Heinz Benking macht einen Spaziergang mit Carina Böckmann

Kann man Leben lernen? Ja, sagt ein Schlaganfallpatient

Gütersloh | Ehrenamt

Stand: 13.02.2024, 10:13 Uhr

Vor mehr als 15 Jahren kippt Lokalpolitiker Heinz Benking aus Gütersloh bei einer Ratssitzung einfach um. Schlaganfall. Monatelang lernt er, wieder zu sprechen und zu gehen. Heute engagiert er sich als Schlaganfallhelfer. Unsere Autorin hat ihn begleitet.

Von Lena Breuer

"So, dann gib mal her den Stock und halt dich an mir fest", sagt Heinz Benking und hilft der jungen Frau die drei Treppenstufen herunter auf die Straße. Benking ist groß, hat breite Schultern, einen gemütlichen Bauch, grauweiße Haare und einen Vollbart. "Wir drehen die große Runde, oder? Du bist fit heute." Carina Böckmann lacht ihn an und nickt. Langsam, fast in Zeitlupe, setzt sie einen Fuß vor den anderen.

Vor etwas mehr als einem Jahr erlitt Böckmann einen Schlaganfall, verbrachte Monate in einer Klinik. Jeder Schritt ist eine große Anstrengung. Benking weiß, wie sich das anfühlt. "Carina, das geht heute so richtig gut, großartig", feuert der 70-Jährige sie an.

Wie Heinz Benking zum Schlaganfallhelfer wurde

00:29 Min. Verfügbar bis 13.02.2026

Hunderttausende Betroffene

Benking und Böckmann sind zwei von vielen hunderttausend Schlaganfallpatienten in Deutschland. Pro Jahr erleiden schätzungsweise 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Rund 2,5 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland hatten bereits einen Schlaganfall, vor allem ältere Menschen gehören zu den Risikopatienten. Und Schlaganfälle sind häufig tödlich. Jeder Fünfte stirbt in einem Zeitraum von wenigen Wochen nach dem ersten Schlaganfall. Wer überlebt, ist meist stark beeinträchtigt. Nach oft monatelangen Krankenhaus- und Rehaaufenthalten fühlen sich viele Betroffene allein mit dem neuen Leben.

Genau hier helfen ehrenamtliche Schlaganfallhelfer. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe organisiert mittlerweile über 350 Hilfsgruppen in ganz Deutschland. Die allererste Gruppe entstand bei der Diakonie in Gütersloh – und Heinz Benking war einer der ersten Helfer.

Vom Betroffenen zum Helfer

"Ich kann ganz genau verstehen, wie sich Menschen wie Carina fühlen. Weil ich es selbst durchgemacht habe." Wenn der dreifache Vater spricht, klingt es leicht verwaschen, manchmal ringt er nach Worten. "Ich konnte nicht mehr sprechen und das hat mich verrückt gemacht. Also habe ich gekämpft, ich wollte wieder sprechen, mich verständigen. Es lohnt sich, zu kämpfen. Das sage ich auch immer anderen Betroffenen."

Warum Heinz Benking sein Ehrenamt so wichtig ist

00:25 Min. Verfügbar bis 13.02.2026

Zwei bis drei Menschen betreut Benking als Schlaganfallhelfer. Er trifft sich jede Woche mehrfach mit ihnen, erledigt einfache Dinge für sie, fährt sie zum Arzt, geht spazieren oder ist einfach nur da und hört zu.

Regelmäßige Schulungen

Ungefähr alle zwei Wochen kommt die Schlaganfallgruppe in den Räumen der Diakonie Gütersloh zusammen. Die Ehrenamtlichen tauschen sich aus und bilden sich gemeinsam weiter, damit sie auch im Notfall immer wissen, was zu tun ist. "Ohne die Ehrenamtlichen geht es nicht", sagt Anke Fuchs, hauptamtliche Leiterin der Gruppe. "Das ist einfach etwas anderes für die Betroffenen, wenn jemand da ist, der einfach nur die Hand hält." Gemeinsam mit der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe sucht die Diakonie immer wieder engagierte Menschen - denn die Schlaganfallzahlen steigen kontinuierlich an.

Wie erkenne ich einen Schlaganfall?

Was ist ein Schlaganfall überhaupt? Beim Schlaganfall kommt es laut RKI zu plötzlichen, schlagartigen Ausfällen des Gehirns. Ursache dafür ist entweder ein Gefäßverschluss oder eine Hirnblutung.

Wie erkenne ich einen Schlaganfall? Welche Symptome gibt es? Die Schlaganfall-Hilfe empfiehlt, Anzeichen eines Schlaganfalls mit dem "FAST"-Test zu überprüfen. Die Abkürzung steht für die englischen Begriffe: Face, Arms, Speech und Time.

  • Verzieht sich beim Lächeln das Gesicht des Gegenübers, weil ein Mundwinkel herabhängt? Hat die Person Probleme, beide Arme waagerecht nach vorne zu strecken, die Handflächen nach oben zu drehen und die Position zu halten? Beides deutet auf eine halbseitige Lähmung hin
  • Fällt es dem Gesprächspartner schwer, einen einfachen Satz nachzusprechen? Das deutet auf eine Störung des Sprachzentrums hin
  • Zeigen sich diese Symptome? Dann keine Zeit verlieren und sofort den Notarzt (112) anrufen

Für Carina ist der Spaziergang zu Ende. Einen Kilometer haben sie heute geschafft. "Da kannst du mächtig stolz sein, Carina", sagt Benking und nimmt sie an die Hand. "Ich bringe dich noch schnell die Treppe wieder hoch - und dann machen wir beide Pause."

Über dieses Thema haben wir auch am 27.01.2014 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit am Samstag, 19.30 Uhr.