Arbeitende Senioren

Der Ruhestand muss warten – weiterarbeiten trotz Rente

Stand: 16.06.2023, 14:27 Uhr

Seit einigen Jahren als Trend zu beobachten: Die Zahl der Erwerbstätigen jenseits des Renteneintrittsalters steigt an. Über eine Million Beschäftigte in Deutschland waren im vergangenen Jahr 67 Jahre und älter. Nicht immer ist das eine wirtschaftliche Notwendigkeit.

Von Christoph Tigel

Der Ruhestand muss warten - weiterarbeiten trotz Rente

WDR 4 Mittendrin - In unserem Alter 17.06.2023 12:52 Min. Verfügbar bis 16.06.2024 WDR 4


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Warum sie mit ihren 77 Jahren noch arbeiten geht und an ein bis zwei Tagen in der Woche in einem Fachgeschäft für Damenmode Kundinnen berät? Für Ulrike ist das eine klare Sache: "Wenn man arbeitet, hat so ein Tag Struktur, man wird gefordert, nimmt einfach mehr am Leben Teil." Sehr ähnlich sieht das auch Peter, der mit 72 Jahren noch weiter Taxi fährt, wie seit 50 Jahren schon. Franka möchte auch mit Mitte 70 nicht aufs Arbeiten verzichten: "Arbeit im Ruhestand hält jung und stärkt das Selbstbewusstsein." Außerdem sei ihr Verdienst "ein schönes Zubrot zur Rente", die bei ihr "nicht so üppig ausfällt".

Weiter gebraucht werden

"Weiter etwas Sinnstiftendes tun, weiter gebraucht werden", das sei für etwa ein Drittel der weiterarbeitenden Rentner das Hauptmotiv, sagt Christian Ege, Gründer von "Generation Ü eG", einer Jobvermittlung für ältere Arbeitnehmer. Die zweite größere Gruppe, das seien Menschen, die über den zusätzlichen Verdienst ihren finanziellen Spielraum im Alter etwas erweitern möchten, für schöne Anschaffungen, Reisen etc. Und dann gebe es aber auch leider immer mehr Menschen, bei denen die reguläre Rente "hinten und vorne nicht reicht, die einfach noch etwas hinzuverdienen müssen". Das sieht Christian Ege als "wachsendes soziales Problem".

Bis zu 20 Stunden pro Woche

"In der Lebensphase Ruhestand oder ,Ü‘, wie wir sagen, da will man nicht mehr permanent zur Verfügung stehen", sagt der Jobvermittler für Ältere. Voll weiterarbeiten wie vor der Rente, das wollten eher wenige seiner Kunden. "Wir haben die besten Erfahrungen gemacht mit bis zu 20 Stunden die Woche." Das entscheidende Stichwort sei "Flexibilität". Darauf würden sich aber viele Arbeitgeber gerne einlassen, z.B. in den Bereichen Fahrdienst/Logistik, Büro/Buchhaltung, Bildung. "Je körperlich schwerer die Aufgabe wird, sind die Ü’s dann raus", weiß Christian Ege: "Aufs Dach kriegen wir niemanden mehr."

Hinzuverdienst praktisch unbegrenzt

Gibt es für Altersrentenbezieher beim Hinzuverdienst eigentlich Obergrenzen, die zu beachten sind? "Nein", sagt Gundula Sennewald, Renten-Expertin von der Deutschen Rentenversicherung Bund, auch wer vor Erreichen des regulären Rentenalters in Altersrente geht, dürfe inzwischen praktisch unbegrenzt hinzuverdienen, "ob in Höhe eines Minijobs oder in Teilzeit im Rahmen einer früheren Beschäftigung", ohne dass er oder sie Rentenabzüge befürchten müsse. Frühere Hinzuverdienstgrenzen seien mit Jahresbeginn abgeschafft worden.

Beitragspflichten in der Sozialversicherung

Wie verhält es sich mit der Sozialversicherungspflicht? "Wenn ich als Altersrentner weiterarbeite, bin ich nicht mehr in allen Zweigen versichert", sagt die Renten-Expertin Gundula Sennewald. Man zahle z.B. nicht mehr in die Arbeitslosenversicherung ein, bleibe aber grundsätzlich rentenversicherungspflichtig, bis man das reguläre Rentenalter erreicht hat. Ebenso beitragspflichtig bleibe man auch in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, sobald der Hinzuverdienst die Minijob-Höhe (520 €/Monat) übersteigt.