Landwirt Theo Bieger steht neben dem Bleibach, der an seine Felder bei Mechernich grenzt und zeigt auf ein Rohr in der Erde. Daraus sprudelt unaufhörlich Wasser. Bis zu 650 Millionen Liter im Jahr werden von einer benachbarten Molkerei in den Bach geleitet. "Und von da aus fließt es weg", erklärt er: "Wenn es zwischendurch unseren Parzellen, unseren Kulturen auch noch zu Gute käme, wäre das natürlich eine tolle Sache!"
Was erstmal seltsam klingt, könnte tatsächlich die Lösung für mehrere Landwirte in der Gegend sein. Denn während das Grundwasser immer weiter sinkt, bleibt der Wasserverbrauch von Unternehmen wie der Hochwald-Molkerei hoch - und damit auch die Abwasserausschüttung. Fragt sich, wie könnte das Abwasser für die Landwirtschaft nutzbar gemacht werden?
Roman Sauer, ein Kollege von Theo Bieger, sieht es jedenfalls genauso: Wenn der Landwirt über seinen Kartoffelacker stapft, wirbelt er dabei jede Menge Staub auf. Der Boden ist trocken und rissig. Seit Mai hat es hier in der Gegend kaum geregnet. Manchmal habe man den Eindruck, man sei nicht in der Eifel, sondern in der Sahara, sagt er. Der Klimawandel habe verheerende Folgen für die Landwirtschaft, davon ist Roman Sauer überzeugt. Zum Beweis deutet er auf seine für diese Jahreszeit noch recht kümmerlichen Kartoffelpflanzen.
Abwasser wird gereinigt
Da sieht es bei der Molkerei Hochwald ganz anders aus. "Doch der Wasserverbrauch ist unumgänglich", sagt Standortleiter Jürgen Wolf. Denn die Hygienevorschriften bei der Herstellung von Milchprodukten sind streng. Dazu müssen alle Leitungen und auch die Milchtanks der Lieferfahrzeuge täglich gereinigt werden. Das dabei entstehende Abwasser wird anschließend in der betriebseigenen Kläranlage gereinigt.
Aber: Statt es wie bisher ungenutzt in den Bleibach zu leiten, würde die Molkerei dieses Wasser gerne der Landwirtschaft zur Verfügung stellen. Theo Bieger, Roman Sauer und ein Dutzend weitere Landwirte aus Mechernich und Umgebung wären dankbar dafür. Sie möchten einen Bewässerungsverband gründen und das gereinigte Abwasser aus der Molkerei in Speicherbecken auffangen, um damit bei Bedarf ihre Felder zu bewässern.
Risiken vorher abwägen
Ein Vorhaben, das auch der Kreis Euskirchen unterstützen würde. Doch so einfach sei das nicht, sagt die zuständige Verwaltungsmitarbeiterin Saskia Gall-Röhrig. Um zu klären, ob von dem Abwasser kein Risiko für die Landwirtschaft ausgeht, hat der Kreis eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Daran sind unter anderem mehrere Universitäten, darunter die RWTH Aachen, beteiligt. Die Studie sei wichtig, sagt Saskia Gall-Röhrig, denn in Nordrhein-Westfalen habe man noch nie vorher Industrie-Abwasser für die Bewässerung von Flächen benutzt, auf denen Obst oder Gemüse angebaut werden.
Und weil das 175.000 Euro teure Projekt Vorbildcharakter in Nordrhein-Westfalen hat, wird es größtenteils vom Land finanziert. Doch für Landwirt Theo Bieger steht fest: Wenn das gereinigte Abwasser nicht schon annähernd Trinkwasserqualität hätte, dürfte es sowieso nicht in einen Bach eingeleitet werden. Wann er das Molkerei--Abwasser für seine Felder und Äcker nutzen kann, weiß er nicht. In der Zwischenzeit muss sich der Landwirt etwas einfallen lassen. Um möglichst wenig Wasser zu verbrauchen, züchtet er seine Erdbeeren seit einiger Zeit in Kästen, die er tröpfchenweise versorgen kann.