Aktienrente: Das steckt hinter der Idee des "Generationenkapitals"

03:37 Min. Verfügbar bis 05.03.2026

Aktienrente: Das steckt hinter der Idee des "Generationenkapitals"

Stand: 05.03.2024, 08:11 Uhr

Der Bund zahlt jedes Jahr hohe Zuschüsse in die Rentenkasse. Damit das aufhört, soll auf dem Aktienmarkt investiert werden. Aber wer investiert da und wird sich das wirklich lohnen?

Von Oliver Scheel

"Denn eins ist sicher: Die Rente." Dieser berühmte Satz des damaligen Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) aus dem Jahr 1986 ist leider schon lange nicht mehr aktuell. Denn immer weniger junge Menschen zahlen in die Rentenkasse ein, aus der die Rente für immer mehr alte Menschen finanziert wird.

Wenn nun aber immer weniger Beitragszahlern immer mehr Rentnern gegenüberstehen, müssen die Beitragssätze steigen oder Rentenleistungen sinken. Wie kommen wir aus dieser Zwickmühle raus? Mit der Aktienrente - glauben Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD).

Heute stellen die beiden nach langer Vorbereitung ihr neues Rentenpaket vor – das ist bereits bekannt:

Was ist geplant?

Die gesetzliche Rentenversicherung soll eine neue Geldquelle bekommen: Durch Aktien. Bürger sollen also kein eigenes Geld anlegen und müssen auch sonst nicht tätig werden – sondern der Staat stellt Geld zur Verfügung, dass dann an der Börse investiert werden soll.

Zwölf Milliarden Euro sind dafür zum Start geplant, die aus öffentlichen Darlehen aufgenommen werden sollen – ohne, dass es auf die Schuldenbremse angerechnet werden muss. In den kommenden Jahren soll dann immer weiter und mehr Geld fließen.

Jährlich sollen drei Prozent mehr investiert werden. Außerdem sollen bis 2028 noch Vermögenswerte des Bundes in Höhe von 15 Milliarden Euro übertragen werden. Insgesamt sollen bis Mitte der 2030er Jahre 200 Milliarden Euro zusammenkommen. Ausdrücklich nicht geplant ist, dass Rentenbeiträge in Aktienfonds fließen.

Warum soll in Aktien investiert werden?

Die Erträge aus den Aktien sollen für die Stabilisierung der Rentenbeiträge genutzt werden. Aus dem Finanzministerium wurde dazu gesagt, ab Mitte der 2030er Jahre könnten jährlich im Schnitt zehn Milliarden Euro zusätzlich an die gesetzliche Rentenversicherung fließen. Die Ampel-Regierung nennt dies jetzt "Generationenkapital".

Denn je nach Quelle schießt der Bund aktuell bis zu 100 Milliarden Euro pro Jahr in die Rentenkasse hinzu - Tendenz steigend. Dieses Loch soll durch das Engagement am Aktienmarkt wenigstens ein bisschen gestopft werden. Denn: "Noch sieht es bei der Rentenkasse gut aus, aber bald wird es eng. Spätestens in den 30er Jahren", so Ulrich Ueckerseifer aus der WDR-Wirtschaftsredaktion. 

Aber: Auch am Aktienmarkt gibt es keine Garantie für eine Rendite, auch wenn es in den vergangenen Jahrzehnten für langfristige Anlagen überwiegend positive Zahlen gab.

Welche Nachteile hat das "Generationenkapital"?

Generell komme dieser Systemwechsel zu spät, kritisiert WDR-Wirtschaftsexperte Ueckerseifer, aber "jetzt gilt es das Ganze auch richtig zu machen und die Handhabe nicht Banken oder Versicherungen zu überlassen, die sicherlich Gebühren dafür nehmen werden."

"Die SPD würde gerne die Beiträge stabilisieren, die FDP würde gerne in die Aktienrente einsteigen", sagte Wirtschaftswissenschaftlerin Schnitzer am Freitag. Herausgekommen sei aber eine Art Mogelpackung.

"Man nimmt jetzt Schulden auf, um dann in Zukunft die Beiträge zu stabilisieren. Das soll eigentlich der Generation in Zukunft helfen, aber tatsächlich muss die Generation in Zukunft auch die Schulden abtragen. An der Stelle ist nichts gewonnen." Wirtschaftswissenschaftlerin Monika Schnitzer

Was sagen Wirtschaft und Gewerkschaft zu der Idee?

Da das Geld, das in den Aktienmarkt gesteckt werden soll, kreditfinanziert ist, müssen die Anlageerträge höher sein als die Zinsen, die der Staat für die Kredite zahlen muss. Weil Deutschland als solider Schuldner gilt, sind die zu zahlenden Zinsen tatsächlich niedrig.

Das ifo-Institut glaubt daher an eine langfristig zu erwartende Rendite. "Die heute junge Generation könnte also spürbar von einer schuldenfinanzierten Aktienrente profitieren. Aber es dauert eben, bis die Erträge anfallen. Und man muss zwischenzeitliche Schwankungen der Aktienkurse aushalten", so die Experten.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ist froh, dass "die Rente nicht gekürzt, das Rentenalter nicht angehoben und Rentenbeiträge nicht für individuelle Aktienrenten zweckentfremdet" werden. Da das Geld kreditfinanziert ist und somit kein Euro aus den Rentenbeiträgen in den Fonds fließt, wird auch nicht mit dem Geld der Beitragszahler gespielt.

Wie läuft es in anderen Ländern?

Als Vorbilder dienen Norwegen und Schweden, die aber schon vor vielen Jahren begonnen haben, in den Aktienmarkt zu investieren und somit jetzt schon eine gewisse Diviende erhalten.

Doch auch im Erfolgsmodell Schweden kommen nicht mehr als 5 Prozent der Rente aus den Gewinnen am Aktienmarkt. Der DGB geht daher auch davon aus, dass das Generationenkapital trotz des Milliardenvolumens einen geringen Effekt haben wird.

Unsere Quellen:

  • Reuters
  • kenfo.de
  • ifo.de
  • dgb.de
  • Bundeszentrale für politische Bildung

Kommentare zum Thema

3 Kommentare

  • 3 Danke für nichts 05.03.2024, 20:14 Uhr

    Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er beleidigend ist. (die Redaktion)

  • 2 Alfred Zastrow 05.03.2024, 18:17 Uhr

    Gute Sache! Wir selbst sind seit vielen Jahren in Aktien investiert und die Dividenden haben ohne Vermögensverzehr zwei E-Autos und eine WP "finanziert".

  • 1 Hans 05.03.2024, 16:24 Uhr

    Unverantwortlich