Norbert Neikes trägt den Knöterich.

Im Einsatz für heimische Pflanzen: Wie Ehrenamtler ein Biotop retten

Viersen | Füreinander

Stand: 14.08.2024, 16:18 Uhr

Fachleute nennen sie "Neophyten": Sträucher, Bäume, Kräuter, die irgendwann aus anderen Teilen der Welt zu uns gelangten. Eigentlich kein Problem. Es sei denn, sie bedrohen die heimische Flora. Dann gehen sogar Naturschützer mit ihnen ins Gefecht - wie zum Beispiel in Nettetal.

Von Markus Waerder

Die festen Schuhe sind geschnürt, in den Händen Spaten oder Grabegabel. Gut ein Dutzend Männer und Frauen auf dem Weg ins 3,2 Quadratkilometer große Naturschutzgebiet "Heidemoore" bei Nettetal, direkt an der deutsch-niederländischen Grenze. Ihr Ziel: Den Sachalin-Staudenknöterich ausgraben. Neben einigen der bis zu drei Meter hohen Stauden wirken sie fast klein. Es ist eine anstrengende Arbeit, erklärt Norbert Neikes von der Biologischen Station an den Krickenbecker Seen. Denn der Knöterich kann nicht einfach abgemäht werden, erklärt der Biologe.

Warum das Abmähen der Pflanzen sinnlos wäre

00:37 Min. Verfügbar bis 14.08.2026

Warum sie überhaupt gegen den Knöterich vorgehen? In NRW gibt es rund 200 Pflanzenarten, die hier eigentlich nicht heimisch sind, erklärt Birgit Königs vom Naturschutzbund NABU in NRW. Als heimisch gilt alles, was vor Kolumbus in Europa wuchs. Experten sprechen von "Neophyten". Längst nicht alle werden der heimischen Pflanzenwelt gefährlich. Bekanntes Beispiel dafür ist das Schneeglöckchen. Andere aber drängen heimische Arten zurück, sie werden als "invasiv" bezeichnet. Zu ihnen zählen das Indische Springkraut, die Herkulesstaude oder eben der Sachalin-Staudenknöterich. Auch in anderen Städten von NRW gibt es entsprechende Projekte zum Schutz heimischer Arten.

Ohne Freiwillige geht es nicht

Mit Handschuhen und Spaten wühlen die Helfer in Nettetal inzwischen den Boden auf, ziehen mit kräftigem Ruckeln die Pflanzen aus dem Erdreich. Sie alle sind ehrenamtliche Biotop-Pfleger der Biologischen Station an den Krickenbecker Seen. Biologe Neikes trägt gerade einen großen Busch Pflanzen vor sich her.

Er beschäftigt sich seit 30 Jahren mit Pflanzen, die zufällig oder absichtlich nach Europa importiert wurden. Der Sachalin-Staudenknöterich, benannt nach einer zu Russland gehörenden Insel, wurde vor etwa 160 Jahren als Zier- und Äsungspflanze für Wild eingeführt. Inzwischen aber könne er in Wäldern kleinere Pflanzen komplett verdrängen.

Norbert Neikes erklärt, wie die Ehrenamtlichen heimische Pflanzen schützen

00:12 Min. Verfügbar bis 14.08.2026

Die Ausbreitung des Knöterichs wäre ohne Helfer kaum zu verhindern. Die, die im Wald umgraben, ausbuddeln und herausreißen, tun das aber nicht nach eigenem Gefühl. Neikes Kollegin Anja Neuber hat sie in einem Seminar zu Biotop-Pflegern fortgebildet. Es ist eine Arbeit, die gerade im Naturschutzgebiet in Nettetal besonders wichtig ist, wie Neuber erklärt: "Wir haben im Naturschutzgebiet wertvolle Lebensräume, wie zum Beispiel Moore. Wenn der Staudenknöterich sich weiter ausbreitet, droht der Verlust dieser Lebensräume."

Anja Neubauer und ein weiterer Ehrenamtler graben den Knöterich aus.

Das Ausgraben des Knöterichs erfordert viele helfende Hände

Zehn Einsätze haben die Ehrenamtler, Praktikanten und Biologen im Naturschutzgebiet "Heidemoore" noch vor sich, bis sie das Gebiet durchforstet haben. Auch danach ist regelmäßige Kontrolle wichtig. Ganz wegbekommen werden sie den Sachalin-Staudenknöterich wohl nicht mehr. Denn schon der kleinste Spross, der im Erdreich übersehen wurde, lässt die Pflanze wieder wachsen.

Über dieses Thema haben wir auch am 25.06.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Düsseldorf, 19.30 Uhr.