"Niklas, ich sehe die Nordsee", ruft Daniel Buschatz. Der 45-Jährige joggt über den Deich auf die Küste zu. Niklas ruft freudig aus und der Wind pfeift. Er hat bereits hunderte Kilometer zurückgelegt und mit den letzten Metern erfüllt er Sohn Niklas ein Versprechen, das fast genauso alt ist, wie der 13-Jährige selbst. "Irgendwann fahren wir zusammen ans Meer", flüsterte der Vater damals Niklas ins Ohr. Da lag der neugeborene Niklas auf der Kinderintensivstation.
Bei der Geburt von Niklas gab es Komplikationen, er musste früher geholt werden. Niklas hatte schon als Baby immer wieder Anfälle. Erst später diagnostizieren die Ärzte Epilepsie. Durch die Krankheit hat sein Gehirn schon mehrfach zu wenig Sauerstoff bekommen. Schätzungsweise sind jährlich zwei bis vier Neugeborene pro 1000 Geburten in Deutschland von Sauerstoffmangel vor oder unmittelbar nach der Geburt betroffen.
Gute Stimmung auf dem Weg
Auf dem Weg zum Meer ruft der Vater immer wieder freudig aus. Niklas Augen sind voll funktionsfähig, aber die Signale können nicht ans Gehirn übermittelt werden. Blindheit ist eine der möglichen Folgen bei schweren Hirnschäden durch Sauerstoffmangel. Wie viel Niklas von seiner Umgebung wahrnimmt, ist nicht klar, aber Daniel Buschatz ist sich sicher: "Er nimmt die ganze gute Stimmung wahr, alles was mit Natur zu tun hat, mit Emotionen, wenn ich glücklich bin." Seine Beweglichkeit ist ebenfalls stark eingeschränkt, Niklas nutzt einen Rollstuhl.
In dem Fall einen Jogger-Rollstuhl, den sein Vater 359 Kilometer von Neukirchen-Vluyn bis nach Norddeich geschoben hat. Jeden Tag etwa 20 bis 30 Kilometer in 13 Etappen aufgeteilt. Dabei hat er nicht nur Wechselklamotten und Lebensmittel für sich und seinen Sohn, sondern auch jede Menge Gepäck für die Versorgung von Niklas. Bei dem 13-Jährigen muss nachts ständig beobachtet werden, ob Sauerstoffsättigung und Herzfrequenz okay sind.
Versprochen ist versprochen
Viel kann schiefgehen: Vater Buschatz kann sich verletzen, der Rollstuhl kann kaputtgehen, die Suche nach barrierefreien Unterkünften ist nicht leicht und Niklas könnte einen Anfall kriegen. Warum also die Reise auf sich nehmen? Mit ihrer Reise sammeln sie Spenden. Die gehen an das Kinderhospiz Bethel, das sich gelegentlich um Niklas kümmert. Und eben noch dieses eine Versprechen, das Daniel Buschatz vor knapp 13 Jahren seinem Sohn Niklas gegeben hat - und das hat er nach 359 Kilometern und zwei Wochen eingelöst.
Über dieses Thema haben wir auch am 17.10.2024 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Duisburg, 19.30 Uhr