Gribkowsky-Aussage in Essen

Die Flüge des "sehr gehetzten" Middelhoff

Stand: 20.08.2014, 16:38 Uhr

Vor dem Landgericht Essen ging es Mittwoch (20.08.2014) wieder um private Flüge von Ex-Arcandorchef Thomas Middelhoff und dessen Abendessen mit dem ehemaligen BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky. Das Gericht wollte erfahren: Trafen sich beide privat oder dienstlich in Berlin?

Thomas Middelhoff hatte nach den Worten des ehemaligen BayernLB-Vorstandes Gerhard Gribkowsky in seiner Zeit als Chef des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor eine riesige Aufgabenlast zu bewältigen. "Wenn ich gehetzt war, war er sehr gehetzt", sagte der ehemalige Bank-Manager am Mittwoch (20.08.2014) als Zeuge im Essener Untreueprozess.

Dienstlicher oder privater Termin?

Ein gemeinsames Abendessen in Berlin sei mit Sicherheit ein dienstlicher Termin gewesen, "aus seiner und aus meiner Sicht", sagte Gribkowsky. Er betonte, er habe sich damals oft mehrmals im Monat mit Middelhoff getroffen, denn die BayernLB sei größter Kreditgeber bei KarstadtQuelle/Arcandor gewesen. Bei den Treffen sei es in aller Regel um die Restrukturierungsschritte gegangen. An einzelne Treffen könne er sich aber nicht mehr erinnern.

Der Hintergrund der Vernehmung: Middelhoff hatte die Flugkosten für den Charterjet nach Berlin laut Anklage in voller Höhe durch Arcandor zahlen lassen. Doch die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Middelhoff vor allem wegen eines privaten Aufsichtsratsmandats in der Stadt war.

Ex-Landesbank-Chef ist Freigänger

Auch wenn Gribkowsky für den Prozess kein besonderes Gewicht hat, wurde sein Auftritt mit Spannung erwartet. Der ehemalige Chef der Bayerischen Landesbank war 2012 wegen Bestechlichkeit zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte von Fomel-1-Chef Bernie Ecclestone rund 30 Millionen Euro Schmiergeld angenommen. Gribkowsky ist mittlerweile Freigänger und soll einen neuen Job haben.

Chaterflug-Firma litt unter Middelhoff-Abschied

Das Ausscheiden von Thomas Middelhoff als Chef des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor bescherte der von ihm damals regelmäßig genutzten Charterflug-Firma spürbare Umsatzeinbußen. "Das hat man schon gemerkt. Das hat eine ganze Zeit gedauert, bis wir das aufgefangen haben", sagte der Geschäftsführer der Firma Challenge Air vor Gericht. Middelhoff sei zwar kurz nach seinem Ausscheiden bei Arcandor noch etwas mit dem Unternehmen geflogen. "Dann hat es aber ganz aufgehört", sagte der Zeuge. Middelhoff hatte in seiner Zeit bei Arcandor nach eigenen Angaben insgesamt 610 Mal Charterjets genutzt und gut ein Drittel der Flüge selbst bezahlt. Insgesamt 400 Flüge wurden demnach Arcandor in Rechnung gestellt.

Belastung von 1,1 Millionen Euro

Die Staatsanwaltschaft wirft Middelhoff im Essener Prozess vor, den inzwischen pleitegegangenen Handelskonzern insgesamt mit betriebsfremden Kosten in Höhe von rund 1,1 Millionen Euro belastet zu haben. Hauptsächlich geht es um 48 Flüge mit Charterflugzeugen und Hubschraubern, die von Arcandor bezahlt wurden, nach Auffassung der Anklagebehörde aber ganz oder teilweise privat veranlasst waren. Middelhoff weist die Vorwürfe entschieden zurück.

Neuer Ärger in München

Neben seinem Untreue-Prozess in Essen droht dem ehemaligen Top-Manager auch juristischer Ärger in München. Gegen Middelhoff laufe immer noch ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage im Kirch-Prozess, bestätigte die Münchner Staatsanwaltschaft in der vergangenen Woche.

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