Mitte des 18. Jahrhunderts geht ein Strafgericht Gottes auf Hamburg nieder und zerstört die alte Kirche Sankt Michaelis. So jedenfalls sehen es die Bürger der Hansestadt. Naturwissenschaftlich betrachtet ist es allerdings nur ein Blitz, der in den Turm einschlägt. Das anschließende Feuer zerstört das Gotteshaus vollständig.
Der Hamburger Rat beschließt, den Zorn Gottes durch einen Buß-, Fast- und Bettag abzumildern. Von den Kanzeln der Stadt wird über Sodom und Gomorrha gepredigt – nicht zuletzt, um aus den Gemeinden Geld für einen Neubau herauszulocken. Das Unterfangen gelingt: Die Bürger spenden mehr Geld als je zuvor. Am 19. Oktober 1762 wird auf den Fundamenten ihres Vorgängerbaus die neue Kirche Sankt Michaelis eingeweiht. 26 Jahre später kommt auch der Turm dazu.
Vom Gotteshaus der Armen zum "Michel"
Mit dem Entwurf der Kirche werden Johann Leonhard Prey und Ernst Georg Sonnin beauftragt. Die Wahl erweist sich als Glücksgriff, denn die Architekten verzichten darauf, den Renaissancestil des Ursprungsbaus zu imitieren, sondern schaffen nach dem Vorbild der Dresdner Frauenkirche ein helles Werk des protestantischen Barock. Mit seinem Rundbau will Sankt Michaelis das Gemeinschaftsgefühl stärken: Jeder soll von überall gleich viel sehen und hören können.
Die Liebe der Hamburger zu Sankt Michaelis ist am Anfang jedoch eher verhalten. Lange Zeit gilt sie wegen ihrer Lage im Hafenviertel als Kirche der Armen. Später wird ihre Lage zum Standortvorteil. Auf einer Anhöhe im Westen der Stadt gelegen, wird der Bau mit seinem kupferbedeckten Turm zum weithin sichtbaren Wahrzeichen Hamburgs – zum "Michel".
Rekonstruktion statt Moderne
Wie sehr die Bürger Sankt Michaelis inzwischen ins Herz geschlossen haben, zeigt sich 1906, als ein Brand infolge von Reparaturarbeiten die Kirche ein weiteres Mal zerstört. Auch wenn diesmal keiner an ein Gottesurteil glauben mag, ist die Spendenbereitschaft der Hamburger immens. Und diesmal entscheidet sich die Stadt nicht für einen Neubau: Sankt Michaelis wird im alten Stil wieder aufgebaut.
Stand: 19.10.2012
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