14. Juni 1976 - Erste Eherechtsreform verkündet

Stand: 14.06.2021, 10:20 Uhr

Im Märchen leben meistens alle glücklich bis ans Ende ihrer Tage. In der Realität sieht das oft anders aus. Heute werden rund 40 Prozent aller Ehen in Deutschland wieder geschieden. Aus dem heiligen Sakrament des Christentums ist eine wacklige Angelegenheit geworden.

Manche Ehe endet dabei im Rosenkrieg. Bei einer Scheidung geht es nicht selten darum, wer am Scherbenhaufen die Schuld trägt. Auch vor Gericht ist dies lange ein Kriterium. Bricht eine Frau wegen eines neuen Partners aus der Ehe aus, gilt das als "böswillig" – zumeist verliert sie das Sorgerecht an den gemeinsamen Kindern.

Erste Eherechtsreform verabschiedet (am 14.06.1976) WDR ZeitZeichen 14.06.2021 14:44 Min. Verfügbar bis 15.06.2099 WDR 5

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Finanziell sind die geschiedenen Ehefrauen oft ruiniert – es sei denn, der Mann nimmt die Schuld am Scheitern der Ehe in einer sogenannten Kavaliers-Scheidung auf sich. Weil so viel auf dem Spiel steht, spielen sich vor Gericht teils entwürdigende Szenen ab. Schmutzige Wäsche wird in aller Öffentlichkeit gewaschen.

Minimum an Hass, Maximum an Fairness

Eine wesentliche Entspannung der Situation bringt die erste Eherechtsreform, die das Parlament am 14. Juni 1976 verabschiedet. Mit ihr schafft die sozialliberale Koalition die Schuldfrage komplett ab. Kein Richter soll sich mehr anmaßen müssen, in die Herzen der Betroffenen zu schauen. An die Stelle der Schuld tritt das so genannte Zerrüttungsprinzip, an die Stelle moralischer Prinzipien eine eher vertragliche Perspektive.

"Das neue Recht will im Falle eines Scheiterns nicht in erster Linie strafen und ahnden, sondern helfen und dafür sorgen, dass Eheleute ohne Hass mit einem Minimum an Bitterkeit und einem Maximum an Fairness auseinandergehen und im vollen Bewusstsein der von ihnen zu tragenden Last einen neuen Abschnitt in ihrem Leben beginnen können", fasst der SPD-Abgeordnete Hans-Jochen Vogel die Absicht der Reform dementsprechend zusammen.

Gemeinsames Sorgerecht

1977 treten die Änderungen in Deutschland in Kraft. Die Reform ist zudem die Geburtsstunde der Familiengerichte, die Fragen der Scheidung, des Unterhalts und des Sorgerechts zusammen verhandeln können.

Seit 1986 spielt das Verschuldungsprinzip im Scheidungsrecht bei Unterhaltsfragen doch wieder eine gewisse Rolle. Seit 2008 gilt der Grundsatz, dass jeder Geschiedene selbst für seinen Unterhalt sorgen soll. Geld vom Ex-Partner fließt nur noch in Ausnahmefällen. Zudem gilt heute in der Regel das gemeinsame Sorgerecht.

Eine Garantie dafür, dass jede Ehe ohne Streit geschieden wird, ist das natürlich trotzdem nicht.

Autoren des Hörfunkbeitrags: Irene Geuer
Redaktion: Gesa Rünker

Programmtipps:

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 14. Juni 2021 an die erste Eherechtsreform. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.

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