Zu spät, zu schlecht, zu teuer: Warum ist die Bahn so kaputt?

Der Faktencheck zur Sendung vom 04.09.2023

Die Bahn soll das Verkehrsmittel einer klimafreundlichen Zukunft werden. Warum leidet sie dann immer noch an Fehlern der Vergangenheit? Helfen einzelne Reformen, viele Milliarden? Oder braucht es einen kompletten Neustart?

Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Michael Theurer über Investitionen in die Schiene

Mit 114 Euro pro Kopf liegen die Investitionen in die Schieneninfrastruktur hierzulande deutlich unter denen von Nachbarländern wie Österreich, Luxemburg oder der Schweiz. Dennoch scheint Michael Theurer zufrieden zu sein. Schließlich hätten die Investitionen in den vergangenen Jahren bei gerade einmal 60 Euro pro Kopf gelegen.

Michael Theurer | Bildquelle: ARD

Das ist richtig. Betrachtet man die letzten 13 Jahre, so sind die Pro-Kopf-Investitionen in die Schieneninfrastruktur seit 2010 deutlich angestiegen. Das geht aus einer Berechnung des Interessenverbands “Allianz pro Schiene“ hervor. Lag die Höhe der Pro-Kopf-Investitionen im Jahr 2010 rechnerisch bei gerade einmal 53 Euro, lagen sie im vergangenen Jahr mit 114 Euro mehr als doppelt so hoch. Am wenigsten wurde in diesem Zeitraum demnach im Jahr 2014 in die Schiene investiert: Gerade einmal 49 Euro pro Einwohner flossen in die Bahn-Infrastruktur. Seither gehen die Investitionen stetig bergauf. Wie in unserem Einspielfilm bereits gezeigt, belegt Deutschland in Sachen Investitionen in die Schiene im europäischen Vergleich aber nach wie vor einen der hinteren Plätze. So gibt Luxemburg mit 575 Euro pro Kopf gut fünfmal mehr für die Bahninfrastruktur aus als Deutschland. Es folgen die Schweiz mit 450 Euro und Norwegen mit 346 Euro.

Berthold Huber über Güterzüge und Pünktlichkeit

Berthold Huber ist mit der Entwicklung der Pünktlichkeit bei Güterzügen recht zufrieden. In diesem Jahr seien Güterzüge spürbar pünktlicher als noch im letzten Jahr.

Berthold Huber | Bildquelle: ARD

Im Vergleich zum vergangenen sind die Güterzüge in Deutschland tatsächlich spürbar pünktlicher gewesen. Rollten im vergangenen Jahr innerhalb Deutschlands noch 66,1 Prozent der Güterzüge pünktlich an ihrem Zielort ein, waren es im ersten Halbjahr dieses Jahres 71,2 Prozent. Ähnlich stellt sich die Verbesserung dar, wenn die Gütertransporte im Ausland mitberücksichtigt werden. Hier stieg der Anteil pünktlicher Züge von 66,3 Prozent (2022) auf 70,5 Prozent. Betrachtet man allerdings die vergangenen Jahre, so war es mit der Pünktlichkeit der Güterzüge schon deutlich besser bestellt. 2019 zählte DB-Cargo noch 73,8 Prozent pünktliche Güterzüge, 2020 sogar 77,6 Prozent.

Michael Theurer über Güterverkehr auf Schienen

Michael Theurer versichert, dass der Ausbau der Schiene innerhalb der Bundesregierung höchste Priorität genießt. 25 Prozent der Waren sollen bis 2030 über die Schiene transportiert werden. Heute liege der Anteil bei 19 Prozent.

"hart aber fair" - Gästerunde | Bildquelle: ARD

Die Größenordnung stimmt. Die Bundesnetzagentur hat sich die Entwicklung des Eisenbahnmarktes genauer angeschaut. Demnach wurden im vergangenen Jahr 19,8 Prozent der Güter über die Schiene transportiert, 71,3 Prozent über die Straße und 6,4 Prozent der Waren gelangten mit Binnenschiffen an ihr Ziel. Damit ist der Anteil des Schienengüterverkehrs im Vergleich zum Jahr 2018 um gerade einmal 1,1 Prozentpunkte gewachsen. Der Anteil des Straßengüterverkehrs sank im gleichen Zeitraum leicht um 0,7 Prozentpunkte. Die Angaben der Bundesnetzagentur zum Anteil des Güterschienenverkehrs früherer Jahre decken sich in etwa mit den Zahlen des statistischen Bundesamtes. Für das Jahr 2022 hat das statistische Bundesamt noch keine Daten veröffentlicht.