Es quietscht und ächzt, und ganz langsam bewegt sich das Gebäude. Eingepackt und verschraubt in ein Korsett aus unzähligen Holzbalken, die auf großen Platinschienen liegen. Auf laute Kommandorufe hin ziehen mehrere Zimmerleute gleichzeitig mit riesigen Ratschen und Seilwinden den ersten Teil des alten Verladebahnhofs zentimeterweise zur Seite.

Die Verschiebung des Beueler Bahnhofs erfordert auch eine Menge Teamwork. 00:23 Min.. Verfügbar bis 08.04.2027.
Der Güterbahnhof Bonn-Beuel muss umziehen
Die Versetzung des Bahnhofs ist nötig, weil die S13 von Troisdorf um 13 Kilometer nach Bonn-Oberkassel verlängert werden soll. Hierbei müssen zahlreiche Brücken, Unter- und Überführungen neu- oder umgebaut werden. Um 3,38 Meter steht der alte Güterbahnhof den Gleisen der neuen S13-Strecke im Weg. Abreißen? Keine Option. Die Güterhalle steht gemeinsam mit dem Bonn-Beueler Bahnhof als Ensemble unter Denkmalschutz. Ein Stück Eisenbahngeschichte aus einer Zeit, als die Bahnhöfe noch von Privatfirmen gebaut wurden.

Hendrik Rülicke und Ayse Aydemir sind während der Arbeiten am Bahnhof Bonn-Beuel extrem angespannt. Viele Jahre haben die Projektleiter der Baufirma und der Bahn auf diesen Tag hingearbeitet. Jetzt darf nichts schiefgehen. Schließlich haben sie nur einen Versuch, um das denkmalgeschützte Güterbahnhofs-Gebäude zu versetzen.
Wir sind hier in einem sehr alten Gebäude, wo niemand genau weiß, wie es reagiert, wenn wir es in Bewegung setzen. Hendrik Rülicke, Projektleiter
Das gesamte Projekt des S13-Ausbaus läuft bereits seit 2016 und wird noch mindestens bis 2030 dauern. Mit den zusätzlichen Gleisen soll die überlastete rechtsrheinische Bahnstrecke entlastet und die Verbindung zwischen Bonn und Köln deutlich verbessert werden. Die Kosten in Höhe von etwa 750 Millionen Euro werden aus einem dafür eingerichteten Sondertopf des Bundes bezahlt.
"Translozierung": Ein aufwändiges Verfahren
30 Zimmerleute packen an diesem Tag Anfang April gemeinsam an, um das Gebäude mit reiner Muskelkraft zu verschieben. Planer sprechen bei der Versetzung solcher Gebäude von einer "Translozierung".
Was ist eine Translozierung?
Eine Translozierung ist ein sehr aufwändiges Verfahren, um ein Gebäude zu versetzen. Häufig werden die Gebäude in Einzelteile zerlegt und an anderer Stelle wieder aufgebaut. In diesem Fall wurde das Gebäude in einer Balkenkonstruktion fest verschraubt, vom Fundament gelöst, mit Hydraulik-Pumpen angehoben und über Platinschienen verschoben, um auf ein neues Fundament gesetzt zu werden.
Immer wieder wird die Verschiebung mit einem lauten "Stopp!"-Kommando unterbrochen. Weil das Gebäude sich nicht exakt parallel bewegt. Dann muss wieder mit Keilen, Hydraulikpumpen und Seilwinden nachjustiert werden.
Was in Normalgeschwindigkeit kaum erkennbar ist, wird im Zeitraffer deutlich. 00:24 Min.. Verfügbar bis 08.04.2027.
Nach sechs Stunden ist es geschafft: Die erste Gebäude-Hälfte hat das neue Fundament erreicht. Der zweite Teil soll im Juni folgen.
Über dieses Thema haben wir auch am 03.04.2025 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Bonn, 19.30 Uhr.