"Heute geht es ins Heimatland nach Schloß Holte-Stukenbrock, da freue ich mich schon drauf", sagt Frank Dieckmann lächelnd und packt seine Trinkflasche an sein Rennrad, "meine Familie wartet dort, von daher ist das für mich ein Highlight." Etwa 100 Kilometer stehen an diesem Tag auf dem Plan. Dieckmann wird ordentlich ins Schwitzen kommen, aber an Aufgeben denkt er keine Sekunden. Schließlich weiß er, für wen er im Sattel sitzt.
100.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland leben laut Bundesfamilienministerium mit lebensbedrohlichen und lebensverkürzenden Erkrankungen. Zahlen für einzelne Bundesländer gibt es nicht. Genau für diese Kinder und Jugendlichen sind die Schornsteinfeger auf der "Glückstour" unterwegs und sammeln Spenden. Seit 19 Jahren gibt es das außergewöhnliche Event. In dieser Zeit sind laut organisierendem Verein bereits mehr als 4,5 Millionen Euro zusammen gekommen.
Gemeinsam schwitzen für den guten Zweck
In diesem Jahr radeln sie gemeinsam von Trier nach Hannover. Es geht über Köln, Düsseldorf, Unna, und Ostwestfalen. Frank Dieckmann war bisher jedes Jahr dabei: "Es ist eine tolle Gemeinschaft. Ich kann der Gesellschaft etwas zurückgeben, ich liebe es."
Antrieb für das Engagement des 61-Jährige sind auch seine eigenen Enkelkinder, die zum Glück alle gesund seien: "Gerade, wenn es die Kleinen betrifft, ist das noch eine ganz andere Nummer. Wenn man die Schicksale hört, kommen auch einem gestandenen Mann die Tränen."
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Der große Tross mit den rot-weiß-grünen Shirts fällt auf den Feldwegen und Landstraßen auf. "Als Gemeinschaft kommen wir schnell voran, weil sich der eine auf den anderen verlassen kann und im Windschatten fährt", sagt Dieckmann. "Das macht viel mehr Spaß, als alleine durch die Gegend zu fahren."
Unterstützung von vielen Seiten
Zwischenstopp am Mittag in Oelde: Mehrere Kolleginnen und Kollegen stehen in ihrer schwarzen Arbeitskleidung Spalier und feuern an. Auch das gehört zur Glückstour. Das Netzwerk aus Unternehmen und Vereinen, die das Event unterstützen, ist in den vergangenen 19 Jahren immer größer geworden.
Ralf Heibrock aus Schloß Holte-Stukenbrock organisiert die Tour und ist begeistert über den Zuspruch: "Das Schönste ist: Wir merken, dass es in unserer Gesellschaft noch nicht verloren gegangen ist, zu helfen."
Entlang der Strecke treffen die Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger viele Menschen, die der Verein das Jahr über unterstützt. Nicht nur der Verein, auch die betroffene Familien sollen sichtbar werden, erklärt Heibrock: "Mir ist es wichtig zu zeigen, wie schlecht es diesen Menschen geht. Diese Familien und Kindern brauchen Hilfe, und das motiviert mich jedes Mal aufs Neue."
Immer weiter geht es Richtung Bielefeld: "Wir haben tolles Wetter und Geschwindigkeit ganz nach meinem Geschmack", sagt Schornsteinfeger Dieckmann. Am Zielort im Süden der Stadt werden er und die anderen Fahrer schon von Arbeitskollegen, Familien, Unternehmen und anderen Ehrenamtlichen erwartet.
Hinter der Ziellinie lassen sich die radelnden Schornsteinfeger feiern. Frank Dieckmann strahlt, besonders als er seine drei Enkelkinder in die Arme schließt: "Dieser Empfang ist einfach wahnsinnig, ich bin begeistert." Nach den 100 Kilometern ist Dieckmann erschöpft, aber auch glücklich: "Wenn wir so einen Empfang haben, würde ich es noch 20 Jahre länger machen." Einen Tag später wird er die letzte Etappe der Glückstour absolvieren und nach knapp 120 Kilometern in Hannover ankommen.
Über dieses Thema haben wir auch am 25.06.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit OWL, 19.30 Uhr.