Ein Streifzug durch Mönchengladbach: Das Prinzip der kurzen Wege

Mönchengladbach | Unterwegs

Stand: 27.07.2023, 10:01 Uhr

Nicht für jeden ist Mönchengladbach Liebe auf den ersten Blick. So ging es zuerst auch Julia Esser. Inzwischen weiß sie: Besonders um den Hans-Jonas-Park und das Münster herum lädt die Stadt zum Spazieren und Verweilen ein.

Von Daniel Dammann (Text) und Inga Drews (Multimedia)

Frisch geharkter Kies, weitläufige Rasenflächen, der Blick auf das malerisch gelegene Münster auf dem Abteiberg wird flankiert von Skulpturen und Kunstinstallationen. Einer der berühmtesten Söhne der Stadt blickt auf die umherschreitenden Besucher herab. Die Statue des Philosophen Hans Jonas ist schon von weitem sichtbar. Wer vor ein paar Jahren durch den Hans-Jonas-Park in Mönchengladbach flaniert ist, erkennt ihn heute kaum wieder.

Über ein Jahr wurde hier gebaggert, gewerkelt, gestaltet und begrünt. Es ist ein Kleinod aus Natur und Kultur mitten im Herzen der größten Stadt am linken Niederrhein geworden. Nur ein Steinwurf entfernt von der Einkaufsstraße Hindenburgstraße und der Ausgehmeile auf der Waldhausener Straße.

Aus Alt mach Neu

Julia Esser (27) studiert Kunstgeschichte und ist eingefleischte Mönchengladbacherin. Sie liebt ihre Stadt und ihren Hans-Jonas-Park. Sie kennt den Park auch noch aus Zeiten, bevor dieser umgestaltet wurde. "Der Park war verwildert, viel Gestrüpp, es gab auch keine Beleuchtung. Man hat sich nicht wohlgefühlt," sagt Esser. Doch das hat sich mittlerweile völlig verändert. Akkurat gestutzt der Rasen, hell und freundlich die Gehwege. Besucher bleiben an den Kunstwerken stehen.

Für Julia Esser war Mönchengladbach Liebe auf den zweiten Blick | Bildquelle: WDR

Wie zum Beispiel die Installation aus alten Elementen des städtischen Hallenbads. Hier hat der Künstler aus Rohren der Klimaanlagen ein mehrere Meter hohes Ensemble gefertigt, das neben dem rein künstlerischen Aspekt durch Sitzflächen auch einen recht praktischen Nutzen aufweist.

Liebe auf den zweiten Blick

Direkt angrenzend zum Park befindet sich das prachtvolle Haus Erholung. 1861 wurde es als prachtvolles Gesellschaftshaus im Stile des Klassizismus errichtet und ist heute eine beliebte Eventlocation. Auf der Speisekarte des dazugehörigen Biergartens tummelt sich ein Mix aus klassischen Biergartengerichten und Streetfood.

Haus Erholung Mönchengladbach 00:16 Min. Verfügbar bis 25.07.2025

Esser gibt zu, dass ihre Liebe zu diesen Orten und der Stadt erst auf den zweiten Blick entstand. "In der Corona-Zeit, als man nicht reisen konnte, habe ich mir ein Fahrrad gekauft und die Gegend erkundet. Da musste ich feststellen, dass es hier sehr sehr viele schöne Ecken gibt."

Einen Steinwurf weiter, gleich hinter dem Haus Erholung, liegt der Skulpturengarten. Er gehört zum Museum Abteiberg, der Eintritt ist frei. Hier steht Essers absolutes Lieblingskunstwerk. Ein gut sechs Meter hoher massiger Ring aus Stahl des italienischen Bildhauers Mauro Staccioli. "Es ist mein Lieblingsstück, weil dieses Kunstwerk den Initialbau der Stadt, das Münster, einrahmt." Je nachdem wie man durch den überdimensionalen Ring blickt, umgibt das "Anello" genannte Kunstwerk das Münster wie einen riesigen Bilderrahmen.

Partymeile mit Charme: "Die Waldhausener"

Weil in Mönchengladbach irgendwie alles nah beieinander ist, sind es vom Skulpturengarten unterhalb des Münsters nur wenige Gehminuten auf die Waldhausener Straße. "Die längste Theke von Mönchengladbach", wie Esser die schnurgerade abschüssige Partymeile mitten in der Mönchengladbacher Altstadt nennt.

Blick über die Waldhausener Straße | Bildquelle: WDR

Sicherlich hat der Glanz der Waldhausener, wie sie von den Einheimischen liebevoll genannt wird, in den letzten 50 Jahren etwas nachgelassenen. Vorbei sind die Zeiten, als die Gladbacher Fußballikone Günter Netzer hier Anfang der 70er-Jahre den wohl angesagtesten Nachtclub weit und breit besaß und selbst Partygänger aus Düsseldorf das Nachtleben in Mönchengladbach dem der Landeshauptstadt bevorzugten.

Günter Netzers Club "Lovers' Lane" auf der Waldhausener Straße war 1971 einer angesagtesten Nachtclubs der Region | Bildquelle: WDR/imago stock&people

Doch an Charme hat die Waldhausener bis heute nichts eingebüßt. In den Abendstunden tauchen von Haus zu Haus gespannte alte Lampenschirme die Straße in ein warmes Licht und die vielen bunten Häuser, kleinen Clubs und Kneipen ziehen nicht nur am Wochenende ihr Publikum an. Die Gäste hier genießen die Mischung aus urbanem Flair und heimeliger Vertrautheit. Man kennt sich auf der Waldhausener.

Auch Esser sitzt hier gerne mit Freunden und lässt das Nachtleben an sich vorüberziehen. Und wenn es einem mal langweilig werden sollte, zieht man einfach weiter ins nächste Lokal gleich nebenan. Eben ganz nach dem Prinzip der kurzen Wege.

Über dieses Thema berichten wir auch in der Lokalzeit aus Düsseldorf am 27.07.2023, 19.30 Uhr im WDR Fernsehen.