25. Mai 1936 - Das Freilichtmuseum Oerlinghausen wird eröffnet

Stand: 19.05.2021, 09:24 Uhr

Das Archäologische Freilichtmuseum Oerlinghausen präsentiert nicht nur Geschichte, es hat auch Geschichte - mit problematischem Beginn. Am 25. Mai 1936 als "Germanengehöft" eröffnet, wird es von den Nazis hemmungslos für ihre Propaganda missbraucht.

Freilichtmuseum Oerlinghausen eröffnet (25.05.1936) WDR ZeitZeichen 25.05.2021 14:50 Min. Verfügbar bis 26.05.2031 WDR 5

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Die Germanen spielen eine wichtige Rolle im Dritten Reich. Ein idealisiertes Bild dieser Menschen soll durch das "Germanengehöft" in Oerlinghausen in der Bevölkerung verankert werden. Das sogenannte "Gehöft" wird am 25. Mai 1936 als erstes germanisches Freilichtmuseum der Welt gegründet.

Gründungsdirektor ist Hermann Diekmann, ein lippischer Lehrer und Hobby-Archäologe, der im Teutoburger Wald Grabungen durchführt und einen alten Siedlungsplatz bei Oerlinghausen in eine "germanische Epoche" datiert. 1933 tritt Diekmann in die NSDAP ein. Sein Museumsprojekt nimmt Fahrt auf.

Jugendliche als Zielgruppe

Als Zielgruppe ist man in Oerlinghausen vor allem an Jugendlichen interessiert. Sie können sich im Museum etwa in Germanenkleider hüllen oder auch vor einen germanischen Pflug spannen lassen. Die Schülerführungen im "Germanengehöft" sind gespickt mit fiktiven Erzählungen, auch in Anlehnung an das Nibelungenlied. So gelingt es, aus dem sozialdemokratisch bis kommunistisch geprägten Städtchen am Teutoburger Wald den Ort zu machen, der in Lippe die zahlenmäßig höchsten Eintritte in die Hitlerjugend verzeichnet.

Nach dem Krieg verwildert das Gelände zunehmend und wird schließlich per Ratsbeschluss auf Abbruch verkauft. Private Spenden und Bürgschaften sorgen jedoch dafür, dass das "Germanengehöft" Anfang der 60er Jahre wieder aufgebaut wird - in erschreckender Kontinuität zur NS-Anlage.

Zwar wird das Hakenkreuz auf der Truhe durch eine "Lebens-Rune" ersetzt, ansonsten aber sehen die Einrichtungsskizzen eine exakte Nachbildung vor. Alles ist sauber und glatt. Gerade Bohlen und Dachbalken. Ein Bett mit gedrechselten Elementen wie aus einem Massivmöbel-Katalog. Eine heile Germanenwelt, die 1961 noch mehr Menschen anzieht als das Vorgänger-Museum in der Hitler-Zeit: Fast 60.000 Besucher kommen im ersten Jahr.

Neustart mit öffentlichen Geldern

1973 brennt das Museum vollständig ab. Anschließend wird mit öffentlichen Geldern ein kompletter Neustart vorgenommen. Seitdem heißt die Anlage "Archäologisches Freilichtmuseum Oerlinghausen" - und versammelt auf rund eineinhalb Hektar Fläche gut 12.000 Jahre Geschichte mit dem Anspruch auf wissenschaftliche Reputation.

Vor allem ermöglicht das Freilichtmuseum Oerlinghausen heute eine Erkenntnis: Die Menschen der Frühzeit waren extrem anpassungsfähig. Sie übernahmen Neuerungen von zugewanderten Menschen und verschmolzen mit anderen Kulturen. Das gilt insbesondere für die Germanen.

Autor des Hörfunkbeitrags: Heiner Wember
Redaktion: Hildegard Schulte​

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