Ab dem 17. Dezember 1965 soll alles anders sein: neu, anspruchsvoll, kreativ. Fernsehdirektor Werner Höfer verkündet ein neues Programm – das "Westdeutsche Fernsehen", kurz WDF. Es soll die regionale Berichterstattung in Nordrhein-Westfalen vertiefen, den gefürchteten "Bildungsnotstand" durch lehrreiche Programme vertreiben und mit neuen Sendungen experimentieren.
Fernsehdirektor Werner Höfer verkündete am 17. Dezember 1965 den Start. Das "Westdeutsche Fernsehen" sollte anders sein: anspruchsvoll, kreativ, lehrreich.
Das für "interessierte Minderheiten" konzipierte Programm sendet nächtliche Diskussionen mit unbegrenzter Sendezeit, experimentelle Spielfilme – und sogar 62 Folgen eines Russischkurses laufen in der Hochzeit des Kalten Krieges. Die Begleitbücher zur TV-Sprachschule sind nach zehn Tagen Zeit ausverkauft.
Der WDR erfindet die erste Sitcom
Die erste deutsche Sitcom: „Ein Herz und eine Seele“. Zuschauerinnen forderten Frau Tetzlaff dazu auf, sich von ihrem Mann, dem "Ekel Alfred" zu trennen.
Doch das WDF leidet unter dem Ruf, nur hoch gebildete Zuschauer anzusprechen. In den 70er Jahren wird das Programm daher umgestrickt: mehr Unterhaltung, aber nicht weniger innovativ. Mit Ein Herz und eine Seele hat die erste Sitcom ihre Premiere. Je später der Abend ist die erste Talkshow im deutschen Fernsehen. Glashaus kritisiert gnadenlos das eigene Programm, während die Sesamstraße eine Erziehungsdiskussion auslöst. 1979 traut sich der WDR im dritten Programm, was dem Ersten zu heikel ist: Die Ausstrahlung der umstrittenen amerikanischen TV-Serie Holocaust erreicht Millionen Zuschauer und löst in der Bundesrepublik eine Diskussion über die Verbrechen im Nationalsozialismus aus.
Erste Schritte im WDR: Biolek, Schmidt, von der Lippe
Der WDR als Talentschmiede: Harald Schmidt – hier 1994 mit Herbert Feuerstein in "Schmidteinander" fing im dritten Programm an, bevor er auch bundesweit Karriere machte.
Doch der WDR wirkt auch als Talentschmiede. Alfred Biolek, Harald Schmidt oder Jürgen von der Lippe begannen ihre Karrieren im dritten Programm. Auch ganze Sendungen wie der Rockpalast oder hart aber fair haben im WDR angefangen; dann erst die bundesweite Karriere. Bis heute gilt der WDR als Labor für innovative Sendungen, die später ins Erste aufrücken wie zuletzt die Markenchecks.
Der Siegeszug von Lokalzeit und AKS
Aufbruch ins Regionale: 1983 startet die "Aktuelle Stunde". Ein Jahr später kommen die "Regionalfenster" in Köln/Düsseldorf und Münster/Bielefeld dazu. Heute berichten elf Studios in eigenen Lokalzeiten aus ganz Nordrhein-Westfalen.
Spätestens seit den 80er Jahren ist das Westdeutsche Fernsehen keine Ergänzung mehr, sondern ein Vollprogramm – und soll jeden Winkel Nordrhein-Westfalens erreichen. Regionalisierung ist das Zauberwort, mit dem 1983 die Aktuelle Stunde startet. Ein Jahr später beginnen in Köln/Düsseldorf und Münster/Bielefeld noch stärker regional zugeschnittene Sendungen. Heute berichten elf Studios in eigenen Lokalzeiten – und die Aktuelle Stunde ist am Vorabend inzwischen Marktführer im deutschen Fernsehen.
Autor: Lothar Schröder
Redaktion: Adrian Lehnigk und Lena Brochhagen