2009 muss sein Alter-Ego-Protagonist A., ein aufstrebender Drehbuchautor, Teheran verlassen. Dem 23-Jährigen drohen Verhaftung, Folter und Tod. Seinem überstürzten Abschied folgt eine Odyssee. Über die Türkei gelangt er nach Wien.
Die weiteren Etappen sind eine Erstaufnahmestelle und eine Flüchtlingsunterkunft in Niederösterreich. Eine einzige Hängepartie, denn die Geflüchteten werden von den Einheimischen wie Aussätzige gemieden.
Autor Gudarzi springt zwischen der Gegenwart und vergangenen Schlüsselmomenten. So entsteht ein anschauliches Bild des Lebens in Iran. Es ist eine marode Gesellschaft, die Gudarzi hier schonungslos zeigt. Voller Angst, Repressalien, Misstrauen und Armut. Die ständigen Gewaltexzesse sind kaum zu ertragen. Es verwundert nicht, dass die jungen Menschen gegen das Regime protestieren, doch es berührt angesichts dessen, was sie riskieren.
Schließlich landet A. in Wien. Er lebt in einer WG und arbeitet bei einer Pizzeria, wo er rund 55 Euro für 12 Stunden Arbeit verdient. Trotz vereinzelter Lichtblicke entwickelt er eine Depression. Er lernt die deutsche Promotionsstudentin Sarah kennen, die sich für Menschenrechte engagiert. Sie und A. werden Freunde, kurz ein Paar, dann wieder nicht mehr. Es ist kompliziert.
"Das Ende ist nah" ist ein kosmopolitisches Buch. Eines, das nicht gefallen oder unterhalten möchte, sondern sich mitteilen. Man spürt diese existentielle Dringlichkeit, die überbrückten Kilometer, die vergossenen Tränen, die gemachten Erfahrungen auf jeder Seite. Das hier ist der real deal.
Dass es auf Deutsch geschrieben wurde, ist für einen Nicht-Muttersprachler erstaunlich. Amir Gudarzi ist ein außergewöhnlicher Bote aus einer anderen Welt. "Das Ende ist nah" ist sein Geschenk an uns, eine ausgestreckte Hand. Ergreifen wir sie.
Eine Rezension von Moritz Holler
Literaturangaben:
Amir Gudarzi: Das Ende ist nah
dtv, 2023
416 Seiten, 25 Euro
