"Herzenssache": Wie ein Mann den Weihnachtsmarkt in Solingen rettet
Stand: 08.12.2024, 15:14 Uhr
Der kleine Weihnachtsmarkt auf dem Mühlenplatz in Solingen hat Tradition. Als im Frühjahr der langjährige Organisator stirbt, steht der Markt vor dem Aus. Warum es doch ein Happy End gibt.
Von Stefan Weisemann (Text) und René Rabenschlag (Multimedia)
Michael Karp-Decker strahlt über das ganze Gesicht. Die Wangen unter seinem Dreitagebart sind leicht rot angelaufen. Eingehüllt in eine dicke, schwarze Jacke und mit Hut auf dem Kopf steht der 61-Jährige auf dem Mühlenplatz in Solingen. Hinter ihm dreht ein buntes Kinderkarussell seine Runden, rundherum stehen weihnachtlich geschmückte Holzhütten und Tannen.
Der kleine Weihnachtsmarkt neben einem großen Einkaufscenter hat eben zum ersten Mal aufgemacht. Kinder aus zehn Solinger Kitas hatten am Morgen noch geholfen, die Tannen zu schmücken. Unter anderem mit selbst gebastelten Weihnachtsbäumchen und Sternen. Als Dankeschön dürfen sie danach kostenlos auf das Karussell und bekommen heißen Kakao.
Was Karp-Decker beim Start des Weihnachtsmarktes am meisten freut
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Ohne Karp-Decker würde es die leuchtenden Kinderaugen wohl so nicht geben. Denn ohne ihn würde hier in diesem Jahr wohl kein Karussell stehen. Auch keine Weihnachtsmarktbuden und keine Tannenbäume.
Weihnachtsmarkt in Solingen geht weiter
Seit den 90er Jahren hat Karp-Deckers Ehemann Frank den kleinen Weihnachtsmarkt in Solingen organisiert. Er ist einer von über 330 Weihnachtsmärkten, die es laut einer Auflistung in Nordrhein-Westfalen gibt. Elf der schönsten in NRW zeigen wir hier. Der Weihnachtsmarkt auf dem Mühlenplatz gehört eher zu den Kleineren, doch mit viel Leidenschaft hat Frank ihn zu einer beliebten Institution in der Weihnachtszeit gemacht. "Es war wirklich die Herzenssache meines Mannes", sagt Karp-Decker. Doch im Mai ist Frank nach langer Krankheit gestorben.
Karp-Decker musste sich entscheiden: Den Weihnachtsmarkt aufgeben oder aus Liebe zum verstorbenen Partner weiterführen? "Ich bin seit 20 Jahren dabei, ich kenne diesen Markt", sagt er, selbst Schausteller. "Nur von der Organisation habe ich keine Ahnung gehabt." Bis jetzt. Denn letztlich soll die Organisation kein Hindernis sein: Karp-Decker verteilt die Hütten an Schausteller, spricht mit Ordnungsamt und Feuerwehr. Er will den Markt aufrechterhalten. So wie sich sein Mann Frank das gewünscht hätte.
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Ein Mal denkt Karp-Decker aber doch ans Aufgeben. Im August, nach dem Terroranschlag auf dem Solinger Stadtfest. Ein Attentäter tötet dort mit einem Messer drei Menschen, mehrere weitere werden schwer verletzt.
Warum der Weihnachtsmarkt trotz Stadtfest-Anschlag stattfindet
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Das Leben geht weiter und auch der beliebte kleine Weihnachtsmarkt auf dem Mühlenplatz in Solingen, der bis zum 22. Dezember täglich von 11 bis 20 Uhr geöffnet hat. Pünktlich zum Start des Marktes fängt es an zu schneien. Es ist ein nasser Schnee, eher Regen. Aber immerhin. Karp-Decker guckt Richtung Himmel und denkt an seinen verstorbenen Mann. Laut lachend sagt er: "Er schickt jetzt gerade ein paar Grüße." Es scheint, als hätte Karp-Decker mit der Rettung des Solinger Weihnachtsmarktes alles richtig gemacht.
Über dieses Thema haben wir auch am 21.11.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Bergisches Land, 19.30 Uhr.
