In der Küche des Restaurants "Schawarmaland" in Bochum geht es hektisch und laut zu. Ein Fleischspieß dreht sich und strahlt Hitze ab. Das Fett in der Fritteuse brutzelt. Teller klappern. Mittendrin: Azad Issa. Der 39-Jährige bereitet gerade mit schwarzen Plastikhandschuhen eine Pizza mit Sucuk, einer Knoblauchwurst, zu. Ein Kollege steht neben ihm und erklärt ihm jeden einzelnen Arbeitsschritt.
Denn Issa ist gar kein Koch, die Gastronomie ist für ihn Neuland. Eigentlich ist er Agraringenieur. Eine Ausbildung zum Friseur hat er auch. Aber jetzt gehört ihm seit ein paar Wochen das kleine arabische Restaurant in Bochum-Langendreer. Alle beruflichen Pläne hat er über den Haufen geworfen, um flexibler zu sein. "Ich möchte für meine kleine Tochter da sein", sagt er, als er die fertige Pizza aus dem Ofen holt.
Wie Azad Issa in der Küche zurechtkommt
00:18 Min.. Verfügbar bis 02.01.2027.
Besonders gerne hat er eben die Sucuk-Pizza gemacht. Die ist nämlich für seinen Lieblingsgast: seine Tochter Juri. Stolz trägt Issa den Teller mit der Pizza zum Tisch. "Danke, lieber Papa", freut sie sich.
Organspende rettet Leben
Die 6-Jährige ist der Grund, warum Issa unverhofft Gastronom geworden ist. Das Restaurant liegt nur 50 Meter von seiner Wohnung entfernt, so ist er immer ganz nah bei seiner Tochter. "Juri kam mit einem Herzfehler zur Welt. Die Ärzte haben uns nach der Geburt alle Hoffnung auf ein Überleben genommen", sagt er mit Tränen in den Augen. Nur ein Spenderherz könne die Kleine retten.
Acht Wochen lang warten Issa und seine Frau auf ein neues Herz. Dann die erlösende Nachricht: Es wurde tatsächlich ein Spenderherz gefunden. Eine aufwändige Operation rettet der damals zwei Monate alten Juri das Leben.
Eine Herztransplantation wird nötig, wenn das Herz des Patienten versagt. In Deutschland wurden im Jahr 2022 rund 360 Herzen transplantiert, eigentlich haben aber über 500 Patienten auf ein Spenderherz gewartet. Es werden also nicht genügend Organe gespendet. Nach der Transplantation werden die Patienten engmaschig kontrolliert und untersucht. Die Ärzte prüfen, ob das Organ im neuen Körper funktioniert und nicht abgestoßen wird.
Ein Leben lang in Alarmbereitschaft
Juris Körper hat das neue Herz gut angenommen. Zur großen Erleichterung ihrer Eltern. "Als Juri krank war, hatte ich nur eine Hoffnung: Dass Juri, bis sie vier ist, bei uns bleibt. Aber Gott sei Dank ist sie länger geblieben. Wenn sie lacht, reicht mir das", sagt Issa und guckt liebevoll zu seiner Tochter herüber.
Azad Issa über die Liebe zu seiner Tochter
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Juri lächelt viel. Fröhlich sitzt sie mit ihren Eltern auf dem Bett und macht Hausaufgaben. Sie schreibt Buchstaben und Zahlen auf einen Block. Man merkt, wie die kleine Familie ihre gemeinsame Zeit genießt.
Ungetrübt ist das Glück aber nicht: Juri muss zweimal täglich Immunsuppressiva nehmen, also Medikamente, die verhindern, dass das Immunsystem das Spenderherz abstößt. Bei jedem noch so kleinen Infekt sind die Eltern in großer Alarmbereitschaft, denn das Risiko, dass Juri ernsthaft erkrankt und damit in Lebensgefahr gerät, ist mit ihrem Spenderherz sehr hoch. Das erfordert viel Flexibilität und Zeit von den Eltern.
Mehr Flexibilität als Restaurantbesitzer
Die hat Issa jetzt dank des eigenen Restaurants fast direkt neben der eigenen Wohnung. "Ich bin jetzt immer in der Nähe meiner Tochter und kann schnell bei ihr sein", sagt er. In seinem Restaurant arbeitet er zwar deutlich mehr als in einem gewöhnlichen Job. Als Chef im Haus kann er sich die Zeit aber freier einteilen.
Von seinem Team erfährt er viel Unterstützung und Verständnis. Für die Zukunft hat der Familienvater nur einen Wunsch: "Ich will nicht, dass der Tag kommt, an dem Juri ein neues Herz braucht. Mein Wunsch ist, dass wir mit diesem Herzen zusammenleben und weitermachen können."
Über dieses Thema haben wir auch am 09.12.2024 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Ruhr, 19.30 Uhr.