Auf den ersten Blick sieht es aus, wie ein ganz normales Gewächshaus. Salat so weit das Auge reicht. Aber was in Willich auf einer Fläche von mehr als vier Fußballfeldern wächst, ist High-Tech-Salat. Landwirt Harry Thijssen hat das innovative Anbausystem auf dem Wasser nach Deutschland gebracht. Seine Salat-Pflanzen schwimmen auf Styropor-Platten in riesigen Teichen.
Thijssen baut zusammen mit seinem Sohn Harrold Salat in vierter Generation an. In Willich haben die beiden optimale Standortvoraussetzungen für die moderne Produktion gefunden. Dort wird nichts dem Zufall überlassen. Für das rund zweieinhalb Hektar große Gewächshaus hat die Familie einen zweistelligen Millionenbetrag investiert.
"Deep-Floating-Technique": So funktioniert der Anbau
Alles beginnt mit der Saatmaschine. Dort werden Kopf- und Multicolorsalat in kleine Töpfchen aus Kokosfaser gepflanzt. Eine andere Maschine steckt die Töpfe dann in eine Styroporplatte. 54 Stück passen auf eine Platte. Durch Löcher im Boden können die Pflanzen später in einem der neun Teiche Wasser ziehen.
Früher baute die aus den Niederlanden stammende Familie ihren Salat wie alle anderen auf dem Feld an. Doch die Wetterextreme der letzten Jahre und steigende Energiekosten motivierten Thijssen Senior etwas Neues auszuprobieren. Die neue Anbautechnik kommt aus den USA. Für den Familienbetrieb lagen die Vorteile auf der Hand: ressourcensparend, weniger benötigte Anbaufläche, 25 mal mehr Ertrag als im Freilandanbau.
Was ist Hydroponik?
Vieles in dem Gewächshaus läuft voll automatisch. Nur beim Einsetzen der Styroporplatten in die Teiche muss der 25-jährige Thijssen Junior selbst aktiv werden. Vier bis fünf Wochen schwimmt der Salat auf dem Wasser der Teiche, in dem Nährstoffe wie Calcium, Magnesium und Stickstoff gelöst sind. Somit können die Pflanzen jeder Zeit Wasser und Nährstoffe ziehen, ohne viel Aufwand für den Landwirt. "Deep Floating" also "tiefes an der Wasseroberfläche treiben" oder auch "Deep Water Culture" also Tiefwasserkultur wird das System genannt. Es ist ein Verfahren aus der Hydroponik. Einem Anbausystem bei dem die Pflanzenwurzeln nicht in Erde, sondern in Wasser stecken.
Bekannt ist Hydroponik bislang auch durch die Kombination mit Fischzucht. Die Methode nennt sich Aquaponik. In Aachen gibt es ein Pilotprojekt in dem erstmals deutschlandweit Salzwasserfische mit Aquaponik gezüchtet werden.
Im Gewächshaus kann von der Temperatur über die Luftfeuchtigkeit bis hin zur Sonnenbestrahlung alles geregelt werden. Große Rollos schützen den Salat vor dem Verbrennen, spezielle Lampen sorgen für optimales Wachstum. "Die Lampen setzen wir ein, wenn die Tage kürzer werden. Wenn es draußen kühl und nass wird, helfen sie dabei, dass die Pflanzen keine Pilze bekommen", sagt Thijssen Senior.
Im Vergleich zum konventionellen Anbau auf dem Feld spare man 90 Prozent Wasser, da im Gewächshaus wegen der Styroporplatten kaum ein Tropfen verdunste. Ein weiterer Vorteil: Durch den kontrollierten Anbau gibt es fast keinen Ausschuss. Alle Salate sind gleich groß. Bevor diese verpackt werden, müssen die langen Wasserwurzeln etwas gekürzt werden. Aber nur etwas, sagt Thijssen Senior: "Wir lassen die Wurzel dran und den Ballen, sodass der Salat länger frisch bleibt".
Knapp 24 Stunden nach der Ernte liegen die Salatköpfe dann in den Regalen. Der Familienbetrieb beliefert Supermarkt-Filialen in NRW und Norddeutschland. Dank seiner innovative Anbaumethode kann er das ganze Jahr über regionalen Salat anbieten.
Über das Thema berichteten wir am 02.08.2023 auch im WDR-Fernsehen: Lokalzeit aus Düsseldorf, 19.30 Uhr.