Eine Frau mit rosa T-Shirt auf einer Leiter, die an einen Apfelbaum gelehnt ist

Warum Hobby-Obstbauern für Streuobstwiesen kämpfen

Solingen | Landwirtschaft

Stand: 11.09.2024, 07:58 Uhr

Immer mehr Streuobstwiesen in Deutschland verschwinden. Im Bergischen Land haben sich deswegen die "Wupperobstler" - eine Gruppe frisch gebackener Obstbaumwarte - zusammengetan, um dagegen zu kämpfen.

Von Alex Becker

Wenn Ute Schipper ihren großen Garten in Solingen-Balkhausen betritt, geht ihr das Herz auf. Direkt an der Wupper stehen ihre 25 Obstbäume. An fast allen hängen rote oder grüne Äpfel. Bald werden sie geerntet. An den anderen Bäumen wachsen Birnen oder Pflaumen. Vor ein paar Jahren packte Schipper die Obstbaum-Motivation: Sie machte Schnittkurse, las Buch um Buch. Aber irgendwie fehlte immer noch etwas. Als sie dann hörte, dass sich Menschen im Bergischen sogar zum "Obstbaumwart" ausbilden lassen können, war die 53-Jährige begeistert.

In Ute Schippers Familie haben Äpfel eine lange Tradition

00:19 Min. Verfügbar bis 11.09.2026

Obstbaumwarte sind sozusagen ehrenamtliche Pfleger für Obstbäume. Sie setzen sich für den Erhalt von Streuobstwiesen ein. Auf diesen stehen verschiedene hochwachsende Obstbäume mit viel Abstand, die nicht chemisch behandelt werden. Doch die Streuobstwiesen in Deutschland sind stark gefährdet. Von den 1,5 Millionen Hektar, die es in den 1950er-Jahren gab, sind heute nach Einschätzung des NABU nur noch knapp 250.000 bis 300.000 Hektar Streuobstwiese übrig. Das ist ein Rückgang um 80 Prozent.

Zum Beitrag: "Regional und direkt vom Bauern - Besondere Hofläden in NRW"

Mangelnde Pflege, fehlende Rentabilität und Flächenfraß führen dazu, dass die Wiesen immer mehr verschwinden. Dabei sind sie wichtig für die Artenvielfalt und ein traditionelles Kulturgut, so der Naturschutzbund. Seit 2020 sind Streuobstwiesen auch als Biotope gesetzlich geschützt. Umweltverbände kritisieren jedoch, dass der Schutz nicht konsequent genug umgesetzt wird. Um mehr für den Erhalt von Streuobstwiesen zu tun, hat der Landschaftsverband Rheinland vor einigen Jahren die Ausbildung zum Obstbaumwart ins Leben gerufen.

Warum Streuobstwiesen wie die der "Wupperobstler" so wertvoll sind

00:17 Min. Verfügbar bis 11.09.2026

Drei Jahre lang hieß es für Schipper und etwa zehn weitere Apfelfreunde im Bergischen Land Büffeln: Obstsorten, Standorte, Schädlinge, Schnitt-Techniken. Das Klassenzimmer für die Ausbildung: eine klassische Streuobstwiese in Solingen-Aufderhöhe mit etwa 20.000 Quadratmetern Fläche. Ein paar Bäume gab es hier schon, weitere haben die Schüler angebaut. Dabei hatten sie so viel Spaß, dass nach Ende der Ausbildung klar war: Wir bleiben als Team zusammen.

Obstbaum-Pflege als Auszeit vom Alltag

Regelmäßig treffen sich die "Wupperobstler" seitdem auf der Wiese. Sie schneiden, ernten und haben jede Menge Spaß zusammen. Heute ist Pflaumen-Ernte. Mit mehreren Leitern steigen die Hobby-Obstbauern in den Baum und pflücken eimerweise Pflaumen von den Ästen. Erstes Pflaumenmus hat Schipper schon gekocht, erzählt sie stolz.

Ein grüner Apfel auf einer Wiese

Die Äpfel der "Wupperobstler" können sich sehen lassen

Auch die Schere kommt an diesem Vormittag kurz zum Einsatz. Ein bisschen nachgeschnitten werden muss immer, erklärt Frank Ringel. Er wohnt in Wuppertal und ist leidenschaftliches Mitglied der "Wupperobstler". In seinem stressigen Job ist er froh über die Auszeiten "auf dem Obstbaum", sagt er und zückt wieder die Schere: "Alles, was nach oben und nach innen wächst, kommt weg. Und auch die Äste, die einen behindern, wenn man auf der Leiter steht."

Aktionen der "Wupperobstler"

Anfang Oktober verkaufen die "Wupperobstler" ihr lokales, ungespritztes Obst auf dem SattGut in Solingen. Das ist besonders interessant für Menschen mit Apfel-Allergie. Denn im Gegensatz zu den gängigen Sorten aus dem Supermarkt sollen die alten Apfelsorten der "Wupperobstler" teilweise auch für Allergiker verträglich sein. Und beim Pflanz-Workshop im November erklären sie, was beim Obstbaum-Pflanzen zu beachten ist. Alle Termine gibt es hier.

Pia Kambergs hat die Ausbildung der Hobby-Obstbauern koordiniert und ist stolz, dass sich so viele Engagierte gefunden haben. Und dabei geblieben sind. "Wir brauchen leidenschaftliche Botschafter für die vergessene Streuobstwiese." Die "Wupperobstler" geben ihr neu erlerntes Wissen gerne weiter. "Immer wieder kommen Anwohner vorbei, schauen neugierig oder fragen ganz gezielt, was wir da machen. Oder sagen: 'Ich habe selbst einen Obstbaum im Garten, wie muss ich den schneiden'", erzählt sie. Da sind die Hobby-Obstbauern gerne zur Stelle.

Über dieses Thema berichten wir auch am 24.09.2024 im WDR Fernsehen: Lokalzeit Bergisches Land, 19.30 Uhr.