Schluss mit Marienkäfer-Mythen: Wie eine ungewöhnliche Sammlung aufklärt

"Den kleinen noch ein wenig weiter nach rechts", ruft Ludwig Erbeling seinem Helfer zu. Die beiden Männer sortieren gerade Marienkäfer-Spielzeugpuppen der Größe nach auf einem Regal über der Tür. "Und den vielleicht hier in die Ecke", sagt der 70-Jährige und legt einen kleinen roten Teppich in Marienkäferform auf den Boden.

Plettenberg: Marienkäfer als Lebensthema

Alles in den Vitrinen im Raum ist in Rot und Schwarz. Fliegenklatschen, Flaschenöffner, Parfumflakons oder Stöpsel fürs Waschbecken. Es gibt nichts, was es nicht in Marienkäferoptik gibt. "Wärmflaschen, Flipflops, sogar Trauerkarten", erzählt Erbeling. Er selbst trägt einen roten Pullover mit Marienkäfern darauf.

Erbeling ist promovierter Biologe. Insekten begleiten ihn bereits sein ganzes Leben, vor allem die Marienkäfer. "Mein Vater hat sich mit Schmetterlingen beschäftigt. Aber Schmetterlinge waren mir zu langweilig. Da gab es zu wenig." Also stieg Erbeling auf die für ihn spannenderen Käfer um und blieb dabei. Alleine in einem Naturschutzgebiet in Plettenberg hat er in seinem Forscherleben zwanzig verschiedene Arten gefunden. Mit der Marienkäfer-Ausstellung im Heimathaus in Plettenberg im Märkischen Kreis will er Besuchern zeigen, wie spannend und vielfältig Marienkäfer sein können.

Nicht jeder Marienkäfer bringt Glück

1200 Ausstellungsstücke stehen deshalb im Heimathaus in Plettenberg. Alle gehören Erbeling. Noch mehr ungewöhnliche und besondere Ausstellungen in NRW findest du übrigens hier. "Meine Frau hat gesagt, ich soll die bloß nicht wieder mitbringen", sagt der 70-Jährige und schmunzelt. Die komplette Sammlung des Plettenbergers ist sogar noch größer. Sie umfasst rund 2500 Exemplare. "Irgendwann hat mir mal jemand einen Schokoladenkäfer mitgebracht, weil ich mich ja beruflich damit beschäftige. Dann kam der nächste und brachte auch einen mit. So wurde das zum Selbstläufer."

Weltweit gibt es 6000 verschiedene Marienkäferarten, aber nur wenige davon gelten als Glücksbringer. Um Glück zu bringen, muss der Käfer sieben Punkte auf dem Rücken haben, erklärt Erbeling. "Die sieben ist schon seit dem Mittelalter eine heilige Zahl. Die sieben Weltmeere, sieben Öffnungen hat unser Kopf für die Sinnesorgane, der siebenarmige Leuchter im Judentum", zählt er auf.

Dass die Zahl der Punkte das Alter des Käfers verrät, wie es der Volksmund erzählt, sei Quatsch. Die Punktezahl ist genetisch festgelegt. Der Rekordhalter hat 22 Punkte auf dem Rücken. Aber auch dieser kleine Krabbler hat die gleiche Lebenserwartung wie seine weniger gepunkteten Kollegen. Die meisten Arten erleben nur einen Sommer, nur ganz wenige leben ein oder sogar zwei Jahre.

Wann ein Marienkäfer den Biologen wütend macht

Meist kann Erbeling über die Verniedlichung seiner Lieblingstiere als Spielzeug und Gebrauchsgegenstand schmunzeln. Manchmal wird der sonst eher ruhige Biologe aber auch richtig sauer. Etwa, wenn Plüschkäfer nur vier oder gar acht Beine haben: "Insekten haben nun mal sechs Beine." Oder wenn in Kinderbüchern und Werbung große und kleine Tiere zusammen als Eltern und Kinder dargestellt werden.

Eigentlich empfinden die meisten Menschen Insekten und Krabbeltiere eher als abstoßend. Warum ausgerechnet der Marienkäfer so beliebt ist? "Das liegt vermutlich an der Tatsache, dass er hübsch aussieht und den Menschen an sich selbst erinnert: Er ist faul, gefräßig und vermehrt sich oft und viel", sagt der ehemalige Lehrer mit einem Augenzwinkern.

Einen Wunsch hätte Erbeling allerdings noch für seine Sammlung: Einen echten VW-Käfer. Das Auto. Natürlich in rot mit Punkten. Das dürften dann auch mehr als sieben sein.

Über dieses Thema haben wir am 02.01.2025 auch im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Südwestfalen, 19.30 Uhr.