Seit diesem Jahr profitieren Anwohner und Kommunen finanziell davon, wenn neue Windräder gebaut werden. Das legt das Bürgerenergiegesetz NRW fest, welches im Januar 2024 in Kraft getreten ist. Die Landesregierung will dadurch die Akzeptanz der Windenergie steigern und ihren Ausbau beschleunigen.
Bei Windparks, die vor 2024 gebaut wurden, war eine finanzielle Bürgerbeteiligung für die Betreiber der Anlagen noch freiwillig – es hat sie aber dennoch schon an einigen Standorten gegeben. Hier funktioniert dieses Konzept gut:
Windpark Coesfeld ohne Klagen
Im Naturschutzgebiet Letter Bruch im münsterländischen Coesfeld ist im Jahr 2021 ein Windpark in Betrieb genommen worden. Er ist laut Betreiberfirma gemessen an der Fläche der größte, der in diesem Jahr in Nordrhein-Westfalen ans Netz gegangen ist und der drittgrößte bundesweit. Der Park besteht aus insgesamt 13 Windrädern, die pro Jahr 125 Millionen Kilowattstunden Strom produzieren. Damit erzeugt die Stadt Coesfeld mehr Strom, als sie verbraucht.
Milan Nitzschke hat den Windpark mit seiner Firma realisiert. Für ihn war es ungewöhnlich, keine Widerstände überwinden zu müssen.
Mögliche Gründe für die reibungslose Umsetzung: Die Menschen in Coesfeld waren von Anfang an dem Windpark-Projekt beteiligt und können bei der genossenschaftlichen Finanzierung sogar mitverdienen. Die Idee dazu hatten die Landwirte, auf deren Grund der Windpark jetzt steht. Investiert haben in die Windräder Landwirte, die Stadtwerke und einige Hundert Bürger der Stadt. Sie verdienen somit direkt Geld mit den Windrädern, außerdem bekommt eine Bürgerstiftung jedes Jahr einen Teil des erwirtschafteten Geldes für soziale Projekte - also profitieren alle anderen auch.
Bürgerenergie Issum am Niederrhein
In der kleinen Gemeinde Issum, die am Niederrhein zwischen Geldern und Kamp-Lintfort liegt, steht seit 2018 ein Windpark mit vier Anlagen. Sie produzieren 30 Millionen Kilowattstunden Strom und damit mehr, als die Issumer Haushalte verbrauchen.
Auch in Issum gibt es ein Beteiligungsmodell für Bürger. Sie sind hier allerdings nicht nur Geldgeber, wie bei einigen anderen Windparks, sondern auch Miteigentümer und damit am Erfolg - oder auch am Misserfolg - beteiligt. Betrieben wird der Park von der BürgerEnergie Issum eG, die keine Probleme hatte, ausreichend Bürgerinnen und Bürger zu finden, die sich beteiligen wollen: 430 Menschen haben demnach insgesamt 2,5 Millionen Euro investiert.
Außerdem gibt es eine Stiftung, die jährlich beispielsweise Altenheime und Kindergärten vor Ort unterstützt. Das Geld dafür stammt aus Gewinnen des Windparks.
Geringere Steuern in Simmerath wegen Windpark
Der Windpark in Simmerath generiert ebenfalls Vorteile für die Einwohner. Anders als in anderen Windparks, bei denen Bürger beteiligt sind, gibt es allerdings keine einzelnen Investoren aus der Einwohnerschaft, die von den Gewinnen der Windräder profitieren. Hier haben alle Einwohner Vorteile: Ein Teil der Erträge kommt dem Gemeindehaushalt zugute. Grund- und Gewerbesteuern bleiben in Simmerath wegen der Einnahmen aus der Windkraft im Vergleich zu anderen Kommunen im Umkreis niedrig.
Der Windpark wurde bereits von Bundeskanzler Olaf Scholz als "Vorzeigeprojekt wegen echter Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger" besucht. In diesem Windpark stehen 22 Windräder, die 184 Prozent des Strombedarfs der Gemeinde Simmerath produzieren.
Bürgerwindpark Hollich-Sellen
In den Bauernschaften Hollich und Sellen im Kreis Steinfurt im Münsterland stehen insgesamt 35 Windräder - 19 bereits vorhandene Anlagen wurden vor einigen Jahren um insgesamt 16 neue erweitert. Mehr als 800 Bürger aus der Region sowie die örtlichen Stadtwerke, zwei Bürgergenossenschaften und weitere Vereine und Verbände haben sich an der Erweiterung beteiligt. So konnte das benötigte Eigenkapital von über 15 Millionen Euro gesammelt werden.
2023 produzierte der Windpark mehr als 190 Millionen Kilowattstunden Strom, so der Betreiber. Laut Verbraucherzentrale liegt der durchschnittliche Stromverbrauch eines Vier-Personen-Haushaltes pro Jahr bei etwa 4.000 Kilowattstunden – der in Hollich und Sellen produzierte Strom reicht also für rund 47.000 Haushalte.
Im Kreis Steinfurt gibt es neben den Anlagen in Hollich-Sellen noch weitere Bürgerwindparks.
Bürgerwindpark Beelen im Münsterland
Zwei Windräder stehen seit Kurzem in Beelen im Kreis Warendorf - mit Bürgerbeteiligung. Das habe die Akzeptanz in der Bevölkerung gefördert, heißt es vom zuständigen Fachdienstleister BBWind aus Münster. Die Windräder gehören einer Gesellschaft mit mehreren Teilhabern. Die meisten von ihnen sind Eigentümer der Flächen, auf denen die Windräder stehen. Außerdem sind Anwohner, die in einem bestimmten Radius um die Anlagen leben, mit einem Bürgersparbrief an der Finanzierung beteiligt.
Aktuell hat die Gemeinde Beelen einen ungefähren jährlichen Strombedarf von 25 Millionen Kilowattstunden. Die beiden Anlagen sollen Prognosen zufolge zukünftig rund 17 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr aus Windenergie liefern.