Pressefreiheit im Visier: Wie die AfD kritischen Journalismus bekämpft Monitor 23.11.2023 07:05 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste Von Véronique Gantenberg, Julia Regis

MONITOR vom 23.11.2023

Pressefreiheit im Visier: Wie die AfD kritischen Journalismus bekämpft

Die rechtsextreme AfD in Thüringen macht schon lange keinen Hehl mehr daraus, was sie von unabhängigem Journalismus hält: Kritische Journalisten werden mit Hass und Häme überzogen, ein MONITOR-Team sollte vom letzten Parteitag ausgeschlossen werden. Und bei AfD-Veranstaltungen oder Demonstrationen kommt es immer wieder zu Einschüchterungen bis hin zu tätlichen Angriffen.

Von Véronique Gantenberg, Julia Regis

Björn Höcke (AfD), 06.11.2023: „Jetzt liebe Freunde, jetzt liebe Freunde ist der Ernstfall offenkundig, jetzt sind wir in das Stadium des Vorbürgerkriegs eingetreten.“

Georg Restle: "Deutschland im Stadium des Vorbürgerkriegs. So sehen sie aus, die düsteren Fantasien eines rechtsextremen Parteiführers, der nächsten September in Thüringen die Macht übernehmen will. Guten Abend und willkommen bei MONITOR!

In Thüringen und anderswo scheint das immer weniger Menschen zu stören. Der Vorwurf Rechtsextremismus gehört für Björn Höcke und seine Anhänger mittlerweile fast schon zum guten Ton. Wer allerdings darauf hinweist, wie tief diese Partei in rechtsextremistische Netzwerke verstrickt ist, der gilt der AfD als Feind. Und das gilt in ganz besonderem Maße für Journalisten, die darüber berichten. Sie werden lächerlich gemacht, bedroht und ausgegrenzt. Zu beobachten erst wieder am letzten Wochenende, als die AfD in Thüringen unserem Team den Zugang zu ihrem Parteitag verwehrte, weil unsere Recherchen über die AfD der Partei ein Dorn im Auge sind. Aber es trifft längst nicht nur uns. Was diese Partei mit kritischem Journalismus und der Pressefreiheit insgesamt vorhat, das zeigen Ihnen jetzt Véronique Gantenberg und Julia Regis."

Parteitag der AfD-Thüringen am vergangenen Wochenende. Der rechtsextreme Landesverband um Björn Höcke schwört sich auf die Landtagswahl im kommenden Jahr ein; man träumt von der Machtübernahme. Kritische Journalisten sind da eher unerwünscht. Wir dürfen erstmal nicht rein. Dem Team von MONITOR wird der Zugang verweigert. Keine Akkreditierung. Die Begründung -Bei MONITOR könne

Zitat: "… überhaupt nicht mehr von einer journalistischen Berichterstattung die Rede sein …"

Ein Angriff auf die Pressefreiheit. Das sieht auch das Landgericht Erfurt so und urteilt, der Ausschluss von MONITOR sei ein klarer Verstoß gegen Grundrechte wie die Berichterstattungsfreiheit von Presse und Rundfunk und den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Wider Willen muss die AfD uns also auf ihren Parteitag lassen. Bei der Ankunft kommt uns der AfD-Bundestagsabgeordnete Jürgen Pohl entgegen:

Jürgen Pohl, AfD-Bundestagsabgeordneter: "Noch zwölf, noch zwölf Monate, dann hat Thüringen gewählt und wir kündigen den Rundfunk-Staatsvertrag. Den Witz wollte ich unbedingt heute reißen."

Reporterin: "Nur ein Witz oder meinen Sie das ernst?"

Jürgen Pohl, AfD-Bundestagsabgeordneter: "Das meine ich ernst!"

Eine Kampfansage an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – auch der Landesvorsitzende Björn Höcke macht deutlich, wie er kritische Berichterstattung in die Schranken weisen will.

Björn Höcke (AfD), Landesvorsitzender Thüringen: "Was passiert denn, wenn der Höcke dann Ministerpräsident wird? Kündigt er denn die Medien-Staatsverträge? Ja, das macht der Höcke dann, ja!"

Die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der Journalist Fabian Klaus von FUNKE Medien Thüringen befürchtet, das wäre nur der Anfang – beim Kampf der AfD gegen die Presse- und Meinungsfreiheit.

Fabian Klaus, Journalist, FUNKE Medien Thüringen: "Wenn ich also höre, dass als allererstes mit einem Björn Höcke als Ministerpräsident der Medienstaatsvertrag gekündigt wird, dann weiß ich, wo die Richtung hingeht mit Blick auf eine freie Berichterstattung. Dann fängt man bei den Öffentlich-Rechtlichen an und macht dann bei den Privatmedien möglicherweise weiter. Und das muss einen mit Sorge erfüllen."

Was die AfD unter Pressefreiheit versteht, konnte man in Thüringen sehr genau beobachten. Alle Medienvertreter wurden in einem eng abgesperrten Bereich platziert. Mit einer Ausnahme: Der extrem rechte Publizist Jürgen Elsässer wurde freudig empfangen.

Mann: "Endlich mal ein Pressevertreter den man gerne sieht!"

Pressefreiheit, nur für Kampfgenossen. Elsässers Kompaktmagazin wird vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Im Saal hat er sogar einen eigenen Stand. Man kennt sich, man schätzt sich. Auf der Bühne hingegen werden kritische Journalisten und der öffentlich-rechtliche Rundfunk zum Feindbild erklärt.

Daniel Haseloff, AfD Thüringen: "Wir haben genug von Indoktrination und dieser dauerhaften Propaganda."

