Alles verkaufen und weg: Familie geht auf Weltreise

Münster | Unterwegs

Stand: 21.03.2025, 16:49 Uhr

"Wir verkaufen fast alles, was wir haben. Das Auto ist schon weg. Unser Haus wird vermietet, das muss sich jetzt leeren. Der ganze Hausrat, die Möbel, tausende Kleinigkeiten. Hoffentlich kauft jemand was", sagt Nelli Taheri. Die 29-Jährige stellt gerade noch große Kartons mit Babyklamotten auf einen der vielen Tische im Garten. Ihr Mann, Kassra Taheri, kommt dazu, ebenfalls mit einem großen Karton unterm Arm. "Wir haben so einen Hausflohmarkt noch nie gemacht. Heute Morgen fiel uns erst ein, dass wir natürlich auch Wechselgeld brauchen. Haben schnell Verwandte und in einer Spielothek gefragt", sagt Kassra Taheri und lacht. Gleich um 10 Uhr sollen die ersten Flohmarktbummler kommen.

Familie will mit Kindern auf Weltreise

Aufregung oder gar Angst vor der großen Reise, die immerhin mindestens ein Jahr dauern soll, sind den beiden nicht anzumerken. Bis jetzt. Aber eine größere Portion Lockerheit muss man vielleicht auch haben, wenn es mit den zwei kleinen Söhnen um die Welt geht.

Kian und Nick sind ein Jahr und drei Jahre alt. Sie werden in nächster Zeit indisch essen, das Taj Mahal sehen und in den warmen Buchten von Sri Lanka baden. Und danach? "Mal gucken. Die genaue Route planen wir absichtlich nicht. Wo es uns gefällt, bleiben wir länger. Wo nicht, da nicht." Auf jeden Fall soll es irgendwann noch in ihr Traumland Japan gehen.

Nelli Taheri ist in Elternzeit, arbeitet sonst im Krankenhaus in Münster. Ihr Mann ist selbstständiger Softwareentwickler. Er will von unterwegs ganz normal weiterarbeiten: "Ich brauche für meinen Job nur meinen Laptop und Internet. Und Internet ist wirklich überall besser als in Deutschland."

Die ersten Nachbarn sind jetzt da. Der ein oder andere schaut, ob er ein Schnäppchen machen kann. Ein älteres Ehepaar will wissen, wie das alles bei Kassra Taheri beruflich funktionieren soll. Er erzählt von einer Bootstour vor einigen Jahren im Golf von Thailand. Außer weit und breit Wasser sei nichts mehr zu sehen gewesen, aber das mobile Internet "stabiler als in so mancher Ecke im Münsterland".

Lange Zeit nur Traumvorstellung

Eine spontane Idee ist die Reise nicht. Seit Jahren wünschen sich die beiden, mehr von der Welt zu entdecken. "Wir wollen fremde Kulturen, den Alltag woanders wirklich erleben. Nicht nur als Touristen", sagt Nelli Taheri und ergänzt, dass vor allem das Alter der Kinder ihnen in die Karten spielt: "Das hat den Vorteil, dass sie noch keine festen Freundeskreise haben in der Schule oder im Kindergarten. Wenn wir es jetzt nicht machen, dann vielleicht nie."

Mittlerweile sind Babysachen, Auflaufformen, ein Trockner und sogar ein Tischkicker weggegangen. "Ein paar hundert Euro haben wir heute schon zusammen bekommen", sagt Kassra Taheri. 

Übergangsweise zieht das Paar mit den Kindern nach Lippstadt, in die Nähe von Nelli Taheris Eltern. Dort soll es im Juni noch eine große Abschiedsparty geben, mit DJ und über hundert Leuten. Denn immerhin zwei Jahre könnten es werden, die sie unterwegs sein wollen.

"Jetzt, wo das Haus so leer ist, wird einem tatsächlich ein wenig mulmig. Aber es steht sowas Fantastisches an, da fällt der Abschied von unserem Zuhause nicht so wahnsinnig schwer", sagt Kassra Taheri. Ein paar Wochen sind es noch bis zur Abreise. Ihre ganzen Sachen sind sie heute zwar nicht losgeworden, aber "sehr frei fühlt man sich, wenn man auf einmal zum Beispiel keine eigene Küche mehr besitzt." Anfang August soll es dann losgehen. Erster Kontinent: Asien.

Über dieses Thema berichten wir am 04.04.2025 auch im WDR-Fernsehen: Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.