Zu sehen sind mehrere Frauen, die auf einen Weiher zugehen.

Freundschaften schließen beim Frauenspaziergang in Köln

Köln | Ehrenamt

Stand: 23.03.2024, 09:27 Uhr

Neue Kontakte knüpfen kann schwierig sein, vor allem nach der Schule oder dem Studium. "Cologne Girls Talking and Walking" soll das ändern. Organisierte Spaziergänge in Köln bieten Frauen einen sicheren Begegnungsraum.

Von Mona Westholt

Felicitas Mack und Elene Shubladze stecken die Köpfe zusammen, als sie noch ein letztes Mal die Strecke des Spaziergangs besprechen. Die 20-jährige Mack und die 33-jährige Shubladze hocken auf einer Steinmauer vor dem Mensagebäude im Kölner Süden. Gleich sollen sich hier einige Frauen versammeln, um gemeinsam einen Spaziergang zu machen. Wie viele? Das wird auch für die beiden eine Überraschung sein, denn verbindliche Anmeldungen gibt es nicht. Die Voraussetzungen für einen schönen Spaziergang sind jedenfalls bestens an diesem Frühlingssonntag: Sonnenstrahlen und angenehme Temperaturen. Statt nach der Winterjacke kann heute nach der Sonnenbrille gegriffen werden.

1

"Girls Talking and Walking"

Mack und Shubladze haben die Aktion "Girls Talking and Walking" nach Köln geholt. Es ist eine offene Versammlung für Frauen aller Altersgruppen, bei der eben genau das passiert, was der Name verspricht. Sie wollen Frauen einen sicheren Raum bieten, um sich auszutauschen, kennenzulernen und Freundschaften zu knüpfen. Die Idee stammt aus den Vereinigten Staaten. Vor wenigen Wochen wurde sie nach amerikanischem Vorbild zum ersten Mal in München durchgeführt. Videos in den sozialen Netzwerken haben die Aktion verbreitet. So haben Mack und Shubladze unabhängig voneinander die Organisatorin aus der bayerischen Landeshauptstadt nach Tipps gefragt, um die Spaziergänge auch in Köln umzusetzen. Interesse besteht auch in anderen Städten. In NRW haben sich etwa schon Frauen aus Düsseldorf bei dem Kölner Organisatorinnen-Duo gemeldet.

Was Felicitas Mack und Elene Shubladze motiviert

00:39 Min. Verfügbar bis 23.03.2026

Ob Studentin oder Rentnerin, ob aus Köln oder aus umliegenden Städten, ob mit Kind an der Hand oder Hund an der Leine - etwa zehn Minuten vor Beginn versammeln sich die Frauen am Treffpunkt an der Zülpicher Straße. Einige von ihnen kommen allein: Souzan Sabbagh hat den Aufruf auf Instagram gesehen und will hier nette Freundinnen finden. Susanne Heuser zum Beispiel möchte vor allem mit Frauen ins Gespräch kommen, die andere Blickwinkel als sie haben - die, mit denen sie in ihren Bekanntenkreisen nicht so einfach ins Gespräch komme.

Cologne Girls Talking & Walking

Alle Frauen sind bei den kostenlosen Frauenspaziergängen willkommen, egal wie alt sie sind oder wo sie herkommen. Das betonen die Organisatorinnen auch auf ihrer Instagram-Seite. Dort gibt es alle aktuelle Informationen zu den nächsten Frauenspaziergängen.

Nach einer kurzen Ansprache von Mack und Shubladze, auch auf Englisch, geht es los. Die etwa 140 Frauen spazieren über die Uniwiesen, durch den Hiroshima-Nagasaki Park entlang am Aachener Weiher. Bei der Streckenauswahl achten die Organisatorinnen darauf, dass die Wege breit genug sind, um nicht anderen Spaziergängerinnen den Weg zu versperren. Der Verkehr soll durch die große Gruppe nicht behindert werden. "Ampeln versuchen wir zu vermeiden", sagt Mack. Doch das sei gar nicht so einfach bei Strecken, die zwischen sechzig und neunzig Minuten lang sein sollen.