Jörg Prophet, AfD Thüringen: "Zielscheibe der Propagandaabteilung, die dahinten sitzt."

Im Netz bricht sich der Hass ungehemmt seine Bahn. Etwa wenn es darum geht, wie man mit unserem Team auf dem Parteitag umgehen soll.

Zitat Twitter/X: "Am besten schikanieren, was das Zeug hält!" – "Kennzeichnungspflicht aller #WDRlinge. (…) Ein Securitycheck mit ausziehen bis auf die Unterwäsche." – "Medienschergen (…) werden dann eine Sonderbehandlung bekommen!"

Doch es bleibt schon lange nicht mehr nur bei Beschimpfungen. Plothen im Saale-Orla-Kreis – vor einer Woche hat der Journalist Peter Hagen hier von einem Bürgerdialog der AfD berichtet – zunächst verlief alles ruhig.

Peter Hagen, Reporter, Ostthüringer Zeitung: "Als ich rausgehen will, kam mir plötzlich jemand entgegen, pöbelte mich an: 'Du Ratte traust dich hierher.' Und im gleichen Moment kriege ich einen kräftigen Hieb auf den Hinterkopf und mir wird das Basecap gleich entrissen."

Aus dem Nichts wird der Journalist beschimpft und geschlagen. Geholfen wurde ihm nicht, sagt er. Als die Polizei kommt, ist sein Angreifer schon weg. Nach der Attacke will Peter Hagen nach Hause fahren.

Peter Hagen, Reporter, Ostthüringer Zeitung: "Vernahm dann beim rückwärts Ausparken ein merkwürdiges knisterndes Geräusch, bin dann nochmal ausgestiegen."

Er stellt fest: Alle Reifen wurden mit Schrauben durchbohrt. Der zweite Angriff gegen ihn an diesem Abend – und die Angst vor weiteren.

Peter Hagen, Reporter, Ostthüringer Zeitung: "Man ist erst mal völlig erschrocken. Ja, also ich habe nicht damit gerechnet. Und dann ist der nächste Moment, dass man natürlich erst mal schaut, kommt jetzt noch mehr? Baut sich hier was auf?"

Die AfD weist jede Schuld von sich. Tatsächlich werden Journalisten und Medien immer öfter Opfer von Gewalt. 2022 hat die Organisation Reporter ohne Grenzen 103 Angriffe dokumentiert, 87 davon geschahen in einem verschwörungsideologischen, antisemitischen oder extrem rechten Kontext. Und die Täter?

Christian Mihr, Geschäftsführer, Reporter ohne Grenzen Deutschland: "Wir sehen, dass viele von den Gewalttätern, die wir erfasst haben, auch Mitglied dieser Partei AfD sind. Und wir sehen, dass es eine Rhetorik, eine medienfeindliche Hetze sehr oft gibt, die sowas möglicherweise auch begünstigen kann."

Die Angriffe bei der AfD-Veranstaltung – sie haben bei Peter Hagen Spuren hinterlassen.

Peter Hagen, Reporter, Ostthüringer Zeitung: "Das macht schon was, klar. Ja, es ist so.

Reporterin: "Aber Sie wollen weitermachen?"

Peter Hagen, Reporter, Ostthüringer Zeitung: "Ja, ich sag ja, wenn wir dort aufhören, wo uns gerne andere aufhören sehen wollen, dann wird man einen großen Fehler machen."

Georg Restle: "Hut ab vor solchen Kollegen. So viel sollte mittlerweile jedem im Land klar sein, mit Meinungsfreiheit meinen AfD-Politiker zuallererst die Freiheit ihrer eigenen Meinung, nicht die der Andersdenkenden."

Startseite Monitor

Kommentare zum Thema

  • Sigi CH. 24.11.2023, 11:12 Uhr

    Man muss sich erst mal fragen, was ist die AfD? Die AfD ist eine Frust Partei sie hat viel Zulauf (Ost u. West) von Leuten die auf gut deutsch gesagt, die Schnauze voll haben von der Flüchtlings Politik der Regierung. Aber es ist ja nicht nur bei uns so, auch in Italien und jetzt sogar in Holland ist es so. Die Leute wollen dass nicht mehr, aber die Politiker (SPD, Grüne) wollen einfach nichts unternehmen. Würde endlich etwas getan, dann währe die AfD nur noch Geschichte.

  • Helga Dirsch 24.11.2023, 07:03 Uhr

    Wie man bis jetzt mit der ALTERNATIVE FÜR DEUTSCHLAND UMGEGANGEN IST, SPRICHT WEDER FÜR EINE OBJEKTIVE BERICHTERSTATTUNG NOCH FÜR EINEN FAIREN UMGANG MIT MENSCHEN‼️ DIE BEZEICHNUNG RECHTSEXTREM DIENT NICHT MEHR DER ANFEINDUNG DIESER PARTEI, SONDERN FÖRDERT EHER DAS WACH WERDEN DER BÜRGER‼️‼️‼️ WURDE ÜBER DAS CORONA SYMPOSIUM IM BUNDESTAG BERICHTET⁉️ WIRD EIN AFD POLITIKER IN TALK SHOWS, WIE EIN GRÜN POLITIKER BEHANDELT⁉️ ICH DENKE ES WIRD ZEIT VOR DER PRESSE TÜR ZU FEGEN, UM WIEDER DIE MENSCHEN ZU INFORMIEREN, NICHT ZU REGLEMENTIEREN‼️‼️‼️

  • Stefan W. 24.11.2023, 00:22 Uhr

    Bitte wer würde sich Gäste ins eigene Haus einladen, die nur eine Intention haben, den Gastgeber diffamieren?