Ortsschild der Gemeinde Hanf, Stadt Hennef (Sieg)

Welche Ortsschilder in NRW gern geklaut werden

Rhein-Sieg-Kreis | Verbrechen

Stand: 09.05.2024, 10:02 Uhr

Der kleine Ort Hanf im Rhein-Sieg-Kreis hat einen kuriosen Namen - und damit auch eine Bürde: Denn immer wieder werden hier Ortsschilder geklaut. Ein Problem, das noch mehr Orte in NRW haben.

Von Hanna Makowka

"Auf dem Nachhauseweg habe ich versucht, das Schild unter meinem T-Shirt zu verstecken. Das war nicht besonders unauffällig, aber wir waren betrunken und es war uns egal", sagt Marvin Schneider. Der 24-Jährige, der seinen echten Namen lieber nicht veröffentlichen möchte, war vor einigen Jahren mit Freunden auf einem Weinfest.

Gegen 23 Uhr entschied er sich, ein offizielles Schild abzuschrauben. "Da hing ein Schild auf dem 'Festbetrieb' stand - und das fand ich lustig", erinnert sich Marvin Schneider. Vereinzelt seien Menschen vorbeigegangen, Angst erwischt zu werden, hatte er trotzdem nicht.

Ein geklautes "Festbetrieb"-Schild auf einem Balkon

Das geklaute Schild auf Schneiders Balkon

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In diesen NRW-Gemeinden werden häufig Schilder geklaut

Schneider ist bei weitem nicht der Einzige, der Schilder klaut. Besonders Ortsschilder werden in NRW immer wieder abgeschraubt: "Die gelben Schilder am Ortseingang sind leider beliebte Souvenirs", sagt Sven Johanning vom Landesbetrieb Straßen.NRW. Wie viele Schilder pro Jahr gestohlen werden, ist nicht bekannt. Die Zahlen werden nicht zentral gesammelt und jede Kommune ist für die eigenen Schilder selbst zuständig.

Rüdiger Wiegel vom Baubetriebshof über den Schilderklau

00:24 Min. Verfügbar bis 09.05.2026

Doch die meisten Schilder werden vermutlich in Hanf geklaut. Die kleine Gemeinde, die zur Stadt Hennef und zum Rhein-Sieg-Kreis gehört, hat ein richtiges Problem. Allein im Jahr 2022 wurde eines der Ortsschilder mit dem Schriftzug Hanf 18 Mal entwendet, so die Stadt. Mittlerweile hat sie schon Maßnahmen ergriffen, um den Schilderklau zu stoppen. Die neu aufgestellten Schilder werden jetzt fest mit dem Rahmen verschweißt, sodass das Schild nicht mehr so leicht aus dem Rahmen gelöst werden kann.

Offenbar haben auch die NRW-Orte Schnabernack im Rhein-Sieg-Kreis sowie Habenichts im Rheinisch-Bergischen Kreis eine besondere Anziehungskraft auf Schilderdiebe. In Rees und der zugehörigen Ortschaft Mehr werden etwa alle zwei Monate Ortsschilder gestohlen. Die Stadt gibt an, verschiedene Maßnahmen ausprobiert zu haben, jedoch: "Gegen den unbedingten Menschenwillen hat keine Sicherungsmaßnahme geholfen", heißt es. Aber warum werden diese Schilder überhaupt geklaut?

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Warum macht man das?

"Das war spontan. Ich fand das Schild einfach mega cool und wollte auch irgendwie immer mal ein Schild für zu Hause haben", erzählt Schneider. Ein bisschen sei es für ihn auch ein Souvenir vom Weinfest gewesen.

Er selbst hat zwar kein Ortsschild geklaut, aber ein guter Freund – Jan Hoffmann, dessen echter Name ebenfalls anders lautet. "Ich war damals 15", meint der heute 23-Jährige. "Der Ort, in dem ich das Schild geklaut habe, heißt genauso wie ein Freund mit Nachnamen." Deshalb seien sie auf die Idee gekommen, das Schild abzuschrauben. Dafür sei Hoffmann mit ein paar Freunden damals nachts in den Ort gefahren, um das Schild für ihn zu stehlen. Das Schild hänge noch immer in der Wohnung des Freundes, meint Hoffmann.

Wer für die eigene Wohnung oder als Geschenk ein Schild im Look eines Ortseingangsschildes mit einem bestimmten Schriftzug haben will, der kann das im Internet bestellen. Auf die Idee sei Hoffmann damals nicht gekommen.

