Buchcover: "Tiere" von Gijs Wilbrink

Lesefrüchte

"Tiere" von Gijs Wilbrink

Stand: 08.03.2024, 14:52 Uhr

Isa hat unter ihren verlotterten Eltern und der illegalen Nerzzucht ihres gewalttätigen Onkels gelitten und versucht nun, an der Kunsthochschule klarzukommen. Als ein Schicksalsschlag sie in ihr Kaff an der deutschen Grenze zurückbringt, findet sie Unfassbares heraus. Und räumt auf.

Die clevere Isa Keller, gerade achtzehn Jahre alt, schafft es an die Kunsthochschule. Die wird sie vor der Öde daheim in ihrem Provinznest retten, glaubt sie. Ihre vom Leben enttäuschte Mutter Maureen sitzt nur kettenrauchend auf dem Sofa, wenn sie nicht gerade einen griesgrämigen Alten betreut. Womit sie die Familie ernährt, denn Vater Tom ist arbeitsunfähig. Er hat bei einem Unfall in seiner Jugend ein Bein verloren.

Auch in der Großstadt hat Isa immer noch das Fiepen der Nerze im Ohr, die ihr gewalttätiger Patenonkel auf seinem Teil des heimischen Bauernhofes züchtet. Und auch die Angst der Eltern vor ihm hat sie noch im Hinterkopf. Mit ihrer neuen Freundin Erva, einer militanten Tierschützerin, versucht sie, in der Stadt Fuß zu fassen. Bis ihr Vater spurlos verschwindet und sie in ihr Provinznest im Achterhoek an der deutschen Grenze zurückkehrt.

Gijs Wilbrinks verzweifelt-rebellische Hauptfigur Isa wächst der Leserin sofort ans Herz - erst recht, als sie wieder in ihrem verhassten Kaff landet. Isa macht sich auf die Suche nach ihrem Vater und findet endlich heraus, wie er sein Bein verlor. Und sie erfährt, welch unselige Rolle der Dorfpfarrer für ihre Familie spielte. Unterstützt von Freundin Erva, räumt sie kräftig auf – nicht nur auf dem Bauernhof.

"Tiere" ist ein mitreißender Roman über das Erwachsenwerden. Der außerdem zeigt, dass die Provinz nur rückständig ist, wenn sich niemand dagegen auflehnt.

Eine Rezension von Eva Karnofsky

Literaturangaben:
Gijs Wilbrink: Tiere
Aus dem Niederländischen von Ruth Löbner
Ullstein Verlag, 2024
448 Seiten, 24,99 Euro