Ein Polizeibeamter in grün-blauer Uniform der einen Mann mit Bart umarmt. Neben ihm eine weitere Polizeibeamte

Vernetzt gegen den Hass: Wie Moscheen der Polizei in Euskirchen helfen

Euskirchen | Verbrechen

Stand: 22.11.2024, 08:14 Uhr

Wenn Polizei und Islam in einem Satz vorkommen, geht bei manchen das Kopfkino los. Dass es auch anders geht, zeigen sogenannte Kontaktbeamte der Polizei. In Euskirchen erfüllt Roger Kath den Job mit großer Leidenschaft. Warum seine Arbeit so wichtig ist.

Von Tobias Al Shomer

"Hallo, schön, dass Ihr alle da seid", sagt Roger Kath und umarmt den Vorsitzenden der Ditib-Gemeinde im Euskirchener Stadtzentrum Hasan Ögüt. Die Moschee liegt ein wenig versteckt in einem Innenhof. Davon lässt Kath sich nicht beirren. "Das ist eine Glaubensgemeinde wie jede andere auch", sagt er und geht auf einen Holztisch zu, an dem vier Moschee-Besucher sitzen. Mit breitem Lächeln schüttelt er jedem einzeln die Hand. Der Umgang miteinander ist vertraut. In der Ditib-Gemeinde hier ist der 60-Jährige bekannt und beliebt, auch wenn er nie selbst zum Beten herkommt. Kath ist beruflich hier, seit fünf Jahren ist er Kontaktbeamter bei der Polizei Euskirchen für muslimische Gemeinden.

Euskirchen: Der Polizist mit dem Händchen für religiöse Angelegenheiten

Seit Ende 2004 gibt es bei der Polizei in NRW Kontaktbeamte für muslimische Gemeinden. Insgesamt sind es im Bundesland rund 70. Sie sollen Radikalisierung erkennen und entgegenwirken. Doch die Terror-Prävention ist heute längst nur ein Ziel von vielen. Kath ist inzwischen Ansprechpartner für alle Glaubensgemeinden, nicht mehr nur muslimische. Seit einem Jahr verdeutlicht das auch seine angepasste Berufsbezeichnung: Kontaktperson für interkulturelle und -religiöse Angelegenheiten.

Zwei Männer mit grauen Haaren und Bart. Einer davon trägt eine Polizeiuniform. Im Hintergrund steht eine weitere Beamtin und zwei Männer

Die Polizisten Roger Kath und Heike Schüler beim gemeinsamen Teetrinken vor der Moschee

Beim gemeinsamen Teetrinken vor der Moschee lachen Kath und Ögüt viel zusammen. Hier besteht ein Vertrauensverhältnis, auf das sich später auch Heike Schüler verlassen können soll. Denn Kath ist an diesem Tag nicht allein unterwegs. Die Frau neben ihm auf dem Innenhof, Beamtin Heike Schüler, soll seine Nachfolgerin werden. Im Frühjahr geht der 60-Jährige in den Ruhestand. Bei ihrer Einarbeitung beobachtet sie den Umgang von Kath mit den Gemeindemitgliedern genau. Zuerst sei sie unsicher gewesen, wie sie als Frau aufgenommen werden würde. Bislang zu Unrecht, wie Schüler erzählt.

Heike Schüler über ihre anfängliche Unsicherheit

00:12 Min. Verfügbar bis 23.11.2026

Wenn die beiden muslimische Gemeinden besuchen, geht es darum, Vertrauen aufzubauen, zu netzwerken, sagt Kath. Die Polizei soll als Ansprechpartner bekannt sein. Nicht nur bei Problemen sei das wichtig, so Kath. Auch um Themen wie den Anstieg der Messerangriffe anzusprechen. "Hier kommen die Moscheen ins Spiel, die mir helfen, unser Problem zu transportieren." Sie seien wichtige Multiplikatoren, um Regeln und Werte zu vermitteln.

Was ist Ditib?

Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) ist der größte islamische Dachverband in Deutschland und eng mit der türkischen Religionsbehörde Diyanet verbunden. Der Verband vertritt über 900 Moscheegemeinden in Deutschland. Ditib bietet religiöse und soziale Dienste an, ist aber wegen der Nähe zur türkischen Regierung und politischer Einflussnahme nicht unumstritten.

Die beiden Polizeibeamten sind unterwegs zur nächsten Moschee. Während sie durch die Euskirchener Innenstadt laufen, kommen sie nur langsam voran. Kath ist inzwischen als Ansprechpartner bekannt - genau, wie es in seiner Position sein soll.

Gut vernetzt sein ist alles

Bei der nächsten Moschee gehen sie auch in die Gebetsräume. Sie ziehen ihre schwarzen Sicherheitsschuhe aus und stellen sie vor die Tür zwischen die anderen Sneaker und Anzugschuhe. Die gelben Warnwesten der Polizisten beißen sich mit dem roten Teppich im Inneren. Auch in dieser Moschee war Kath schon häufig, begrüßt viele mit Handschlag. So willkommen ist er nicht überall.

Ein Mann mit Bart in blauer Polizeiuniform. Daneben eine Frau mit braunen Haaren ebenfalls in Uniform.

Roger Kath und seine Nachfolgerin Heike Schüler

Denn nicht alle Gemeinden kooperieren. Manche wollen nichts mit der Polizei zu tun haben. Auch wenn nicht alle mitmachen - inzwischen ist Kath gut vernetzt, auch in andere Städte. Das kann bei seiner Arbeit sehr praktisch sein. Einmal hat er aus einer anderen Behörde einen Tipp bekommen: Ein salafistischer Hassprediger würde sich als Prediger für das Freitagsgebet bei Moscheen im Kreis Euskirchen andienen. Kath warnt die Gemeinden vor dem Prediger und keine lädt ihn ein, berichtet Kath ein wenig stolz.

Roger Kath über den verhinderten Auftritt eines Hasspredigers

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Über die Moschee-Gemeinden suchen die Kontaktbeamten auch den Austausch mit Geflüchteten. Viele hätten aus ihrer Heimat ein sehr schlechtes Bild von der Polizei, so Kath. Seine Aufgabe sei es auch, über die Polizeiarbeit in Deutschland aufzuklären und so das negative Bild zu korrigieren. 

Über dieses Thema haben wir auch am 18.11.2024 im WDR Fernsehen berichtet: WDR Lokalzeit aus Bonn 19:30 Uhr.