27. März 1907 - Das "Kaufhaus des Westens" eröffnet in Berlin

Stand: 21.03.2022, 14:51 Uhr

Am 27. März 1907 eröffnet am Berliner Wittenbergplatz das "Kaufhaus des Westens". Es wird das bekannteste Kaufhaus Deutschlands und Inbegriff des gehobenen Konsums.

24.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, 120 verschiedene Abteilungen plus Frisiersalons, Reisebüro, Wechselstube und eine Leihbibliothek – das alles ist das KaDeWe 1907. Der Kaufmann Adolf Jandorf hat in Berlin bereits sechs Kaufhäuser gegründet, bevor er die Idee für ein siebtes hat. Eines, das nicht wie die anderen Häuser auf die einfachen Leute als Kunden zielt, sondern auf die Vermögenden, zunächst also auf die wilhelminische Elite.

Kaufhaus des Westens ("KaDeWe") wird eröffnet (am 27.03.1907) WDR ZeitZeichen 27.03.2022 14:54 Min. Verfügbar bis 27.03.2099 WDR 5

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Siamesischer Elefantenorden für den Kaufhausgründer

KaDeWe-Gründer Adolf Jandorf | Bildquelle: picture alliance / ullstein bild

Illustre Kundschaft kommt auch aus dem Ausland. Zum Beispiel der König von Siam, der bei seinem zweitägigen Einkaufsbummel 250.000 Mark ausgibt. Dafür gibt es auch an beiden Tagen ein zwölfgängiges Mittagsmenü aus der KaDeWe-Küche. Und Kaufhausgründer Adolf Jandorf erhält den Siamesischen Elefantenorden.

Verkauf an Hermann Tietz und Co.

Der Unternehmer Hermann Tietz | Bildquelle: picture alliance / ullstein bild

Zum Jahresbeginn 1927 verkauft Jandorf das KaDeWe und seine weiteren Kaufhäuser an das Konkurrenzunternehmen Hermann Tietz und Co. Die Kundschaft interessiert es nicht, wer Eigentümer des KaDeWe ist: Was zählt, ist das Einkaufserlebnis. Und vielleicht auch das Wissen, mehr oder weniger berühmte Zeitgenossen treffen zu können, wie zum Beispiel den sowjetischen Dichter Wladimir Majakowski.

Nazis zwingen Eigentümer zur Aufgabe

Während der Nazi-Zeit ist es dann doch wichtig, wer Eigentümer eines Kaufhauses ist. Juden sollen es auf keinen Fall sein. Die Kaufhäuser zerschlagen – das wollen zwar einige Nazis, doch würde das zu sehr dem Mittelstand schaden.

So zwingen die braunen Herrscher die neuen Eigentümer Tietz und Co. zur Aufgabe. Der Kaufhausbetrieb läuft unter den neuen Besitzern weiter. 1943 stürzt allerdings ein amerikanisches Kampfflugzeug in das Gebäude, das Dachgeschoss brennt aus.

Anzüge für Erich Honecker

Die Spuren des Krieges sind in Berlin noch gegenwärtig, als das KaDeWe 1950 an seinem angestammten Platz wieder eröffnet. 180.000 Besucher werden am Tag der Wiedereröffnung gezählt – obwohl nur zwei von eigentlich sechs Etagen geöffnet sind. Es sind die Jahre, in denen ganz alltägliche Dinge schon als Luxus gelten.

Und noch etwas ist anders: Berlin ist geteilt. Das "Kaufhaus des Westens" ist bald das Schaufenster des Westens. Und nicht einmal das können sich Millionen Deutsche jenseits von Mauer und Grenzzäunen noch ansehen. Aber einen treuen Kunden aus dem Osten soll es gegeben haben: Erich Honecker bezieht seine Anzüge aus dem KaDeWe.

Kulturschock für viele Ostdeutsche

Als 1989 die Mauer fällt, ist der Besuch im KaDeWe für viele Ostdeutsche ein "richtiger Kulturschock." Der Ostberliner Journalist Lothar Heinke erinnert sich: "In mir war ein gewisser Zorn und eine gewisse Wut über den verlorenen Groschen, also über die Zeit, die man ohne so etwas gelebt hatte. Es war so eine Traurigkeit, weil einem so bewusst wurde, wie kurz man gehalten wurde und was es alles nicht gegeben hat."

Bis heute erfüllt KaDeWe auf über 60.000 Quadratmetern Träume, von denen man bis zum Betreten des Hauses nicht einmal weiß, dass man sie hat.

Autor des Hörfunkbeitrags: Thomas Klug
Redaktion: David Rother

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 27. März 2022 an die Eröffnung des "Kaufhaus des Westens". Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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