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Ohne Ortsschilder drohen Unfälle

Das Entwenden von Schildern ist keine Bagatelle: "Es handelt sich um eine Straftat", sagt Isabell Strietholt von Straßen.NRW. Gibt es kein Schild, dass den Ortseingang oder -ausgang signalisiert, kann das außerdem gefährlich für die Verkehrsteilnehmer werden: Das Ortseingangsschild signalisiert beispielsweise, dass ab diesem Punkt maximal 50 Kilometer pro Stunde gefahren werden dürfen, daneben aber auch, "dass Verkehrsteilnehmer mit veränderten Verkehrssituationen rechnen müssen wie Kreuzungen oder Parkplatz suchende Fahrzeuge."

Abgesehen von der Gefahr im Straßenverkehr verursacht der Schilderklau auch jede Menge Kosten – "circa 150 Euro inklusive Montage", so Strietholt. Wie viel genau ist von Stadt zu Stadt unterschiedlich. Hennef gibt beispielsweise an, dass ein neues Schild 100 Euro kosten würde. In Rees lägen die Kosten laut Stadt pro Schild mit Montage bei 250 Euro.

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Beliebte Ortsschilder außerhalb von NRW

Nicht nur in NRW gibt es Probleme mit geklauten Schildern. In Wacken wird einmal im Jahr ein großes Musikfestival ausgetragen – und einige Festivalbesucher wollten scheinbar nicht ohne spezielles Souvenir nach Hause gehen. Deshalb werden die Schilder hier schon seit einigen Jahren eingeschweißt, statt angeschraubt. Bisher ist diese Methode erfolgreich.

Diese Schilder sind bei Dieben beliebt:

Fotogalerie:

Ortseingangsschild von Habenichts, Ortsteil der Stadt Wermelskirchen, Rheinisch-Bergischer Kreis

Das Ortseingangsschild von Habenichts, Ortsteil der Stadt Wermelskirchen im Rheinisch-Bergischen Kreis, ist bei Schilderdieben beliebt.

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Das Ortseingangsschild von Habenichts, Ortsteil der Stadt Wermelskirchen im Rheinisch-Bergischen Kreis, ist bei Schilderdieben beliebt.

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Für seinen Namen ist dieser Ort in Österreich über die Landesgrenzen hinaus bekannt - auch bei Schilderdieben. Mittlerweile hat sich der Ort in Fugging umbenannt.

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Auch der Ort Schabernack im Rhein-Sieg-Kreis steht bei Schilderdieben auf der Liste.

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In Wacken musste die Stadt schon eine andere Befestigungsmethode nutzen, um Festivalbesucher und andere Schilderdiebe davon abzuhalten, das Ortseingangsschild als Souvenir zu entwenden.

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Das niedersächsische Hodenhagen, Luschendorf in Schleswig-Holstein, Süßen in Baden-Württemberg und Oberkaka in Sachsen-Anhalt kämpfen ebenfalls mit Schilderklau.

Bürgermeister Marc Kersting über die Anziehungskraft von "Süßen"

00:19 Min. Verfügbar bis 09.05.2026

Auch im Nachbarland Österreich machen Diebe nicht vor Ortsschildern halt. Das ging sogar so weit, dass sich die Gemeinde Fucking wegen zu vieler gestohlener Schilder und damit verbundenen Problemen 2021 umbenannt hat und jetzt Fugging heißt.

Und was ist mit Schneider und Hoffmann? Würden sie nochmal Schilder abschrauben? "Das war damals einfach lustig, aber auch total unnötig", meint Hoffmann. Weder er noch Schneider hätten darüber nachgedacht, was für Auswirkungen ein fehlendes Ortsschild haben kann: "Man denkt in dem Moment: Es ist ja irgendwie nur so ein dünnes Metallschild, das hat ja auch kaum einen Wert." Mittlerweile denken die beiden anders. Heute würden beide kein Schild mehr stehlen.

Schneider hatte sogar direkt nach dem Diebstahl vor ein paar Jahren überlegt, sein Festbetriebs-Schild per Post an die Stadt zurückzuschicken. "Aber dann hatte ich Angst, dass die das irgendwie auf mich zurückführen können." Deshalb hat er das gelassen. Mittlerweile hängt das Schild bei ihm auf dem Balkon. "Ich bin schon zwei Mal umgezogen, aber das Schild ist immer dabei."