Ina Hackstein sucht im Dunkeln mit einer Taschenlampe nach Kröten

Die Krötenretterin aus Duisburg-Ehingen

Duisburg | Ehrenamt

Stand: 28.03.2023, 11:25 Uhr

Auf dem Weg in ihre Laichgewässer müssen Amphibien immer wieder Straßen überqueren und kommen dabei unter die Räder. Ina Hackstein aus Duisburg will sich das nicht länger angucken und rettet die Tiere auf eigene Faust.

Von Philipp Vogt (Text) und Kai Toss (Multimedia)

Es ist eine finstere Nacht in Duisburg-Ehingen. Nur im spärlichen Licht ihrer Stirn- und einer Taschenlampe studiert Ina Hackstein mit wachsamen Blick die Straße. Sie ist ausgerüstet mit einem Eimer und sucht Amphibien: Erdkröten, Grasfrösche, Molche. Die Arbeit erfordert viel Konzentration, denn wenn sie ein Tier übersieht, könnte das tödlich enden. Immer mal wieder fahren Autos vorbei, eine große Gefahr für die Amphibien. "Jede gerettete Kröte ist was Gutes", sagt Hackstein. "Gut für die Population. Dass das alles weitergeht mit den Wildtieren". Da macht es ihr nichts, wenn der Wecker mal zu Unzeiten klingelt.

Ich finde es schlimmer hier die toten Tiere zu sehen. Da ist es kein Problem, morgens früh aufzustehen. Ina Hackstein, ehrenamtliche Krötenretterin

Ina Hackstein ist nicht alleine unterwegs: es ist eine kleine Gruppe von Ehrenamtlichen, die den Amphibienschutzzaun und die Straße abgeht und behutsam jedes Tier aufhebt. Heute sind viele Erdkröten auf Wanderung, die Eimer der Freiwilligen füllen sich schnell.

Die Krötenwanderung findet immer im Frühjahr statt. Wenn die Temperaturen in der Nacht nicht mehr unter fünf Grad fallen, wandern Amphibien zu ihren Laichgewässern. Dabei sind sie oft mehrere Nächte unterwegs und legen viele Kilometer zurück. Das ist nicht ungefährlich: Untersuchungen des Naturschutzbund Deutschland (Nabu) haben ergeben, dass 90 Prozent der wandernden Erdkröten sterben, wenn nur 60 Autos pro Stunde auf einer Straße unterwegs sind.

Überall in Deutschland gibt es deswegen tierliebe Freiwillige, die die Frösche und Kröten bei ihrer Reise unterstützen und eimerweise über Straßen tragen. Dazu sind im ganzen Land über 2000 Amphibienschutzzäune aufgebaut, davon einige hundert in NRW. Das reicht allerdings längst nicht. Jedes Jahr sterben laut Nabu Millionen Frösche, Kröten und Lurche auf den Straßen.

Wie kann ich helfen?

Naturschutzgruppen wie der Nabu suchen dringend Freiwillige für den Amphibienschutz. Vorkenntnisse sind nicht nötig. Zu den Aufgaben gehört neben dem Aufstellen der Zäune deren tägliche Kontrolle. Amphibien werden in Transporteimern umgesiedelt und dabei gezählt.

In Duisburg-Ehingen war das lange der Fall. Hier an den Rheinauen gibt es zwar viele Amphibien, nur Retter gab es lange keine. "Wir haben gesehen, dass sehr viele Tiere überfahren worden sind", erinnert sich Hackstein. Da musste was passieren. Zuerst sammelten sie die Frösche und Kröten so auf, dann bastelten sie einen ersten Behelfszaun. Nach unzähligen Telefonaten und vielen Monaten Wartezeit dann endlich die gute Nachrichten: im Keller des Forstamts liegt noch ein alter Zaun, den sich die Freiwilligen ausleihen dürfen.

Erdkröten: große Weibchen, faule Männchen

Zwei Jahre lang kümmert sich Ina Hackstein jetzt schon um die Amphibien in Duisburg-Ehingen. Angefangen hat sie damals alleine, mittlerweile ist die Gruppe aber gewachsen. Über ein Internetportal, auf dem andere alte Möbel verscherbeln, hat Hackstein nach Tierrettern gesucht und sie auch gefunden. Im Februar brachten sie gemeinsam den Zaun an. Mitte März, wenn die Amphibienwanderung ihren Höhepunkt hat, steht die richtige Arbeit an: der Zaun muss jede Nacht kontrolliert und die Tiere in großen Eimern gesammelt werden. Dabei hat Hackstein schon so einiges über die Tiere gelernt.

Was männliche und weibliche Erdkröten unterscheidet

Lokalzeit.de 00:25 Min. UT Verfügbar bis 28.03.2025

Kröten sind empfindliche Tiere

Erdkröten können ungefähr erahnen, wo sie geboren sind. Unbeirrbar wandern sie an diesen Ort zurück. Auf der Straße werden für Tiere dann nicht nur die Reifen, die sie überrollen könnten, zur Gefahr. Auch der Luftdruck eines zu schnell vorbei fahrenden Autos kann tödlich sein, denn die empfindlichen Organe der Kröten können durch den Druck platzen.

Aber Hackstein rettet die Tiere nicht nur vor den Gefahren der Straße. Sie zählt die Tiere auch. So hat etwa der Naturschutzbund einen Überblick darüber, wie der Bestand der Amphibien in Deutschland ist. In einer Nacht retten die Duisburger schon mal 50 Erdkröten. Die bundesweiten Zahlen sind laut Nabu eher besorgniserregend. An vielen Stellen werden immer weniger Tiere gezählt. Der Naturschutzbund vermutet, dass die Dürre der letzten Jahren den Tieren zusetzt.

Erdkröte

Die Erdkröte landet bei den Tierschützern besonders häufig im Eimer

Natürlich dürfen die Tiere letztlich auch wieder raus aus den Eimern von Ina Hackstein und den anderen Freiwilligen. Letztlich bringen sie Kröten und Frösche nicht nur über die gefährliche Straße sondern auch über einen Deich in die Duisburger Rheinauen, direkt in Nähe ihrer Laichgewässer. "Dann dürfen auch alle gleich wieder raus", sagt Hackstein. Die letzten Meter schaffen die Kröten dann alleine.

Über dieses Thema berichten wir auch im WDR-Fernsehen am 20.03.2023: Lokalzeit aus Duisburg, 19.30 Uhr.