Die Ukraine kämpft, die Bundeswehr übt noch: Muss Deutschland Krieg können?

Der Faktencheck zur Sendung vom 03.04.2023

Während die Ukraine ums Überleben kämpft, wird hierzulande gefragt: Wie viel Geld und Unterstützung braucht die Bundeswehr, um wieder kampffähig zu werden? Und was machen Kampf und Krieg mit den Soldaten und mit ihren Angehörigen?

Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Franz Alt über Suizide von US-Soldaten

Franz Alt erinnerte an eine Rede von US-Präsident Joe Biden, in der er anregte, über den Beruf des Soldaten neu nachzudenken. Alt sagt, alleine in den USA würden sich pro Tag 18 Soldaten das Leben nehmen.

Diese erschreckende Zahl ist in ihrer Größenordnung richtig, wenn man neben den aktiven Soldaten auch die Suizide von Veteranen berücksichtigt. Jedes Jahr werden in den USA Untersuchungen veröffentlicht, die sich mit dem Thema Suizide innerhalb des US-Militärs befassen. 2022 gab das Veteranen-Ministerium der USA in seinem jährlichen Suizid-Präventionsbericht die Zahl der Militär-Veteranen, die sich 2020 das Leben genommen haben, mit 6.146 an. Rechnerisch begingen demnach täglich rund 17 Veteranen Suizid. Pro 100.000 Veteranen nahmen sich 2020 rund 32 das Leben. Zum Vergleich: In der Gesamtbevölkerung lag die Suizidrate bei etwa 16 pro 100.000 Einwohnern. Erfasst werden in den USA auch die Suizide der Soldaten im Dienst des US-Militärs (im aktiven Dienst, Reserve und Nationalgarde). Laut Veteranen-Ministerium setzten im Jahr 2021 519 Soldaten ihrem Leben ein Ende. Ein Jahr zuvor waren es 582. Rechnet man für 2020 die Suizide der Veteranen hinzu, so nahmen sich in diesem Jahr rechnerisch tatsächlich 18 Soldaten pro Tag das Leben.

Michael Roth über Buß- und Bettag und Pflegeversicherung

Roth hält nichts von der Idee, einen Feiertag abzuschaffen, um Geld für die Bundeswehr zu beschaffen. Er erinnert daran, dass dies in den neunziger Jahren auch nicht funktioniert hat, als der Buß- und Bettag für die Finanzierung der Pflegeversicherung abgeschafft worden war. Schon kurz darauf hätten die Beiträge deutlich erhöht werden müssen, so Roth.

Mit der Abschaffung des Buß- und Bettages (mit Ausnahme in Sachsen) im Jahr 1995 sollte die im gleichen Jahr eingeführte Pflegeversicherung mitfinanziert werden. 1 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens mussten ab dem 01.01.1995 in die Pflegeversicherung eingezahlt werden. Nach dem Grundsatz der Parität zahlten also sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber jeweils 0,5 Prozent des Einkommens in die Pflegeversicherung ein. Schon ein Jahr später stieg mit Inkrafttreten der 2. Stufe der Pflegereform der Beitragssatz um 70 Prozent auf 1,7 Prozent an. Insgesamt wurde der Beitragssatz fünf mal erhöht und liegt heute bei 3,05 Prozent – für Kinderlose bei 3,4 Prozent. Nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach soll der Beitragssatz im Sommer dieses Jahres um weitere 0,35 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent angehoben werden. Für Kinderlose ist eine Erhöhung auf 4 Prozent angedacht. Da Familien besser gestellt werden sollen als Kinderlose, ist geplant, die Sätze für Familien mit Kindern gestaffelt abzusenken. So wären bei zwei Kindern nur noch 3,25 Prozent fällig, bei drei Kindern 3,1 Prozent und wer vier Kinder hat, würde nur noch 2,95 Prozent in die Pflegeversicherung einzahlen.