"Versuche, meinen Trost mitzugeben": Die Laien-Predigerin aus Wuppertal
Stand: 14.07.2024, 09:32 Uhr
Pfarrstellen in NRW bleiben immer öfter unbesetzt, aushelfen können auch Ehrenamtliche. Als Prediger und Predigerinnen. So wie Christine Blaß aus Wuppertal, die wir während ihrer Ausbildung begleitet haben.
Von Stefan Weisemann (Text) und Michaela Heiser (Multimedia)
Ganz in sich gekehrt, die Augen geschlossen, den Kopf leicht nach vorne gestreckt. So steht Christine Blaß an einem Sonntagmorgen vor dem Gottesdienst in der evangelischen Friedhofskirche in Wuppertal-Elberfeld. Sie trägt ein weites, schwarzes Gewand mit weißer Halsbinde und lauscht einem Gebet.
"Danke dir für alle, die mitwirken in diesem Gottesdienst", liest Pfarrer Joachim Hall, der ihr gegenübersteht, "danke dir für die, die ihn vorbereitet haben". Den Gottesdienst vorbereitet, das hat Blaß gemacht. Es ist Teil ihrer Ausbildung zur Prädikantin, also zur ehrenamtlichen Laien-Predigerin. Blaß geht fast jeden Sonntag in die Kirche. Bisher als Besucherin, bald dann regelmäßig auch als Predigerin.
Wie Blaß zu Gott und der Kirche steht
00:25 Min.. Verfügbar bis 14.07.2026.
Ehrenamt mit langer Ausbildung
Allein in Wuppertal gibt es fast 50 ehrenamtliche Predigerinnen und Prediger. Voraussetzung für das Ehrenamt sind unter anderem ein eigenes Motivationsschreiben und eine Erklärung des Mentors. Außerdem eine große Portion innere Überzeugung.
Die Ausbildung zur ehrenamtlichen Predigerin dauert rund anderthalb Jahre. In dieser Zeit gibt es regelmäßig Kurse und Seminare. Die Teilnehmer lernen, wie eine Predigt aufgebaut sein sollte, wie ein Gottesdienst abläuft, was in der Bibel steht. Sie halten auch schon erste Gottesdienste, eng begleitet von ihrem Mentor.
Nach einem Einführungsgottesdienst dürfen sie dann ganz alleine planen und predigen. Und nicht nur das. Zu den Aufgaben gehören unter anderem auch das Austeilen des Abendmahls, Seelsorge, Taufen, Trauungen und Beerdigungen.
Weil sie es so faszinierend findet, stürzt sich Blaß mit vollem Eifer in ihre Aufgabe. Sie liest Bibeltexte, überlegt sich Bezüge zum Alltag, sucht nach passenden Gebeten, feilt an ihrer Predigt. "Ich möchte erreichen, dass die Menschen, die hierherkommen, etwas mitnehmen können in ihren Alltag", sagt sie.
Von der Anwältin zur Predigerin
Blaß hat eigentlich Jura studiert und jahrzehntelang als Anwältin gearbeitet. Sie weiß also, wie es ist, Menschen durch die Höhen und Tiefen ihres Lebens zu begleiten und ihnen zu helfen. "Meine Arbeit als Anwältin hat zu dem Schatz an Lebenserfahrung beigetragen, den ich heute habe", sagt sie.
Diese Lebenserfahrung will Blaß jetzt noch stärker in der Kirche einbringen. Als ehrenamtliche Presbyterin hilft sie dabei, die Gemeinde Elberfeld-Nord zu leiten. Und als ehrenamtliche Predigerin will sie dann bald auch ganz alleine Gottesdienste leiten.
Bei der Ausbildung wird sie von ihrem Mentor Pfarrer Hall begleitet. Er bespricht mit ihr unter anderem, worum es in ihren Gottesdiensten während der Ausbildung gehen soll. Der Pfarrer ist regelrecht begeistert von der angehenden Predigerin.
Was Blaß zu einer guten Predigerin macht
00:22 Min.. Verfügbar bis 14.07.2026.
Und dann ist Blaß so weit: Sie darf selbst einen Gottesdienst leiten. Besonders voll ist die Kirche nicht, nur ein paar Bänke sind besetzt. Aber die, die da sind, bereuen es nicht: "Sie macht eine Predigt, über die man nachher noch nachdenkt. Das ist nicht oberflächlich, sondern geht in die Tiefe", sagt einer. "Ich gehe ganz beseelt in die neue Woche", ein anderer.
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"Meinen Trost, mein Gefühl von Glauben, das versuche ich den Menschen mitzugeben", sagt Blaß. Und auch: "Das ist einfach eine ganz freudige, schöne Sache." Mittlerweile hat Blaß die Ausbildung zur Laien-Predigerin erfolgreich abgeschlossen.
Über dieses Thema haben wir auch am 24.04.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Bergisches Land, 19.30 Uhr.