Die Niers: Vom Abwasserfluss zum Paddelparadies

Kleve | Unterwegs

Stand: 15.09.2024, 16:48 Uhr

Paddeln auf einem ehemaligen Abwasserfluss: Das möchte Familie Bonn ausprobieren. Was sie zum Ausflug auf der Niers sagen.

Von Yunus Gündüz (Text), Marvin Hoffmann und Christian Zimmer (Multimedia)

Vorsichtig tragen Yvonne und Markus Bonn ein pinkes Kanu über einen Holzsteg Richtung Wasser. Die beiden müssen sich ganz schön anstrengen, um das vier Meter lange Boot zu Wasser zu lassen. Aber dann ist es geschafft: Das Kanu schwimmt und ein paar Minuten später auch das Zweite.

Das Ehepaar Bonn möchte heute mit den beiden Töchtern Katja und Julia die Niers bei Weeze erkunden. Rund 130 Kilometer ist der Fluss lang. Er entspringt bei Erkelenz, fließt durch Mönchengladbach, die Kreise Viersen und Kleve und mündet schließlich in den Niederlanden in die Maas. Den gesamten Fluss möchten die Bonns an diesem Sonntag nicht abfahren, aber zumindest neun Kilometer.

Impressionen von der Niers 00:20 Min. Verfügbar bis 15.09.2026

"Amazonas-Feeling" in NRW

Familie Bonn paddelt vorbei an zahlreiche Wasserpflanzen, zwischen denen Libellen umherschwirren, sie lässt sich unter Baumkronen hertreiben, die über den Fluss ragen, Enten sitzen auf Steinen im Wasser und beobachten das Geschehen. "Wir haben hier bei uns am Niederrhein richtig schöne Ecken", sagt Markus Bonn, während er sein Paddel in die Niers taucht: "Da verliert man leider Gottes oft den Blick für".

Seiner Tochter Katja geht es ähnlich: "Zwischendurch hast du ein Feeling wie im Amazonas", sagt sie und lässt sich mit ihrem Kanu von der Strömung treiben. "Die ganzen Pflanzen am Rand, durch die man durchfahren kann. Das ist richtig cool." Familie Bonn genießt den Ausflug aufs Wasser schon nach wenigen Minuten.

Abwasserfluss Niers

Heute ist die Niers ein Naturparadies, aber das war nicht immer so: Im 19. Jahrhundert wurde die Niers begradigt und wirtschaftlich genutzt, sie trieb anderem über 52 Wassermühlen an. Anfang des 20. Jahrhunderts haben umliegende Betriebe ihr Abwasser in den Fluss geleitet. Viele Lebensräume wurden dadurch zerstört und Wasserqualität und Artenvielfalt nahmen stark ab.

Mittlerweile sind einige Abschnitte der Niers renaturiert: Der Fluss mäandert sich wieder durch das Niederrheingebiet. Heißt, die Niers ist nicht mehr nur gerade, sondern hat teilweise ihren alten kurvigen Verlauf wieder. Und auch die Wasserqualität hat sich stabilisiert. Sie ist mittlerweile so gut, dass sich heimische Fischarten wieder angesiedelt haben. Die kann Familie Bonn sogar vom Boot aus durch das klare Wasser beobachten.

An Land, Wasser und in der Luft gibt es viel Fauna zu entdecken | Bildquelle: WDR

Aber so eine Bootsfahrt ist nicht nur ein Vergnügen, sondern auch Arbeit "Links, rechts. Da arbeiten wir noch dran", sagt Mutter Yvonne zu ihrer Tochter Julia, während sie paddelt. "Man muss sich schon abstimmen, wenn man vernünftig fahren will", erklärt sie. Trotz kleiner Abstimmungsschwierigkeiten fällt an diesem Nachmittag niemand ins Wasser. Das wäre an diesem Sommertag allerdings auch kein Problem, wenn man Vater Markus Bonn fragt. "Klares Wasser, angenehme Temperatur. Wäre eine willkommene Abkühlung", sagt er und lacht.

Auch ein Ziel für Wanderer und Radfahrer

Neben Kanutouren gibt es einiges rund um die Niers zu entdecken. Unter anderem die Krickenbecker Seen, die zum Naturpark Schwalm-Nette gehören. Wer historische Bauten im Einklang mit einer unberührten Natur erleben möchte, wird am Wasserschloss Krickenbeck fündig. Die im Hochsommer mit See- und Teichrosen bedeckten Gewässer bieten atemberaubende Sonnenuntergänge. Zahlreiche Wander- und Fahrradrouten führen an der Niers entlang. Einige davon über die deutsch-holländische Grenze. Eine Route schlängelt sich sogar bis in die Stadt Thorn im holländischen Limburg.

Zurück auf dem Wasser haben die Bonns gerade eine Nutria entdeckt. Das Biber-ähnliche Tier kreuzt nur ein paar Meter von den Kanus der Familie entfernt den Fluss. Nach knapp zwei Stunden auf dem Wasser ist die Kanutour zu Ende. Familie Bonn hat die Niers aus einer ganz neuen Perspektive kennengelernt.

Über dieses Thema haben wir auch am 04.09.2024 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Duisburg, 19.30 Uhr.