Was fehlt Kindern, um richtig schwimmen zu lernen?

Stand: 07.09.2016, 17:50 Uhr

Bis zu 30 Prozent der Kinder in NRW sollen nach der Grundschule nicht ausreichend schwimmen können, stellte das Innenministerium fest. Dabei ist Schwimmuntericht im Lehrplan vorgesehen. Was fehlt den Kindern, um richtig schwimmen zu lernen?

Von Matthias Goergens

Als sichere Schwimmer gelten Kinder, die eine Prüfung zum Jugendschwimmabzeichen Bronze erfolgreich absolviert haben. Doch davon sind fast ein Drittel der Kinder nach der Grundschulzeit weit entfernt. Selbst der vorgeschriebene Unterricht scheint da wenig dran ändern zu können. Wir haben die Zuschauer der Aktuellen Stunde gefragt, woran es hapert beim Schwimmunterricht: Was fehlt den Kindern, um richtig schwimmen zu lernen?

1. Kommunen sparen, Schwimmbäder werden geschlossen

Kinder tauchen in einem Freibad

Einfach mal abtauchen? Geht oft nur noch im Spaßbad

In erster Linie fehlen die Schwimmbäder. Darauf weist Nina Neust auf der Facebook-Seite der Aktuellen Stunde hin: "In Spaßbädern lernen sie nur plantschen." Da stimmt Stefan Holzhauer zu: "Wenn Städte und Kommunen aufgrund klammer Kassen haufenweise Bäder schließen", sollte man sich über mangelnde Schwimmausbildung nicht wundern. "Mit finanzieller Unterstützung durch Land oder Bund hätte sicherlich die ein oder andere Schließung verhindert werden können; stattdessen wird jetzt lamentiert."

In vielen Kommunen Nordrhein-Westfalens bietet sich das gleiche Bild, so wie bei Melanie Steiniger in Hagen: "Hier gibt es gar kein normales Hallenbad mehr. Für die Kinder blöd, die schwimmen lernen möchten. Gibt nur das teure Westfalenbad!" Ein passendes Beispiel erlebt Marcus Stadel in Kamen-Heeren: "Erst schließt das Freibad, und jetzt ist auch noch die einzige und auch winzige Schulschwimmhalle in Gefahr."

2. Schwimmunterricht in den Schulen ist mangelhaft

Laut Lehrplan ist an Grundschulen pro Schuljahr mindestens eine Wochenstunde Schwimmunterrricht zu erteilen. Doch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft weist darauf hin, dass die Kinder mehr Zeit für Hinfahren, Umziehen und Zurückfahren verbringen, als im Wasser. Das bestätigt Yvonne Karych auf der Facebook-Seite der Aktuellen Stunde: Von einer 45-minütigen Schulstunde seien die Kinder "höchstens 20 Minuten im Wasser" gewesen.

Häufig mangelt es auch an qualifiziertem Personal, schreibt Heiko Fröhlich: "An den Schulen mit ihren dünnen Personaldecken hat man schon ein Problem damit, genügend Lehrer zu finden, die mitgehen können." Man brauche einen Sportlehrer mit DLRG-Schein und neuerdings brauche die andere Begleitperson einen Schein für die Rettungsfähigkeit - "das muss man erstmal an personellen Ressourcen haben".

3. Beim Schwimmen sind Eltern in der Pflicht

Für Barbara Fritzen ist das Schwimmen die "Aufgabe der Eltern und grob fahrlässig, wenn ein Schulkind nicht schwimmen kann". Schon alleine, weil beim Schulschwimmen wenige Lehrer oft auf Dutzende Kinder aufpassen müssten. "Wie soll da intensiver Schwimmunterricht stattfinden?" Beibringen durch die Eltern ist die Lösung, findet auch Heike Freistuehler: "Ich habe das Schwimmen von meinen Eltern gelernt, mein Sohn hat es von meinem Mann und mir gelernt und anschließend in einem Schwimmkurs ausgebaut. Man muss nicht immer alles auf andere abschieben."

Die Realität sehe leider anders aus, schreibt Simone Zapla auf der Facebook-Seite der Aktuellen Stunde: "Eltern haben teilweise mehrere Jobs, damit sie überleben. Mehr Zeit? Kann sich nicht mehr jeder leisten." Vielleicht aber doch, wenn man dem Ansatz von Nina Bosch folgt: "Weniger Handy, Computer, TV und öfter mal ins Schwimmbad. Dafür muss man mal vom Sofa runter."

4. Externe Schwimmkurse sind überfüllt und zu teuer

Was Nicole Vetten an der Schwimmausbildung für Kinder fehlt? Das drückt sie knapp, aber auf den Punkt gebracht aus: "Bezahlbare, erreichbare und nicht vollkommen überlaufene Schwimmkurse." Und die sollten von Schwimmlehrern geleitet werden, nicht von Praktikanten. Lange Wartelisten und zu wenige Kurse beklagt auch Jutta Niekamp: "Die Wartelisten für die noch stattfindenden Kurse sind sehr lang und manche Eltern können sich das zeitlich und/oder finanziell gar nicht leisten."

Ganz kurios verlief die Sache mit der Warteliste bei Kathy Kowol: "Mein großer Sohn stand auf der Warteliste für einen Kurs für Kinder von drei bis sechs, ich hab ihn mit knapp drei auf die Warteliste setzten lassen und als er dann einen Platz hätte haben können, war er bereits fast sieben und konnte nicht mehr am Kurs teilnehmen." Preisgünstig ist anders, schreibt Sonja Grunewald, "und wenn man so einen Kurs buchen möchte, muss man für ein paar Stündchen tief in die Tasche greifen und auf einen Platz mega lange warten!"