Foto der Großbaustelle der Villa Hügel

Steckbrief Villa Hügel

Das größte Einfamilienhaus Deutschlands

Stand: 17.12.2014, 11:03 Uhr

Zur Struktur des Gebäudes

  • Die Villa mit ihren 269 Zimmern auf 8.100 Quadratmetern war ursprünglich von einem 150 Hektar großen Park umgeben. Heute sind es noch 28 Hektar.
  • Die Villa Hügel besteht aus zwei Gebäuden, dem großen und dem kleinen Haus, die durch einen Verbindungstrakt verbunden sind, in dem sich seit 1912 der repräsentative neobarocke Gartensaal befindet.
  • Untypisch für die Zeit plante Alfred Krupp den Familiensitz als ein hochmodernes Haus aus "Eisen und Stein". Auf Holz als Werkstoff verzichtete er aus Angst vor einem Brand.
  • Ein Stahlgerüst durchzieht das Haus. Spuren dieser Bauweise sind heute nur noch im Dachgeschoss zu sehen. Der Rest wurde später mit einer üppigen Holzausstattung versehen.

Bauplan

Die moderne Stahlbauweise ist auf dem historischen Bauplan der Villa besonders gut zu erkennen.

Die Entstehungsgeschichte der Villa Hügel

  • Die Villa wurde 1870 bis 1873 vom Unternehmer Alfred Krupp als Wohnhaus und Familiensitz erbaut.
  • In den 35 Jahren seines Aufstiegs zum Großfabrikanten wohnte Krupp im Lärm und Dreck auf dem Gelände des Stahlwerks.
  • Als die Firma Erfolg verzeichnete, erbaute er ein größeres und luxuriöses Wohnhaus auf dem Werksgelände: das Gartenhaus.
  • 1864 erwarb Krupp ein 138 preußische Morgen umfassendes Stück Land mit Aussicht über Ruhrhöhen und Ruhrtal, auf dem einige Jahre zuvor der Hof Klosterbusch erbaut worden war. Er zahlte 23.577 Taler, 11 Groschen und 10 Pfennige.
  • Mitte der 1860er Jahre reifte der Plan an gleicher Stelle ein ganz neues Haus zu bauen.
  • Auf Grundlage eigener Entwürfe entstand ein Gebäude, das funktionalen Kriterien gerecht wurde. Die formale Gestaltung musste nach dem Willen des Bauherren zurückstehen.
  • Krupp war besessen von der Idee des perfekten Stammsitzes. Er fertigte eine Skizze an und notierte, was für ihn dazugehörte: "Wohnung, Stallung, Reitbahn, Höfe, Park und Gartenanlagen, Wasserdruckwerk, Cascade, Fischteiche ..."
Bauplan

Eine der Originalskizzen von Alfred Krupp, die als Vorlage für den Bau der Villa Hügel dienten.


Die Bauphase

  • Bahnbrechend wie seine anderen Erfindungen sollte das Haus werden, technisch auf dem neuesten Stand. Er fand keinen Architekten. Die meisten wollten die Pläne erst umarbeiten oder lehnten kategorisch ab.
  • Alfred Krupp selbst war jetzt Architekt seines Hauses und gewann den Berliner Architekt Emmanuel Spieker als Assistent.
  • 450 Erdarbeiter, 300 Maurer und 40 Steinsäger verbauten bis zu 25.000 Ziegel täglich. Am Gerüst der gerade fertig gestellten Nationalgalerie in Berlin wurde das Gebäudeprofil der Villa in einem maßstabsgetreuen Modell aufgehängt und geprüft.
  • Kurz nach dem Richtfest im November 1870 brach ein Erker ab und versank 20 Zentimeter in den Boden.
  • Der Ingenieur Ludwig Klasen erdachte variantenreiche und neuartige Stahl- und Eisenkonstruktionen für die Villa, dass in seinem bald darauf erscheinenden Lehrbuch fast alle Beispiele von dort stammten.
  • Aus Angst vor Feuer, Schmutz und Keimen sollten beim Bau des Hauses nur Sandstein, Glas und Eisen verwendet werden.
  • Die Fassade sollte glatt und ohne Verzierungen sein, damit sich nichts in den Fugen absetzen konnte. Auch im Inneren des Hauses war Hygiene oberstes Gebot.
  • Alfred Krupp schwebte die erste Klimaanlage der Welt vor. Er wollte seinem asthmakranken Sohn Friedrich Alfred teure Kuraufenthalte ersparen.
  • Nach zehn Jahren zog die Familie im Januar 1873 ein. Doch Krupp war nicht zufrieden.
  • Die Wohnhalle war mit 500 Quadratmetern und 16 Meter hohen Decken zu groß ist für eine dreiköpfige Familie. Man benötigte 60 Bedienstete.
  • Schließlich erforderte die nicht funktionierende Klimaanlage immer wieder Überarbeitung, um wenigstens den Lärm zu mildern – es half nichts.
  • Der geniale Unternehmer und Konstrukteur unzähliger Maschinen war an seinem Wohntraum gescheitert.
Familienfoto

Gustav Krupp von Bohlen und Halbach 1915 mit Ehefrau Berta und den Kindern Alfried, Claus, Irmgard und Berthold.


Die Villa im Wandel der Generationen

  • Friedrich Alfred (1854-1902) und Margarethe Krupp (1854-1931) legten den Grundstock zu einer Kunstsammlung und einer herausragenden Sammlung flämischer Wandteppiche aus der Zeit von 1500 bis 1760.
  • Es entstanden Tennisplätze, Reitanlagen und Ställe, Lese- und Spielzimmer, sogar ein Gesellschaftshaus mit Kegelbahn und Bibliothek.
  • Mit nur 16 Jahren wurde Bertha Krupp nach dem frühen Tod ihres Vaters 1902 Erbin des Weltunternehmens. Sie heiratete vier Jahre später Gustav von Bohlen und Halbach und übernahm als Hausherrin die Villa Hügel.
  • Mit ihren sieben Kindern brachte die junge Familie neues Leben in die Villa, hatte aber auch veränderte Ansprüche an die Nutzung.
  • Bis in das Kriegsjahr 1915 entstanden u. a. die überdachten Vorfahrten, die aufwändige Innengestaltung sowie eine Gemäldegalerie.
  • 1943 übernahm Alfried Krupp von Bohlen und Halbach das Unternehmen als Alleininhaber. Er sollte das letzte Familienmitglied sein, das die Villa bewohnte.
  • Im April 1945 beschlagnahmten die Amerikaner das gesamte Anwesen und machten es zum Sitz der Alliierten Kohlenkontrollkommission.
  • Erst 1952 wurde es der Familie zurückgegeben.
  • Nach dem Krieg stellten Alfried Krupp von Bohlen und Halbach und seine Mutter das Haus der Allgemeinheit zur Verfügung, besonders im Sinne der Förderung von Kunst, Wissenschaft und Kultur.
  • 1984 gründete Berthold Beitz die Kulturstiftung Ruhr mit Sitz in der Villa. Er gab ihr den Auftrag, "dem kulturellen Leben im Ruhrgebiet neue Impulse zu geben".
  • Im Kleinen Haus hat seit 1955 das Historische Archiv Krupp seinen Sitz.
  • Zudem werden hier zwei Dauerausstellungen zur Geschichte des Unternehmens Krupp und zur Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung gezeigt.