Stammzellen nicht abstößt. Regelmäßig geht sie zur Kontrolle in die Uniklinik Düsseldorf. Ihre Prognose ist gut.

Der Wunsch, über den sie beim Anschubsen ihrer Tochter auf der Schaukel spricht, ist wieder greifbar geworden: "Ich will sie Großwerden sehen. Ich will zu ihren Abi-Feiern, ich will sie tanzen sehen und auf ihren Hochzeiten tanzen."

Über dieses Thema haben wir auch am 22.03.24 und 08.10.24 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Bergisches Land, 19.30 Uhr