Silhouette eines Menschen, der mit Handschuhen an der Tastatur eines Computers schreibt

Kein Angriff von Anonymous

Facebook gibt es noch

Stand: 06.11.2011, 13:20 Uhr

Lange wurde über die Ankündigung einer mutmaßlichen Anonymous-Attacke auf das Netzwerk Facebook spekuliert. Die Aktivisten haben zum Stichtag nun voller Spott denjenigen demaskiert, der die "OpFacebook" erdacht haben soll.

Von Insa Moog

Anthony aus Ohio soll es gewesen sein. Er "habe eine imaginäre Operation Facebook angekündigt und wiederholt als gemeinsame Aktion von Anonymous dargestellt", berichtet das Blog golem.de am Samstagabend (05.11.2011) mit Bezug auf cnet.com. Diese Site nennt als Quellen in ihrem Artikel vom Freitagnachmittag (US-amerikanischer Zeit) Anonymous-Mitglieder, welche "die Nase voll hätten" von den Berichten, wonach die Online-Aktivistengruppe am 5. November einen Angriff auf das soziale Netzwerk Facebook plane. Diese Bedrohung sei nie real gewesen und sei das Werk eines einzelnen Anons, kurz für Anonymous-Aktivist, der aus der Gemeinschaft aber keine Unterstützung erfahren habe. "Ein spinnerter Kerl mit dem Namen Anthony aus Ohio hat beschlossen, sich einen Spaß daraus zu machen, eine ausgedachte OpFacebook als legitimierte Anon Operation auszugeben", zitiert cnet.com aus einer Stellungnahme von Anonymous-Aktivisten.

Sturkopf oder Sündenbock?

Obwohl man Anthony mehrfach mitgeteilt habe, dass man ihn dabei nicht unterstützen werde, habe er weiter für die Aktion geworben und sie als offizielle Anon Op (kurz für Anonymous-Aktivist Operation) ausgegeben. In der Stellungnahme seien der vollständige Name und die Adresse des Unbelehrbaren angegeben. Denn dieser ist nun erklärter Feind von Anonymous. Weil sein Verhalten und Anliegen auch als Kritik an den Kommunikationssmitteln des Kollektivs aufgefasst wird, habe man sich zum Hacken und Verbreiten seiner Daten entschlossen, schreibt cnet.com mit Bezug auf die vorliegende Stellungnahme. Auf den Artikel hin habe sich auch jener Anthony an die US-Site gewandt, heißt in einer späteren Aktualisierung des Artikels. Er sei lediglich der Sündenbock, weil er über eine von ihm betriebene Seite über verschiedene Planungen zu einer möglichen Op Facebook informiert habe. Dabei habe er unterschiedliche Quellen gehabt.

Ankündigung in typischer Anonymous-Ästhetik

Bekannt geworden war die mutmaßliche Aktion "Operation Facebook" über die Ankündigung in einem Videoclip, der im August über Youtube verbreitet worden war. Getarnt mit der typischen Guy-Fawkes-Maske verliest der abgefilmte Sprecher darin die Androhung, Facebook am 5. November zu vernichten, gesprochen wird der Text von einem Vorleseprogramm in englischer Sprache. Optisch entsprach der Clip damit der Ästhetik, welche die Aktivisten von Anonymous häufig für die Verbreitung ihrer Videobotschaften wählen. Es wird darin außerdem der Eindruck erweckt, es handle sich um eine gemeinsame Aktion, die vom Kollektiv unterstützt wird. Protest gegen diese Behauptung hatte es bereits nach Veröffentlichung des Clips am 11. August von einem Anonymous-Twitteraccount aus gegeben, man wende sich nicht gegen den "Messenger", den Boten, also gegen eine Infrastruktur, welche Kommunikation im Netz ermöglicht. Das sei nicht Stil von Anonymous. Viele Medien, auch WDR.de, hatten seitdem über die mutmaßliche "Operation Facebook" berichtet.

Wobei die Erfolgsaussichten einer möglichen Hack-Attacke auf Facebook von Experten von Anfang an als unwahrscheinlich bewertet wurden. Das Netzwerk unterhält mächtige Serverparks, welche die Plattform mit über 750 Millionen aktiven Mitglieder funktionsfähig halten. Zuletzt hatte ein mutmaßlicher Anonymous-Anhänger in der Tageszeitung (taz-Ausgabe vom 04.11.2011) noch von einer "spamartigen Aufklärungskampagne" für den 5. November gesprochen, gleichsam aber eingeräumt: "Die Server von Facebook zu überlasten ist jedoch utopisch." Viel passiert ist am 5. November, dem Guy-Fawkes-Tag, dennoch nicht.

Rick Astley demaskiert Anonymous-Amateure

Dass Anonymous Facebook wegen dessen Umgang mit Datenschutz und Privatsphäre seiner Mitglieder kritisch gegenüber steht, darum haben die Aktivisten nie einen Hehl gemacht. Ob daraus jedoch mal eine groß angelegte und unter den Aktivisten mehrheitsfähige Operation in welcher Form auch immer wird, bleibt abzuwarten. Als Anon ausgeben, das hat das Beispiel von Anthony gezeigt, kann sich jeder. Dass sein Handeln nicht ohne Reaktion bleibt, ist ebenfalls gesichert. So gab es für all die, die noch bis zuletzt unter dem Hashtag #opfacebook nach Informationen über die mutmaßliche Aktion fragten, über den Anonymous Germany Account bei Twitter eine unmissverständliche Antwort: "Für alle Skids welche heute bei #OpFacebook mitmachen wollen, hier wichtig!!", steht in dem Tweet vom Samstagmorgen (05.11.2011), abgesetzt von @AnonNewsDE. Verlinkt ist der Videoclip "Never gonna give you up" des englischen Schmusesängers Rick Astley aus dem Jahr 1987 - eine Ohrfeige in das Gesicht derjenigen, die sich nun als Anonymous-Outsider betrachten dürfen.

Es handelt sich bei diesem Streich um das Zitat eines populären "Meme", eines Internet-Phänomens aus dem Jahr 2007, das unter dem Begriff "Rick Rolling" bekannt und beliebt wurde. Dabei wird hinter einem beliebig betexteten Link die Weiterleitung zu jenem Rick-Astley-Video versteckt, verbunden mit dem Text "you have been rickrolled" - "du bist gerickrollt worden". Anonymous bediente sich dieses Scherzes in der Vergangenheit häufig bei gezielten Aktionen gegen Scientology.

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