83-Jähriger fährt Mutter und Kind in Berlin tot

Aktuelle Stunde 10.03.2024 Verfügbar bis 10.03.2026 WDR Von Claudia Beucker

Sicher Autofahren im Alter: Wie fahrtauglich sind Senioren?

Stand: 10.03.2024, 16:45 Uhr

In Berlin hat ein 83-jähriger Autofahrer einen tödlichen Autounfall verursacht. Schon seit Längerem wird darüber diskutiert, ob ältere Menschen nochmals auf ihre Fahrtauglichkeit geprüft werden sollen. Sie sind seltener in Unfälle verwickelt, tragen aber öfter die Schuld.

Wie genau es zu dem schwerwiegenden Unfall kam, bei dem ein 83-jähriger Autofahrer in Berlin am Samstag eine Mutter und ihr Kind auf der Straße anfuhr und tödlich verletzte, müssen die Ermittler noch klären. Doch könnte der Unfall wieder Zündstoff für die Diskussion über die Frage geben: In welchem Alter sollte man noch Autofahren dürfen - und ab wann nicht mehr?

Alterszuschlag bei Versicherungen

Die Argumente: Bei vielen Menschen lässt die Sehkraft im Alter nach, auch die Reaktionsfähigkeit kann langsamer werden. Erkrankungen oder die Wirkung von Medikamenten können die Verkehrssicherheit ebenfalls negativ beeinflussen. Auch könnten Ältere leichter aus der Übung kommen, weil sie nicht mehr so häufig fahren. Auch Kfz-Versicherungen werden übrigens spätestens ab 75 Jahren teurer. Laut Finanztip wollen Autoversicherer im Schnitt dann fast 50 Prozent mehr Beitrag als von 55-Jährigen.

EU-Parlament will keinen Fahrtauglichkeitscheck

In Brüssel hatten sich bereits Ende 2023 die Verkehrsminister der EU getroffen, um über die Reform der Führerschein-Richtlinie zu beraten. Hintergrund: Die EU will die Regeln für den Führerschein 2024 reformieren - auch um die Unfallzahlen zu reduzieren.

Alle Mitgliedstaaten sollten nach dem Entwurf der Richtlinie Führerscheine von Personen ab 70 auf maximal 5 Jahre befristen. So hätten Verkehrstauglichkeitsüberprüfungen oder Auffrischungskurse in allen Mitgliedstaaten leichter eingeführt werden können. Der Verkehrsausschuss wollte sogar verpflichtende Gesundheitsüberprüfungen für alle bei Erwerb, Umtausch und Verlängerung des Führerscheins. Dieser Idee hat das EU-Parlament Ende Februar 2024 aber mehrheitlich eine Absage erteilt. Eine Verkürzung der Gültigkeitsdauer des Führerscheins für ältere Menschen fand keine Mehrheit.

Die Abgeordneten unterstützen jedoch die Möglichkeit, dass Fahrer ihre Fahrtüchtigkeit selbst bewerten, wobei die Mitgliedstaaten entscheiden können, ob eine ärztliche Untersuchung erforderlich ist, bei der zum Beispiel das Sehvermögen und mögliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen der Fahrer überprüft werden.

Wie sieht die Unfallstatistik aus?

Ein Blick in die Statistik verrät: Senioren sind zwar seltener in Unfälle verwickelt, tragen aber häufiger als jüngere Autofahrer die Hauptschuld. Im Jahr 2022 waren die mindestens 65-Jährigen in mehr als zwei Drittel der Fälle die Hauptverursachenden, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Bei den mindestens 75-Jährigen wurde sogar gut drei von vier unfallbeteiligten Autofahrerinnen und -fahrern die Hauptschuld am Unfall zugewiesen.

Auch die Unfallursachen bei Autounfällen unterscheiden sich bei älteren Menschen, von denen in jüngeren Altersgruppen:

ADAC: Ältere Autofahrer haben zu unrecht einen schlechten Ruf

Seniorein im Auto stellt Rückspiegel ein

Senioren am Steuer fahren oft vorsichtiger

Ältere Menschen sind natürlich nicht per se schlechtere Autofahrer - sie fahren häufig sogar meist besonders vorsichtig und vorausschauend, wie der ADAC bestätigt. Deshalb lehnt der Automobilclub auch einen verpflichtenden Fahreignungstest für Senioren ab.

Grundsätzlich gelte für Autofahrende – unabhängig vom Lebensalter: "Sie sollten die eigenen Fahrfähigkeiten regelmäßig, vor allem aber selbstkritisch hinterfragen", so ADAC-Experte Ulrich Chiellino.

Fahrtrainings für Ältere

Fahrtraining mit dem Auto: Bremsübung an einer Pylone

Fahrtraining mit dem Auto

Wer im Alter nicht auf das Auto verzichten kann oder möchte, kann sich mit verschiedenen Angeboten fit halten. Der ADAC oder auch die Deutsche Verkekehrswacht bieten Fahrsicherheitstrainings besonders für Ältere an, bei denen Gefahrensituationen geübt werden.

Auch der Umgang mit neuer Fahrzeugtechnik und Assistenzsystemen ist Thema - und wie eventuelle Einschränkungen bestmöglich ausgeglichen werden können. In einem Fitness-Check können Ältere zudem Können und Fahrstil überprüfen lassen und auch Vorschläge zur Optimierung oder zu Alternativen bekommen.

Anreize statt Verpflichtungen

Immer mehr Regionen in NRW versuchen auch Anreize für Senioren zu schaffen, ihren Führerschein freiwillig abzugeben. Beispiel: In den Kreisen Paderborn und Höxter haben manche Senioren bereits schon ihren Führerschein eingetauscht - gegen ein sechsmonatiges Nahverkehrs-Abo. Auch anderswo in NRW gibt es ähnliche Aktionen, zum Beispiel im Kreis Lippe und in Bonn. Die Idee: Die Straßen sicherer machen, ohne älteren Menschen ihre Mobilität wegzunehmen.

Unsere Quellen:

  • dpa
  • Euopäisches Parlament
  • ADAC
  • Statistisches Bundesamt
  • Finanztip

Über das Thema berichtet am 10.03.2024 auch die Aktuelle Stunde im WDR Fernsehen.

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