Alles für den Kibbeling
Es ist kalt an diesem Sonntagmittag, gerade mal sieben Grad zeigt das Thermometer an. Es regnet und es ist laut auf dem kleinen Parkplatz, der direkt zwischen einer Landstraße und der viel befahrenen A52 liegt. Kein allzu gemütliches Ambiente - trotzdem ist hier kein Parkplatz mehr frei. Und das nicht ohne Grund: Hier liegt der Grenzkiosk. Der Name Grenzkiosk kommt nicht von ungefähr. Er liegt direkt an der Grenze zwischen Deutschland und den Niederlanden. Nur hundert Meter liegen zwischen dem kleinen, blauen Häuschen auf der niederländischen Seite und deutschem Gebiet. Optisch wirkt der Grenzkiosk eher unscheinbar, ein einfaches, kleines Gebäude. Und trotzdem stehen hier die Kunden Schlange. Aber was macht das kleine Lädchen so besonders?
Cliff Gascogne, einer der beiden Eigentümer des Grenzkiosks, ist sich sicher: Es ist der Kibbeling. Der frittierte Fisch sei das beliebteste Gericht auf der Karte: "Die Deutschen sind verrückt nach Kibbeling. 600 Portionen gehen hier allein am Sonntagmittag raus." Gascogne erinnert sich an lange Anreisen, die Kunden für das Essen beim Grenzkiosk auf sich genommen haben: "Ich denke, zwei Stunden Fahrt aus Deutschland pro Strecke war das Weiteste. Nur für einmal hier essen, dann wieder nach Hause fahren. Nur für Kibbeling."
Kult seit über drei Jahrzehnten
Den Grenzkiosk gibt es schon seit 35 Jahren. Den Kultstatus, den der Laden mittlerweile hat, hatte er nicht von Anfang an. Früher sah er mehr nach einem klassischen Kiosk und weniger nach einer Imbissbude aus. Doch seitdem hat sich nicht nur die Optik des Gebäudes verändert, sondern auch seine Lage. Früher lag der kleine Laden direkt an der Landstraße, der Hauptverbindung von dem kleinen Ort Elmpt auf der deutschen Seite nach Roermond auf niederländischer Seite. Wer von hier aus in die Niederlande wollte, fuhr automatisch am Grenzkiosk vorbei.
Doch dann wurde parallel zur Landstraße eine Autobahn gebaut und nach rund zwei Jahren Bauzeit im Jahr 2009 eröffnet. Seitdem führt an dem Lädchen kein Weg mehr automatisch vorbei. Wer hierhin kommt, der kommt gezielt.
"Nummer 87!", schallt es laut durch den Grenzkiosk. Es kommt Bewegung in die Menge. Mehrere Menschen gucken auf einen kleinen, weißen Zettel in ihren Händen und gleichen die Nummer darauf ab, es ist Papierknistern zu hören. Dann schiebt sich ein Mann in einem grünen Parka durch die Menge. "Das bin ich!", ruft er und tritt an die Theke, wo er ein prall gefülltes Tablett entgegennimmt. Zweimal Pommes Spezial, eine Frikandel und Kibbeling liegen darauf.
Mit dem blauen Plastiktablett in der Hand, sieht er sich suchend um und läuft durch den Laden. Ihm folgt der Geruch nach frisch frittierten Pommes. Drinnen gibt es ein paar Stehtische, an denen gegessen werden kann. Doch die sind längst belegt. Dann geht der Mann trotz Nieselregen und Kälte nach draußen an einen der Tische.
Draußen auf dem Parkplatz sieht man vor allem deutsche Kennzeichen: Köln, Mettmann, Neuss, Viersen, Monheim, Krefeld. "90 Prozent der Kunden sind deutsch", weiß Mitarbeiter Jos Wulms. Der 65-Jährige arbeitet seit vier Jahren beim Grenzkiosk. Viele Deutsche schätzen die typischen frittierten Snacks wie Frikandel und Bamischeiben und natürlich die original holländischen Pommes. "Egal, welches Wetter - hier ist es immer voll. Das ganze Jahr über", sagt Wulms.
Von Generation zu Generation in den Grenzkiosk
Auch heute ist es voll. Immer wieder schieben sich Kunden durch die Glastür und stellen sich in die Schlange. Die meisten kennen die Karte schon in- und auswendig oder nehmen sowieso immer ihr Lieblingsgericht. Auch Patrick Timp weiß direkt, was er will.
Der Grenzkiosk hat für den 40-Jährigen Tradition: Er wohnt im Nachbardorf Elmpt auf deutscher Seite und war früher schon mit seinen Eltern im Grenzkiosk. Jetzt ist er mit seinem sechsjährigen Sohn Louis hier. Kein Wunder also, dass ein Mitarbeiter ihn im Trubel des vollen Ladens erkennt und ihn mit Namen begrüßt. Man kennt sich nach all den Jahren.
Besonders voll ist es hier am Sonntag. Denn dann fahren viele Deutsche zum Shoppen ins niederländische Roermond, wo auch sonntags viele Geschäfte geöffnet sind. Besonderer Anziehungspunkt ist das Outlet-Center, das in den vergangenen Jahren nach und nach immer größer wurde. Mittlerweile ist der Andrang so groß, dass ab Sonntagsmittag Stau auf den sechs Kilometern zwischen Grenze und Outlet entsteht.
Drei Stunden im Auto für Kibbeling
Auf diesem Weg halten viele beim Grenzkiosk an. Wie René Bernard, der an diesem Sonntag mit seiner Familie auf dem Weg in die Niederlande ist. "Wir verbinden den Kiosk gern mit einer Shoppingtour", erzählt der 50-jährige Kölner. Während er spricht, zieht er sich seine schwarze Mütze tiefer in die Stirn und den Reißverschluss seiner Daunenjacke etwas höher. Auch er muss heute mangels freier Plätze, bei Regen und Kälte draußen essen. Doch das macht ihm nichts aus.
Vor kurzem sei er sogar extra aus Köln, die rund 90 Kilometer und knapp anderthalb Stunden pro Strecke gefahren, um beim Grenzkiosk zu essen. Pommesbuden gibt es natürlich auch in Köln zuhauf, "aber hier ist es einfach immer besonders lecker."