Weihnachtskugeln made in Westfalen
Stand: 03.12.2023, 09:37 Uhr
Weihnachten beginnt in Warburg schon im Mai. In Westfalen befindet sich die vermutlich einzige Produktionsstätte für Christbaumkugeln in Nordrhein-Westfalen: die Firma Brauns-Heitmann.
Von Hanna Makowka (Text) und Kolja Selker (Multimedia)
Bei warmem Licht sitzen Mitarbeiter zusammen und bemalen von Hand die kleinen Glaskugeln. Alle tragen rot gestrickte Pullover, im Hintergrund läuft fröhliche Weihnachtsmusik. In der großen Produktionshalle der Firma in Warburg zerfällt diese romantische Vorstellung innerhalb weniger Sekunden zu Staub. Mit der echten Herstellung von Christbaumkugeln hat sie wenig zu tun. Stattdessen gibt es laute Maschinen, helle Neonröhren, Fließbandarbeit. Statt roter Pullover tragen die Mitarbeiter Blaumann und Schutzbrille. Nur dank der durchgetakteten Produktion kann die Firma die enorme Nachfrage überhaupt bedienen.
Wie werden die Christbaumkugeln in Warburg produziert?
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Brauns-Heitmann verkauft mehr als eine Million Kugeln pro Jahr. Ein Teil geht an die Supermärkte. Ein weiterer großer Teil sind Bestellung personalisierter Kugeln, beispielsweise von Fußballvereinen oder Automarken. Im November laufen die Vorbereitungen für das Weihnachtsgeschäft auf Hochtouren. Dabei wird hier in Warburg schon seit Mai an den bunten Glaskugeln gearbeitet.
Weihnachtskugeln im Sommer
"Die Produktion begleitet uns acht Monate lang", erzählt Produktionsleiter Marco Nauendorf. Ein Weihnachtsgefühl käme dabei nicht automatisch auf. "Wenn wir im Spätfrühling oder Sommer anfangen, trällern wir nicht irgendwelche Lieder und produzieren dabei die Kugeln."
Produktionsleiter Marco Nauendorf
Mit einem lauten Klirren kippt er einen brauner Pappkarton voller kleiner Glaskugeln auf ein Fließband. Eine neue Ladung vorproduzierter Rohlinge aus Osteuropa, die gerade angekommen ist. Nauendorf hält eine der noch schlicht aussehenden Glaskugeln gegen das Licht. Jede Kugel wird genauestens überprüft. Für die Kunden muss die Qualität stimmen. Ohne Handarbeit und geschultes Auge geht es auch in der industriellen Produktion nicht.
Christbaumkugeln: Eine gar nicht so alte Tradition
Seit ungefähr 600 Jahren stellen Menschen Tannenbäume in ihre Häuser und schmücken sie, zuerst mit Leckereien wie Äpfeln, Nüssen und Zuckergebäck. Christbaumkugeln, wie wir sie heute kennen, gibt es erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Der gläserne Schmuck wurde vor allem von Glasbläsern aus Thüringen angefertigt. Einer Legende nach soll ein armer Glasbläser die bunten Kugeln erfunden haben, weil er sich teure Lebensmittel wie Walnüsse und Äpfel nicht leisten konnte.
Nach der Qualitätsprüfung sortiert eine Mitarbeiterin die Kugeln in eine Maschine ein. Sie trägt eine Silbernitratlösung im Inneren der Kugeln auf. Beim Einordnen in die laut und gleichmäßig ruckelnde Maschine ist Vorsicht geboten.
"Das Glas hat ungefähr eine Dicke von anderthalb Millimetern", erklärt Nauendorf. Er arbeitet seit mittlerweile 13 Jahren bei Brauns-Heitmann und kennt sich genau aus. Blaumann und eine Schutzbrille schützen ihn und seine Kollegen vor den Glassplittern: "Die Kugeln können schon einiges ab, aber natürlich lässt sich Bruch nicht vermeiden." Ungefähr zehn Prozent schaffen es nicht heil in den Verkauf.
Das sind die Trends 2023
Nach der Silbernitratlösung werden die Kugeln von Hand poliert, der anstrengendste Teil bei der Herstellung. Das anschließende Lackieren übernimmt wieder eine Maschine. Immer vier Kugeln gleichzeitig werden von einem Mitarbeiter einsortiert. Lackieren, überschüssige Farbe abschütteln, trocknen.
Warum ist das Polieren der Christbaumkugeln anstrengend?
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Heute steht Rot auf dem Plan. Ein Klassiker, der immer geht – genau wie Silber, Gold und Weiß. Aber es gibt auch Trends, die kommen und gehen, weiß Produktionsleiter Nauendorf: "Wir haben zum Beispiel letztes Jahr erlebt, dass unheimlich viel Schwarz ging. Und Tannengrün ist wieder in, obwohl man meint, das verliert sich in einem Weihnachtsbaum – ist aber gar nicht so."
Hier entstehen rote Christbaumkugeln
Produktionsleiter Nauendorf hat übrigens keinen Weihnachtsbaum bei sich zu Hause. Das liege aber nicht daran, dass er die Kugeln wegen seiner Arbeit nicht mehr sehen könne, erzählt er schmunzelnd: "Ich bin einfach so viel unterwegs, dass sich ein Baum nicht lohnen würde."
Über dieses Thema haben wir auch am 20.10.2023 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Ostwestfalen-Lippe, 19:30 Uhr.