Einige Personen mit orangenen Warnwesten und weißen Helmen vor einem Holzgebäude.

Ver-rückt: Wie der Bonn-Beueler Güterbahnhof um 3 Meter verschoben wird

Bonn | Unterwegs

Stand: 08.04.2025, 11:02 Uhr

Wie versetzt man einen 130 Tonnen schweren Güterbahnhof um 3,38 Meter zur Seite? In einem sehr aufwändigen Verfahren will die Deutsche Bahn den denkmalgeschützten Verladebahnhof in Bonn-Beuel zur Seite schieben, um Platz für die Gleise der neuen S13-Linie zu machen. Auch für erfahrene Bauingenieure ein aufregendes Erlebnis, schließlich haben sie nur einen Versuch.

Von Angela Sinne

Es quietscht und ächzt, und ganz langsam bewegt sich das Gebäude. Eingepackt und verschraubt in ein Korsett aus unzähligen Holzbalken, die auf großen Platinschienen liegen. Auf laute Kommandorufe hin ziehen mehrere Zimmerleute gleichzeitig mit riesigen Ratschen und Seilwinden den ersten Teil des alten Verladebahnhofs zentimeterweise zur Seite.

Die Verschiebung des Beueler Bahnhofs erfordert auch eine Menge Teamwork 00:23 Min. Verfügbar bis 08.04.2027

Der Güterbahnhof Bonn-Beuel muss umziehen

Die Versetzung des Bahnhofs ist nötig, weil die S13 von Troisdorf um 13 Kilometer nach Bonn-Oberkassel verlängert werden soll. Hierbei müssen zahlreiche Brücken, Unter- und Überführungen neu- oder umgebaut werden. Um 3,38 Meter steht der alte Güterbahnhof den Gleisen der neuen S13-Strecke im Weg. Abreißen? Keine Option. Die Güterhalle steht gemeinsam mit dem Bonn-Beueler Bahnhof als Ensemble unter Denkmalschutz. Ein Stück Eisenbahngeschichte aus einer Zeit, als die Bahnhöfe noch von Privatfirmen gebaut wurden.

Ein Mann und eine Frau in orangenen Jacken schauen in Richtung Kamera. Die Frau trägt einen orangenen Helm. Der Mann trägt einen blauen Helm
Hendrik Rülicke und Ayse Aydemi haben als Projektleitende lange auf die Verschiebung des Bahnhofs hingearbeitet | Bildquelle: WDR/Angela Sinne

Hendrik Rülicke und Ayse Aydemir sind während der Arbeiten am Bahnhof Bonn-Beuel extrem angespannt. Viele Jahre haben die Projektleiter der Baufirma und der Bahn auf diesen Tag hingearbeitet. Jetzt darf nichts schiefgehen. Schließlich haben sie nur einen Versuch, um das denkmalgeschützte Güterbahnhofs-Gebäude zu versetzen.

Wir sind hier in einem sehr alten Gebäude, wo niemand genau weiß, wie es reagiert, wenn wir es in Bewegung setzen. Hendrik Rülicke, Projektleiter

Das gesamte Projekt des S13-Ausbaus läuft bereits seit 2016 und wird noch mindestens bis 2030 dauern. Mit den zusätzlichen Gleisen soll die überlastete rechtsrheinische Bahnstrecke entlastet und die Verbindung zwischen Bonn und Köln deutlich verbessert werden. Die Kosten in Höhe von etwa 750 Millionen Euro werden aus einem dafür eingerichteten Sondertopf des Bundes bezahlt. 

"Translozierung": Ein aufwändiges Verfahren

30 Zimmerleute packen an diesem Tag Anfang April gemeinsam an, um das Gebäude mit reiner Muskelkraft zu verschieben. Planer sprechen bei der Versetzung solcher Gebäude von einer "Translozierung".

Was ist eine Translozierung?

Eine Translozierung ist ein sehr aufwändiges Verfahren, um ein Gebäude zu versetzen. Häufig werden die Gebäude in Einzelteile zerlegt und an anderer Stelle wieder aufgebaut. In diesem Fall wurde das Gebäude in einer Balkenkonstruktion fest verschraubt, vom Fundament gelöst, mit Hydraulik-Pumpen angehoben und über Platinschienen verschoben, um auf ein neues Fundament gesetzt zu werden.

Immer wieder wird die Verschiebung mit einem lauten "Stopp!"-Kommando unterbrochen. Weil das Gebäude sich nicht exakt parallel bewegt. Dann muss wieder mit Keilen, Hydraulikpumpen und Seilwinden nachjustiert werden.

Was in Normalgeschwindigkeit kaum erkennbar ist, wird im Zeitraffer deutlich 00:24 Min. Verfügbar bis 08.04.2027

Nach sechs Stunden ist es geschafft: Die erste Gebäude-Hälfte hat das neue Fundament erreicht. Der zweite Teil soll im Juni folgen.

Über dieses Thema haben wir auch am 03.04.2025 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Bonn, 19.30 Uhr.