Die Hand einer Seniorin hält die Hand eines kleinen Kindes

Speeddating in Duisburg mal anders: Wunsch-Oma gesucht

Duisburg | Füreinander

Stand: 04.01.2025, 09:23 Uhr

Die einen haben Kinder, aber keine Großeltern für sie. Die anderen sind Senioren, die keine Enkel haben oder deren Familie weit weg wohnt, die sich aber gerne um Kinder kümmern würden. Beide Seiten bringt der Kinderschutzbund in Duisburg zusammen: bei einem Speeddating.

Von Riem Karsoua (Text) und Jörg Conradi (Multimedia)

Proppenvoll ist der Saal des Gemeindezentrums Karl-Martin-Haus in Duisburg-Buchholz. Der Duft von Kaffee und Waffeln liegt in der Luft. Die Stimmen mischen sich mit dem Klirren von Tassen und dem Rascheln von Papier. Es ist kein gewöhnlicher Abend in diesem Stadtteil, sondern ein ganz besonderer Moment für Familien und Senioren, die einander noch nicht kennen - aber vielleicht die Lücke im Leben des anderen füllen können.

Ein Kleinkind kritzelt mit einem Kuli auf den Fingern einer Frau

Die kleine Lea kritzelt mit einem Kuli auf den Fingern ihrer Wunsch-Oma

Das "Wunsch-Oma / -Opa-Speeddating" des Kinderschutzbundes ist in vollem Gange. Senioren, die den Wunsch haben, ihre Zeit mit Kindern zu verbringen, treffen auf Eltern, die für ihre Kinder eine zusätzliche Bezugsperson suchen. Es ist ein Abend der Begegnungen, ein Abend, der in vielerlei Hinsicht ein neues Kapitel im Leben von Erwachsenen und Kindern aufschlagen könnte.

Lea hat keine Großeltern mehr

Denise Pfitzner ist mit ihrer Tochter Lea gekommen. "Wir sind heute einfach mal hier, weil Lea keine Oma und keinen Opa mehr hat", erklärt Pfitzner, während sie an einem der Tische Platz nimmt. "Wir haben gedacht, vielleicht kann man sich hier mal kennenlernen und, dass Lea das Omasein auch mal kennenlernt."

Denise Pfitzner und ihre Tochter Lea haben ihre Wunsch-Oma kennengelernt

00:19 Min. Verfügbar bis 04.01.2027

Und tatsächlich - Lea, die sich vor wenigen Minuten noch schüchtern an ihre Mutter geklammert hat, spielt nun mit der Hand von Heidemarie Graefen, die sich als "Wunsch-Oma" bei diesem Speeddating vorgestellt hat. Die kleine Hand kritzelt mit einem Kuli auf den Fingern von Graefen herum. "Mit ihr hat es direkt gematcht", sagt Pfitzner, während sie ein Lächeln nicht verbergen kann.

Oma zu sein, ist für Graefen nichts Neues. Sie hat Enkelkinder - aber die leben weit entfernt, im Sauerland, und besuchen sie nur selten. Es gibt eine Lücke, die sie füllen möchte. "Ich suche ein kleines Mädchen oder einen kleinen Jungen. Ich habe viel Zeit, lebe alleine und ich liebe Kinder", erzählt sie. "Ich bin auch schon Vorlese-Oma." Doch Graefen sehnt sich nach der Nähe und dem Austausch, den die Großeltern-Kind-Beziehung mit sich bringt. "Das wird etwas Neues für mich und darauf freue ich mich."

Erstes Speeddating

Der Kinderschutzbund Duisburg hat dieses Speeddating zum ersten Mal veranstaltet. Acht Paare aus Wunsch-Großeltern und Familien haben sich an diesem Abend gefunden. Ob das "Match" dauerhaft ist, soll sich Ende Januar 2025 zeigen, wenn es zu einem ersten gemeinsamen Treffen im Kinderschutzbund kommt. Aktuell gibt es etwa 20 Wunschgroßeltern, die sich einmal im Monat treffen.

Ob das "Match" mit Lea so funktioniert wie erhofft, wird sich in den kommenden Wochen herausstellen. Doch der erste Schritt ist getan. Handynummern werden ausgetauscht, das Versprechen eines weiteren Treffens in Aussicht gestellt. Der Kinderschutzbund, der dieses Projekt ins Leben gerufen hat, sorgt dafür, dass solche Verbindungen nicht nur ein einmaliges Treffen bleiben, sondern weiter gepflegt werden.

Entlastung und Nähe schaffen

Für die Eltern ist das Wunsch-Großeltern-Projekt eine wertvolle Entlastung. In vielen Familien sind beide Elternteile berufstätig oder die Mütter sind alleinerziehend. In dieser Situation ist es für Familien besonders wichtig, jemanden zu haben, der sich Zeit für die Kinder nehmen kann - jemand, der zuhören, vorlesen und auch mal geduldig sein kann, wenn die Eltern zu erschöpft sind.

Eine Frau mit grauen, kurzen Haaren und einer roten Brille steht in einem großen Saal, im Hintergrund sich Tische und weitere Menschen zu sehen

Gerhild Tobergte vom Kinderschutzbund Duisburg betreut das Projekt seit Jahren

"Gerade heute, wo viele Eltern berufstätig oder alleinerziehend sind, ist es wichtig, dass es jemanden gibt, der Zeit für das Kind hat, der Ruhe für das Kind mitbringt", erklärt Gerhild Tobergte, die das Projekt beim Kinderschutzbund Duisburg betreut. "Großeltern haben meistens mehr Geduld, haben andere Erfahrungen und gehen mit einer ganz anderen Einstellung daran."

Das Ziel: Familien zu stärken

Elisabeth Kosicki, die das Projekt seit 20 Jahren leitet, weiß nur zu gut, wie wichtig dieses Netzwerk für Duisburger Familien ist. Gerade für Alleinerziehende kann der Alltag mit Kind oft sehr stressig werden. Deshalb sind kleine Auszeiten besonders wichtig. Mit dem Wunsch-Großeltern-Projekt wird das möglich gemacht.

Elisabeth Kosicki erklärt, wie Wunsch-Großeltern Eltern entlasten können

00:23 Min. Verfügbar bis 04.01.2027

Der Abend ist mehr als ein Austausch von Namen und Telefonnummern. Er hat das Potenzial, der Beginn eines ganz neuen Familienkapitels für die kleine Lea, Mama Denise Pfitzner und Wunsch-Oma Heidemarie Graefen zu werden.

Über dieses Thema haben wir auch am 26.11.2024 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Duisburg, 19.30 Uhr.