Drei große Traktoren mit Anhänger und zwei blaue Lkw verlassen den Fuhrpark. Mit großen Schritten läuft Tobias Schafmeister über den Platz und hat alles im Blick. Wenn der Mais auf den Feldern in Ostwestfalen goldgelb strahlt, steht für den Lohnunternehmer die stressigste Zeit des Jahres an. Die Erntezeit ist für ihn und sein Team eine echte Mammutaufgabe.
Innerhalb von viereinhalb Wochen müssen 2.500 Hektar Mais eingefahren werden. 30 Kunden von Schafmeister wollen dann ihre Felder beackert sehen - natürlich am liebsten alle gleichzeitig. Wie stressig das sein kann, zeigen wir bei WDR Lokalzeit Land.Schafft.
Vom kleinen Agrarservice zum großen Lohnunternehmer
In Deutschland bieten laut dem Bundesverband der Lohnunternehmen rund 6000 Betriebe Lohndienstleistungen an. Schafmeister zählt zu den größten Lohnunternehmern in NRW. Mit seinem Argrarservice bietet er von der Aussaat über die Ackerpflege bis zur Maisernte das Komplettpaket an. Sein Fuhrpark kommt auf etwa 100 Zugmaschinen - vom Häcksler über den Trecker bis zum Lkw. Davon hat er zu Beginn nur Träumen können.
2001 gründete Schafmeister gemeinsam mit seinem Bruder einen kleinen Agrarservice in Lemgo. Kleine Dienste für benachbarte Landwirte - mehr war es am Anfang nicht. Doch der Betrieb wurde schnell größer. "Damals kam der Biogas-Boom", erinnert sich der Lohnunternehmer. "Vorher wurde in der Region gar nicht so viel Mais angebaut." Das änderte sich schlagartig. Mais spielte nun auch in Ostwestfalen eine Rolle. Mit dem sprunghaften Anstieg wurde auch sein Unternehmen größer. Inzwischen sind rund 60 Mitarbeiter bei Schafmeister fest angestellt. Ähnlich viele Aushilfskräfte unterstützen zusätzlich während der Erntesaison.
"Disponieren ist Chaos"
In der Zentrale klingelt das Telefon. Gefühlt hat es heute noch nicht still gestanden. Über 200 Anrufe hat Tobias Löhr schon geführt. Er ist Disponent in Schafmeisters Betrieb. Er koordiniert die Aufträge und muss alles im Blick behalten. Welches Maisfeld wird zuerst geerntet? Welches Fahrzeug ist einsatzbereit? Wie viele Mitarbeiter werden pro Schicht überhaupt benötigt? "Eigentlich ein riesengroßes Chaos, was dann zusammengepuzzelt wird", sagt Löhr, während er aus dem Fenster beobachtet, wie ein weiterer Traktor sich auf den Weg zu einem Kunden macht. "Ich möchte immer gerne fünf Schritte voraus sein. Was kann ich schon tun, damit bloß nichts schief läuft?"
Bei der Planung hilft ihm seine langjährige Erfahrung und ein spezielles Dispositionsprogramm auf dem Computer. Hier sieht er, wer gerade was macht und wo die Maschinen unterwegs sind. Eigentlich ist sein Hauptarbeitsplatz im Büro, doch die Erntezeit erfordert besondere Maßnahmen. Löhr ist immer wieder auch draußen unterwegs, um sich Probleme direkt vor Ort anzuschauen. So auch an diesem Tag.
Er ist bei einem Kunden, der eine Biogas-Anlage betreibt. "Das ist die reinste Katastrophe hier", meint Löhr mit seinem Handy am Ohr. Das Problem: Seine Kollegen verdichten gerade die Maissilage. Nur der gehäckselte Mais von den Feldern kommt hier nicht an, es fehlt Nachschub. In den vergangenen Tagen war das Wetter schlecht und es konnte weniger Mais geerntet werden als geplant. Die Ernte muss jetzt schneller eingefahren werden. Der Kunde drückt aufs Tempo. Löhr muss eine Lösung finden. "Stressig. Wir sind drei, vier Tage im Verzug", sagt er. Da hilft wahrscheinlich nur eine Nachtschicht.
Arbeiten bis spät in die Nacht
Während Löhr dabei ist, das eine Problem zu lösen, kommt schon ein Neues hinzu. Bei einem Häckslerwagen ist ein Reifen geplatzt. Der Maistransport verzögert sich. Ein mobiles Werkstattteam rückt aus. Die Handgriffe sitzen, bis zu zehn Mal pro Woche passiert sowas. 20 Minuten später kann der Traktor weiterfahren. Was nicht nach viel klingt, sind dennoch wertvolle Minuten, die verloren gegangen sind.
Zurück im Büro, versucht Löhr die verloren gegangene Zeit wieder einzuholen. Eigentlich wäre längst Feierabend, doch während der Erntezeit ticken die Uhren anders. "Gestern haben wir bis halb eins in der Nacht gearbeitet und heute früh um sieben Uhr angefangen", erzählt Löhr. Und auch an diesem Tag wird es spät werden.