Luxemburg-Leaks

Eine Steueroase im Herzen Europas?

Stand: 06.11.2014, 11:40 Uhr

Es ist eine kleine Welt– und doch bietet sie schier grenzenlose Möglichkeiten, wenn es ums Steuersparen geht. Für große Unternehmen ist Luxemburg ein Paradies – dank besonderer Gesetze. Und Dank großer Unternehmensberatungen wie Price Waterhouse Coopers (PWC).

PWC wirbt stolz für Luxemburg mit dem früheren Wirtschaftsminister Jeannot Krecké. Laut Krecké sind die Politiker hier leichter zugänglich, offener für die Belange großer Unternehmen.

Beteiligung der luxemburgischen Finanzbehörden

Er war wohl auch zugänglich: Als Premier machte Jean Claude Juncker Luxemburg zum Mekka für Multikonzerne und zu einem der reichsten Länder Europas. Wie eng die Luxemburger Finanzbehörde mit PWC kooperierte, zeigen jetzt interne Dokumente, sogenannte “Tax Rulings“: Die Berater entwickeln  verschachtelte und komplizierte Modelle  meist mit dem Ziel, Steuern massiv zu minimieren.  Die luxemburgische  Finanzbehörde genehmigt das.

Der ehemalige Steuerfahnder Richard Brooks kann so viel Laisser-faire nicht nachvollziehen:

„so komplexe Strukturen– und trotzdem kommt von den Steuerbehörden noch am selben Tag eine Antwort „alles wunderbar“! Das zeigt, sie stecken unter einer Decke.“

Im Interesse der großen Konzerne

In den Luxemburg Leaks finden sich große Namen: Pepsi, FedEx, Procter and Gamble, Heinz, neue Details  zu IKEA und Amazon. Auch die deutschen DAX-Konzerne Deutsche Bank, Fresenius und EON sind vertreten. Alle betonen, sich an die Steuergesetze aller Länder zu halten. Das größte deutsche Energieunternehmen E.ON führt eine Gesellschaft namens Dutchdelta in Luxemburg.

Dutchdelta funktioniert wie eine firmeneigene Bank. Der Mutterkonzern in Deutschland transferierte Milliarden nach Luxemburg.  Dutchdelta wiederum vergab dieses Geld als Kredit an E.ON  in den USA und Großbritannien. Dort senkt man so  die Steuerlast. Bei der Rückzahlung der Kredite – mit hohen Zinsen - profitiert man noch einmal, denn Luxemburg besteuert Zinsen in diesem Fall viel niedriger als in Deutschland.

Sven Giegold, grüner Europaabgeordneter im Europaparlament, kommentiert:

„Ich hab da kein Verständnis für, weil nicht alles was legal ist, ist auch legitim. Unternehmen aber einer bestimmten Größe haben auch eine soziale Verantwortung.“

Die EU-Kommission ermittelt derzeit, ob Firmen in Luxemburg Steuervorteile zu Unrecht gewährt wurden. Mit den „Luxemburg Leaks“ kommen jetzt weitere Fälle. Ausgerechnet der ehemalige Premier von Luxemburg ist nun neuer Kommissionspräsident. Er sieht sich nicht in der Verantwortung:

„Ich werde nicht mein Amt missbrauchen, um Sachen in Richtung Luxemburg die Kommissare anders entscheiden zu lassen, als sie in ähnlich gelagerten Fällen entscheiden würden.“

Paradox. Es geht um den Kampf gegen ein Paradies, das Juncker selbst geschaffen hat.

Vor zwei Jahren hat der französische Journalist Edouard Perrin zum ersten Mal über einen kleinen Teil dieser Dokumente berichtet. Jetzt haben mehr als 80 Reporter auf der ganzen Welt 28.000 Seiten ausgewertet. Aus Deutschland waren WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung beteiligt.

Autorinnen: Elena Kuch/ Julia Stein