Ex-Arcandor-Chef Middelhoff vor dem Gericht in Essen

Anklage gegen Ex-Arcandor-Chef

Justiz geht gegen Vielflieger Middelhoff vor

Stand: 24.06.2013, 16:30 Uhr

Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff steht neuer juristischer Ärger ins Haus. Die Staatsanwaltschaft Bochum hat Anklage wegen Untreue gegen den Manager erhoben. Dessen Anwalt reagiert gelassen. Die Anklage habe "keine Chance".

Thomas Middelhoff droht ein weiterer Prozess. Diesmal geht es um strafrechtliche Vorwürfe gegen den Ex-Spitzenmanager. Die Staatsanwaltschaft Bochum hat gegen den ehemaligen Chef des einstigen Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor eine Anklage wegen Untreue erhoben. Ihr Sprecher bestätigte am Montag (24.06.2013) einen entsprechenden Bericht der "Bild"-Zeitung. Middelhoff werde Untreue in mehreren Fällen vorgeworfen, weil er das Unternehmen mit betriebsfremden Kosten belastet habe. Die Vorwürfe beziehen sich auf 49 Flüge, die Middelhoff zwischen 2004 und 2009 für nichtdienstliche Zwecke unternommen haben soll. Es geht nach Angaben des Landgerichts Essen um einen höheren sechsstelligen Betrag. Untreue kann mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.

Zivilrechtliche Verfahren laufen

Middelhoffs Anwälte zeigten sich "überrascht, weil sowohl in einem umfangreichen Schriftsatz als auch in einer persönlichen Vernehmung von Middelhoff die dienstliche Veranlassung jedes einzelnen Fluges erläutert und mit Beweisangeboten unterlegt wurde". Ein Sprecher des Landgerichts Essen bestätigte den Eingang der Klage und sagte, Middelhoffs Verteidiger könnten jetzt innerhalb von sechs Wochen zu den Vorwürfen Stellung nehmen. Erst danach entscheide das Gericht über die Zulassung der Anklage. Wann das sein werde, sei noch nicht abzusehen.

In zwei anderen Verfahren setzt sich Middelhoff derzeit gerichtlich mit dem Arcandor-Insolvenzverwalter auseinander. Der verlangt vor dem Essener Landgericht von dem ehemaligen Konzernchef Schadensersatz für die aus seiner Sicht unzulässig abgerechneten Flugkosten. Außerdem will er von Middelhoff und anderen Ex-Managern Schadensersatz, weil ihnen Bonuszahlungen und Abfindungen zu Unrecht gezahlt worden seien. Vor dem Oberlandesgericht in Hamm geht es bereits in zweiter Instanz um weitere Schadensersatz-Forderungen des Insolvenzverwalters im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften.

Helikopter - gegen den Stau

Middelhoff-Anwalt Winfried Holtermüller gibt der Anklage "keine Chance". Es handele sich um einen "Schnellschuss" der Ankläger, sagte der Jurist auf WDR.de-Anfrage. Die Anklage "beißt sich" nach Holtermüllers Worten mit dem Verlauf der zivilrechtlichen Auseinandersetzungen vor Gericht. Während es vor dem OLG Hamm für Middelhoff gut laufe, versuche nun die "Staatsmacht Einfluss auf die zivilrechtlichen Verfahren zu nehmen", kritisierte der Anwalt. Alle Flüge seien dienstlicher Natur gewesen. Unter anderem gehe es auch um Hubschrauber-Flüge, die Middelhoff von seinem Wohnort Bielefeld zum Arcandor-Sitz nach Essen unternahm. "Er hat den Helikopter genommen, weil es damals eine Großbaustelle am Kamener Kreuz gab", erläuterte Holtermüller. Ein Vorstandschef könne es sich nicht erlauben, stundenlang auf der Autobahn im Stau zu stehen. Außerdem gehe es um Flüge unter anderem in die USA.

Der frühere Bertelsmann-Manager Middelhoff hatte 2004 beim Arcandor-Vorläufer Karstadt-Quelle den Aufsichtsratsvorsitz übernommen, 2005 wechselt er auf den Chefsessel. Arcandor schlitterte im Juni 2009 in die Pleite - Middelhoff hatte den Konzern wenige Monate zuvor verlassen. Der Warenhausriese Karstadt ging später an den Milliardär Nicolas Berggruen. In Folge der Pleite gibt es seit Jahren zahlreiche juristische Auseinandersetzungen.