8. September 1947 - Kongress berät über Bildung in der Sowjetischen Besatzungszone

In der Phase vor Gründung der DDR werden nach zwölf Jahren Nazi-Herrschaft neue Bildungsziele debattiert. Die marxistisch-leninistische Ideologie durchdringt bald alle Lehrinhalte.

Lerninhalte und pädagogische Konzepte brauchen nach 12 Jahren Nazi-Herrschaft eine Erneuerung - das erscheint nach dem Zweiten Weltkrieg eindeutig in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). 1947 scheint noch offen, in welche Richtung es genau geht. In Leipzig berät der 2. Pädagogische Kongress über künftige Bildungsleitlinien.

Einige Kernpunkte der Bildungspolitik in der SBZ und späteren DDR: keine Privatschulen und Verbot aller Schulbücher aus der Zeit des Nationalsozialismus. Hinzu kommt die Suche nach neuen Lehrern. Das Parteiorgan "Neues Deutschland" schreibt dazu 1947: "In Sachsen stammen heute 18,2 Prozent der Lehrer aus Arbeiterfamilien." So soll es weitergehen.

2. päd. Kongress in sowj. Besatzungszone (am 08.09.1947) WDR ZeitZeichen 08.09.2022 14:43 Min. Verfügbar bis 08.09.2099 WDR 5

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Objektiv begründete Weltanschauung?

Das in Leipzig beschlossene Programm lässt sich auf unterschiedliche Art lesen. Interessante Formulierungen wabern durch die Kongresstage: "Neue deutsche Menschen zu formen", aber auch "Bildung freier Bürger". Alles soll dem Fortschritt dienen und eine objektiv begründete Weltanschauung sicherstellen.

Die folgenden Jahre zeigen, wie es um die Bildung in der DDR tatsächlich bestellt ist: Es gibt den viel gelobten Unterricht in naturwissenschaftlichen Fächern. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit: In den folgenden Jahrzehnten wird die Schule der DDR immer ideologischer. Der Zugang zu den Erweiterten Oberschulen, also den Gymnasien, wird reglementiert.

Pfingsttreffen der FDJ in Meissen 1947 | Bildquelle: IMAGO/United Archives / Kindermann

Zwar gibt es tatsächlich zeitweise mehr Kinder aus Arbeiter- und Bauernfamilien an weiterführenden Schulen. Aber zu unterschiedlichen Zeiten gibt es unterschiedliche Hürden für deren Besuch: Wer wenig systemtreu ist, dem wird in der SED-Diktatur der Zugang zu Abitur und Studium oftmals verwehrt.

Klassenstandpunkt wichtiger als Freiräume

Die marxistisch-leninistische Ideologie durchdringt mehr oder weniger alle Lehrinhalte, insbesondere natürlich in den Fächern Geschichte und Staatsbürgerkunde. Hinzu kommen die Jungen Pioniere und die Freie Deutsche Jugend, die uneingeschränkt an den Schulen wirken. Auf der Tagesordnung stehen politisch-ideologische Arbeit, gesellschaftliches Engagement und natürlich Klassenkampf und Arbeitseinsätze. Hinzu kommt Wehrkunde-Unterricht.

Was auf dem 2. Pädagogischen Kongress 1947 noch anklingt - Freiräume für die Schülerentwicklung, Entwicklung von selbstständiger Denkfähigkeit, Urteilsvermögen und Verantwortungsbewusstsein - spielt in der Wirklichkeit an den Schulen spätestens seit den 1950er-Jahren keine Rolle mehr.

Autor des Hörfunkbeitrags: Thomas Klug
Redaktion: Gesa Rünker

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 8. September 2022 an den 2. Pädagogischen Kongress in der sowjetischen Besatzungszone. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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