Zwei Frauen stehen zwischen zwei Pferden vor einem Stall und schauen in die Kamera.

Südamerikaner erobern das Sauerland: Eine Criollo-Zucht in Medebach

Hochsauerlandkreis | Landwirtschaft

Stand: 31.07.2024, 07:52 Uhr

Was zwei Schwestern im Sauerland planen, ist einzigartig in Westfalen. Sie wollen in Medebach Pferde züchten. Aber nicht irgendwelche Pferde. Was es mit dem anspruchsvollen Projekt auf sich hat.

Von Alexa Schröder

Wiesen im satten Grün. Die Sonne scheint. Ein langer Kiesweg führt auf den Bauernhof. Das Wohnhaus ist geschmückt mit Sommerblumen, im Schuppen nebenan ein Traktor und jede Menge Gerätschaften, angrenzend ein Stall mit großem Eingangstor. Hier lebt der ganze Stolz der beiden Schwestern Ines Ricke und Kerstin Bäcker: Drei Pferde, nicht besonders groß, eher stämmig und mit grau-braunem Fell. Was macht sie so besonders?

Criollos: Eine der zähsten Pferderassen

Bei den Tieren handelt es sich um Criollo-Pferde. Die Rasse kommt aus Südamerika, gilt als besonders belastbar. "Die Gauchos treiben mit ihnen Rinder, sie werden bei Polospielen oder für lange Distanzritte eingesetzt", erklärt Kerstin Bäcker. In Deutschland und NRW ist ihre Zucht eine absolute Nische. Im Criollo Reit- und Zuchtverein Deutschland waren 2023 bundesweit gerade einmal 18 Züchter registriert. In NRW sogar nur ein einziger, in Ennigerloh im Kreis Warendorf. Die kleine Zucht der beiden Schwestern im Sauerland mit zwei Stuten und einem Wallach ist da noch nicht erfasst.

Ines Ricke und Kerstin Bäcker erklären, was die Criollo-Pferde ausmacht

00:40 Min. Verfügbar bis 31.07.2026

Kerstin Bäcker steht auf dem Hof und winkt mit ihrer Hand, als wolle sie einem Auto beim Einparken helfen. Die 36-Jährige navigiert allerdings kein Fahrzeug, sondern ein Pferd. Nach kurzem Zögern geht es ein paar Schritte rückwärts. "Ich muss Venja kurz einweisen. Das üben wir immer mal wieder", sagt sie.

"Sie brauchen Bewegung und Herausforderungen", ergänzt ihre Schwester Ines Ricke und führt Stute Bella über einen gut ausgetretenen Weg auf die Koppel. Das gesamte Gelände ist etwas in Schieflage. "Das ist perfekt für die Criollos, sie sind total geländegängig", sagt die 30-Jährige, während sie zwischen sich und den Pferden ein einfaches Weidezaunband spannt.

Geduld ist gefragt

Neben Venja und Bella, die wie Ricke und Bäcker Schwestern sind, lebt noch Wallach Ouzo im Stall. Pferde gab es auf dem Familienhof Ricke schon immer. Vater und Großvater sind mit den Tieren zum Beispiel zum Holzrücken in den Wald gegangen.

Die Criollos gibt es hier erst seit einigen Jahren. 2019 haben die Schwestern die Rasse bei der Rückfahrt von einer Pferdemesse auf einer Zucht in Bayern kennengelernt. Von dieser Zucht kauften sie auch ihr erstes Criollo-Pferd. Eigentlich arbeiten beide in anderen Berufen. Inzwischen träumen sie davon, den Familienbetrieb mit der eigenen Pferdezucht weiterführen zu können. Warum ausgerechnet mit diesen Tieren?

Was haben Criollo-Pferde für einen Charakter?

00:35 Min. Verfügbar bis 31.07.2026

Während die Schwestern erzählen, flitzt Familienhund Kalle zwischen den Pferdebeinen hin und her. Venja und Bella zeigen sich unbeeindruckt. Die Gabel mit frischem Heu, die Bäcker vor sich trägt, weckt schon mehr Interesse. "Sie kriegen noch zusätzlich ein bisschen Heu, aber in der Regel fressen sie sich auf der Weide satt. Wasser gibt es aus dem Bach dahinten", sagt die 36-Jährige.  

Bis zu einem Zuchterfolg wird es aber noch dauern. Ihre Stuten können erst in ein bis zwei Jahren erstmals gedeckt werden. Wichtig dabei ist, Regeln einzuhalten und auf die Blutlinie zu achten. "Es ist immer noch eine der gesündesten Pferderassen der Welt. Es gibt kaum Fehlkreuzungen. Deshalb wird auch die deutsche Zucht aus den Ursprungsländern wie Uruguay kontrolliert", erklärt Ines Ricke.

Über dieses Thema haben wir auch am 17.05.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Südwestfalen, 19.30 Uhr.