2

Kontaktbörse und Gesprächsforum

Vor und nach Ampeln kommt der Spaziergang demnach zu kleinen Unterbrechungen, denn das Zusammenbleiben der Gruppe ist dem Organisatorinnen-Duo wichtig. An einer solchen Ampelphase an der Aachener Straße erzählt Mack: "Beim ersten Spaziergang war ich sehr nervös. Heute freue ich mich und kann es mehr genießen." Sie spricht viele Frauen verschiedenen Alters an, denn alle sollen hier Anschluss finden, darauf achten Mack und Shubladze. Wer selbst zögert, Fremde anzusprechen, wird in dieser Runde schnell von den anderen Frauen ins Gespräch verwickelt.

Zwei Frauen stehen auf einer Wiese und haben die Arme umeinander gelegt.

Felicitas Mack und Elene Shubladze haben den Spaziergang durch Köln ins Leben gerufen

Neue Kontakte knüpfen kann schwierig sein. Es ist vor allem die Unterstützung von Frauen untereinander, die Mack und Shubladze fördern wollen. Kirti Sehgal lebt erst seit vier Wochen in Deutschland. Die 22-jährige Inderin ist nach Köln gezogen, um hier zu studieren. "Ich habe noch nie so viele Menschen auf einmal kennengelernt." Sie wusste nicht, wie einfach es für sie sein würde, Freundschaften in einem neuen Land zu knüpfen. "Dieser Spaziergang hat mir die Chance gegeben, viele neue Freundinnen kennenzulernen. Ich bin sehr glücklich darüber."

Es ist einer dieser ersten Frühlingstage, an denen Köln zum Leben erwacht. Fußball oder Basketball, Slackline oder gemütliches Zusammensitzen, Grillen oder Picknick, jeder Fleck Wiese im Hiroshima-Nagasaki Platz ist gefüllt mit Menschen, die die Sonnenstrahlen genießen. Viele von ihnen beäugen die große Frauengruppe neugierig, während sie über die Wege spaziert. Ab und zu kommt ein Parkbesucher auf sie zu: "Was macht ihr in dieser großen Gruppe?" "Spazieren gehen unter Frauen", ist die Antwort. Trotz großer Teilnehmerzahl bleibt die Aktion genau das: ein gemeinsames Treffen zum Spaziergang für alle, die sich als Frau oder non-binär identifizieren - keine Versammlung mit politischem oder religiösem Hintergrund. "Cool, viel Spaß."

Felicitas Mack und Elene Shubladze erklären die Route

00:36 Min. Verfügbar bis 23.03.2026

Unterwegs begegnen sich aber nicht nur verschiedene Kulturen, sondern auch verschiedene Generationen. Jutta Hüser ist 59 Jahre alt und freut sich darüber, so viele junge Menschen bei diesem Spaziergang zu sehen. Für das heutige Treffen hatte sie sich verabredet. Es ist der erste Gruppenspaziergang, an dem sie teilnimmt. Für sie steht fest, dass sie wiederkommen möchte - auch, um weiter mit den jüngeren Frauen in den Austausch zu kommen.

Eine Frau geht durch einen Park und unterhält sich mit anderen Frauen.

Auch Jutta Hüser schloss sich dieses Mal der Gruppe an

"Heutzutage guckt jeder auf sein Handy. Man spricht nicht mehr miteinander oder geht aufeinander zu", sagt eine 59-jährige Spaziergängerin. Bei diesem Spaziergang sei das anders. Attraktiv ist die Veranstaltung aber auch wegen ihrer Unverbindlichkeit. Niemand muss sich vorher anmelden, wer sich nicht wohlfühlt, kann jederzeit nach Hause gehen. Die Teilnahme ist kostenlos.

Der Spaziergang endet, wo er angefangen hat. Kurz bevor die Gruppe vor dem Mensagebäude an der Zülpicher Straße zum Halten kommt, erhält eine Frau die Benachrichtigung ihrer Fitnessuhr: "Mein Bewegungsziel für heute ist erreicht", sagt sie.