Es ist 8 Uhr morgens. Eine gewohnte Zeit für die Schüler. Doch diesmal beginnt der Schultag nicht wie üblich im Klassenzimmer, sondern an der frischen Luft. Gespannt warten die Kinder auf ihre heutigen Aufgaben: Für die eine Gruppe steht unter anderem Stall ausmisten und Tiere füttern an, die andere Gruppe soll Gemüse und Kräuter ernten.
Eine Woche lang ist der Schulbauernhof Ummeln in Bielefeld das Zuhause der Schüler. Seit 40 Jahren gibt es ihn bereits. Sieben Hektar Land stehen den Kindern zur Verfügung, um das Leben auf dem Bauernhof kennenzulernen: Dazu gehören Werkstattarbeiten, das Ernten und Verarbeiten eigener Lebensmittel und der artgerechte Umgang mit Tieren. Für viele Kinder das Highlight in ihrer Bauernhof-Zeit.
Auf dem Bauernhof leben Schweine, Schafe, Kaninchen, Gänse, verschiedene Enten- und Hühnerarten. Auch ein Hund, zwei Katzen und Bienenvölker gehören dazu. Außerdem gibt es viele Nistplätze für Vögel und Insekten.
100 Prozent Selbstversorgung
Die Ernte-Gruppe ist inzwischen losgezogen. Im riesigen Garten sind die Schüler auf der Suche nach einem ganz bestimmten Kraut. Oregano soll heute das Hauptgericht verfeinern. Viele Kinder kennen es als Pizzagewürz. Selbst gepflückt haben es aber bisher wohl die wenigsten. Gegessen und gekocht wird immer saisonal, je nachdem, was Garten und Streuobstwiese eben so hergeben.
"Wir wollten einfach, dass die Kinder ganzheitlich, also mit ihrem Körper und ihrer Seele, mit der Natur in Berührung kommen", sagt Elke Siemens. Die ehemalige Lehrerin der Bethel-Schulen war bereits bei der Gründung dabei.
Schulbauernhof Ummeln: Der Erste seiner Art
Siemens und ihre Kollegen haben sich den Traum vom eigenen Schulbauernhof erfüllt. Zwei Jahre lang haben sie den alten Bauernhof mit der Hilfe von vielen Ehrenamtlichen und Spenden umgebaut. Seit der Eröffnung 1985 sind jährlich rund 1000 Kinder auf dem ersten Schulbauernhof Deutschlands zu Gast. Jede Woche zieht eine neue Schulklasse ein. Die Bodelschwingh-Schulen unterstützen den Bauernhof, indem sie Lehrerinnen und Lehrer freistellen.
Das Holzhacken macht zwei Jungen besonders viel Spaß: "Wenn dann immer mehr Risse drin sind, dieses Gefühl, dass es gleich durchbricht: Das ist cool!" Selbstvertrauen aufbauen, indem die Kinder täglich in kleinen Einheiten Erfolgserlebnisse haben, ist ein fester Teil des Konzepts. Siemens ist nach wie vor mit Leib und Seele von dem Konzept überzeugt. "Das ist mein Kind", sagt sie. Viele Nachahmer auf der ganzen Welt geben ihr Recht.
Über dieses Thema haben wir auch am 20.11.2024 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit OWL, 19.30 Uhr.