Kommunen Schulden, Monopolyspiel leere Kassen Geld und Spielfiguren

Rot-Grün beschließt Hilfe für Kommunen

Stärkungspakt oder "Strohfeuer"?

Stand: 20.09.2011, 17:23 Uhr

Die Landesregierung hat am Dienstag (27.09.2011) den Stärkungspakt für überschuldete Kommunen auf den Weg gebracht. Anfang Dezember soll das Gesetz den Landtag passieren. Das könnte schwierig werden. Die Opposition nennt die Zuschüsse ein "Strohfeuer".

Von Sven Gantzkow

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"Wir müssen schnell handeln", sagte Innen- und Kommunalminister Ralf Jäger am Dienstag (20.09.2011) nach der Kabinettssitzung der Landesregierung in Düsseldorf. "Die Finanzlage vieler Kommunen in NRW ist höchst dramatisch. In nur fünf Jahren haben sich deren Liquidationskredite mehr als verdoppelt." Akut sei die Situation in 34 Städten und Gemeinden, die bereits jetzt überschuldet sind oder es bis 2013 wohl sein werden. Diese Kommunen will Rot-Grün schon ab 2011 rückwirkend jährlich mit 350 Millionen Euro unterstützen. Dafür müssen sie innerhalb von fünf Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. "Stärkungspakt" nennt die Koalition diese Konsolidierungshilfe, die einer von drei Bausteinen des "Aktionsplans Stadtfinanzen" ist.

Auf reiche Städte kommt Solidaritätsumlage zu

Weitere Punkte dieses Aktionsplans sind eine Steigerung der Landesmittel aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz um 300 Millionen Euro auf 8,2 Milliarden Euro sowie eine Änderung der Gemeindeordnung, die Haushaltssicherungskonzepte künftig auch dann genehmigungsfähig werden lässt, wenn die Kommune den Haushaltsausgleich nicht schon nach vier, sondern erst nach zehn Jahren erreicht. "Dieser erweiterte zeitliche Rahmen macht den Kommunen mehr Mut und motiviert sie, zu sparen", sagte Jäger. Zusätzlich soll ein Finanzausgleich zwischen den Kommunen mit ausgeglichenem Haushalt und den verschuldeten Städten und Gemeinden stattfinden. 195 Millionen Euro sollen ab 2014 durch diese Solidaritätsumlage locker gemacht werden.

Das Gesetzespaket geht bereits kommende Woche in den Landtag, Anfang Dezember soll es zur Abstimmung bereit sein. "Ich kann mir nicht vorstellen", sagte Jäger mit Blick auf die Minderheitssituation der Regierung im Landtag, " dass sich die anderen Fraktionen diesem Vorhaben sperren können." Das sieht die Opposition allerdings anders. Als "Strohfeuer" bezeichnet der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Peter Biesenbach, den Aktionsplan von Rot-Grün. Der Gesetzesentwurf pumpe Geld in leere Stadtsäckel, biete aber keinerlei Perspektiven zur Lösung der strukturellen Probleme der kommunalen Haushalte. Jäger springe zudem zu kurz, bemängelt sein Parteikollege Bodo Löttgen: "Es gibt fünfmal mehr notleidende Kommunen, als die 34, die begünstigt werden sollen." Und selbst bei denen stoße Jäger auf strikte Ablehnung. Besonders stark sei der Gegenwind in den SPD-geführten Städten und Gemeinden.

Kommunale Spitzenverbände: "Großer Fortschritt"

Ganz so ablehnend wie von Löttgen beschrieben fällt die Reaktion der kommunalen Spitzenverbände allerdings nicht aus. "Die Kommunen in NRW begrüßen die Absicht des Landes, überschuldeten Kommunen Hilfe bei der Haushaltskonsolidierung zu geben", verkünden Städtetag, Landkreistag und Städte- und Gemeindebund in einer gemeinsamen Presseerklärung. Allerdings halten sie die veranschlagten 350 Millionen Euro pro Jahr für zu wenig und kritisieren, dass das Land in ihrer zweiten Konsolidierungsstufe die Hilfen allein mit kommunalen Mitteln bewältigen will. Insgesamt loben sie die Initiative der Regierung aber als "großen Fortschritt" und sehen in den 350 Millionen einen "unverzichtbaren Einstieg" in die finanzielle Sanierung der NRW-Kommunen.

Zurückhaltender als Union geben sich auch die Liberalen in einer ersten Stellungnahme: "Klar ist, dass den notleidenden Kommunen in unserem Land geholfen werden muss", sagte Horst Engel, der kommunalpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. Ob der Stärkungspakt zu einer langfristigen Entschuldung der Städte und Gemeinden führen könne, würden die Liberalen deswegen erstmal genau prüfen. "Wir haben nur einen Schuss frei, und der muss sitzen!"

Linke will Gespräche abwarten

In einer Leeren Kasse liegt ein Euro

Brauchen Hilfe: klammen Kommunen

Zünglein an der Waage wird bei der Abstimmung im Parlament aber ohnehin die Linke sein. Die bezeichnet das Vorhaben der Landesregierung als "zarten Schritt in die richtige Richtung, aber eben auch nur als zarten Schritt", wie Rüdiger Sagel, finanzpolitischer Sprecher der Linken-Fraktion, sich ausdrückte. Er vermisst Klarheit im rot-grünen Konzept: "Was bedeutet ein klarer Sanierungskurs, wenn den Kommunen sowieso das Wasser bis zum Hals steht?", fragt er. Mit 350 Millionen sei der Hilfsfonds "unterfinanziert", die Verbundmasse im Gemeindefinanzierungsgesetz müsse dauerhaft um zwei Prozent angehoben werden, was einer Steigerung von 700 bis 800 Millionen Euro entspräche. Wie sich die Linke im Endeffekt entscheidet, hänge von den nun anstehenden Gesprächen mit der Landesregierung ab.

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