Klara Salomon und Christian jungblut stehen beide, gekleidet in blaue Skijacken mit Skiern in der Hand, vor einer Streckenabsperrung. Im Hintergrund sieht man einen Abschnitt eines Skilifts.

Wie ein Skiclub im Sauerland gegen den Schneemangel kämpft

Hochsauerlandkreis | Heimatliebe

Stand: 13.02.2025, 06:57 Uhr

Das Sauerland ist in ganz NRW für seinen Skitourismus bekannt. Doch immer häufiger bleibt es neben der Piste grün. Was tun, wenn es immer weniger schneit?

Von Julian Piepkorn

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Heute leider geschlossen

Christian Jungblut steht auf einer leicht verschneiten Skipiste und erklärt, warum auf der Schmallenberger Höhe mal wieder geschlossen ist. Das Thermometer zeigt drei Grad Minus, die Sonne strahlt, die Touristen machen sich auf den Weg ins Sauerland. Bestes Skiwetter, heißt es im Radio. Doch Christian Jungblut kann darüber nur lachen. 

Der Sauerländer trägt Brille, Kurzhaarschnitt und eine Winterjacke mit dem Aufdruck "Schmallenberger Höhenlift". Schon als Kind lernte der heute 46-Jährige hier im südlichen Hochsauerland das Skifahren. Seit seiner Jugend engagiert er sich im Schmallenberger Skiclub. Heute ist Jungblut Technikwart und kümmert sich zusammen mit anderen Ehrenamtlichen um Skilift, Piste und Beschneiung. Ohne technische Hilfe geht es hier in Schmallenberg und im ganzen Sauerland schon seit Jahren nicht mehr.

Klimaforscher befürchten schon lange: In NRW werde es in Zukunft weniger Schnee geben als in den vergangenen Jahren. Bereits jetzt drängeln sich die Skitouristen im Sauerland an manchen Tagen neben der grünen Wiese auf den beschneiten Pisten. Die kommerziellen Skiliftbetreiber nutzen dafür moderne Technik. Schließlich wollen die Touristen auch bei Plusgraden Skifahren. Das verbraucht viel Strom und Wasser, doch die Betreiber betonen ihre Nachhaltigkeit. Bis 2030 wollen sie rund um Winterberg klimaneutral wirtschaften.

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Kipppunkte

An der Sporthochschule Köln forschen sie seit Jahren zur Zukunft des Wintertourismus. Professor Ralf Roth begleitet die Liftbetreiber im Sauerland bei der Transformation. Er sagt: "Durch den Klimawandel wird es in den Skigebieten des Sauerlands künftig weniger natürlichen Schnee geben." Aber die Beschneiung funktioniere so gut, dass der Skibetrieb auch in den nächsten Jahren gesichert sei. "In den kommenden Jahren sehen wir noch keine kritische Grenze", so Roth. Am Ende müsse der Pistenbetreiber entscheiden, ob sich die Kosten für die Beschneiung lohnen. Hinzu kommen Kosten für Wasser- und Naturschutz. Nicht alle werden sich das leisten können.

Wohin das führt, zeigt sich auf der Schmallenberger Höhe. Hier funktioniert der Skisport noch wie vor zwanzig Jahren. Geld verdienen lässt sich damit keins mehr. Als der ehemalige Liftbetreiber vor Jahren insolvent ging, übernahmen die Ehrenamtlichen vom Skiclub. Die Einnahmen aus dem Liftbetrieb decken in Schmallenberg nur etwa die Hälfte der Kosten für Pacht, Wartung, Strom und Wasser. Den Rest zahlen lokale Unternehmen als Sponsoren. So geht es vielen kleinen Skihängen hier.

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Die Schneemaschine 

Jungblut führt in eine kleine Holzhütte am Ende des Lifts. Draußen baumeln die Schleppstangen ungenutzt in der Sonne. Erst letzte Woche, sagt er, kamen mal wieder Besucher aus dem Rheinland und wunderten sich, warum sie denn nicht geöffnet haben. Die Antwort liegt hier, versteckt in der kleinen Hütte. Ein faustdickes Rohr ragt aus dem Boden, daneben steht eine Pumpe: Ohne die Beschneiungsanlage können die Ehrenamtlichen die Piste kaum noch öffnen.

Christian Jungblut spricht über die Vorteile des technisch-erzeugten Schnee

00:46 Min. Verfügbar bis 13.02.2027

Aber das ist teuer: "1500 Euro kostet uns eine Nacht Schneemachen", schätzt Jungblut. Und um die ganze Piste weiß zu bekommen, dauert es je nach Wetter auch mal eine Woche. 13 bis 15 Liter Wasser pro Sekunde jagen sie dann durch die Schneekanonen auf die Piste. Damit sie die Kanonen anwerfen, muss es die folgenden Tage lange kalt bleiben.

Im benachbarten Winterberg ist hingegen fast die ganze Wintersaison über geöffnet: Die Besucher kommen, auch wenn sie neben der grünen Wiese fahren müssen. Seit Corona haben sich die Zahlen bereits erholt. Doch die Touristen werden wählerischer, sagt Wintersportforscher Roth: Der Gast entscheide immer kurzfristiger, wann und wo er Ski fahre. In Winterberg glauben sie trotz alledem an die Zukunft des Wintersports. Denn der bringt auch eine Menge Geld in die Region.

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Winterzauber

290 Millionen Euro Umsatz vermeldeten die Wintersportgebiete im Sauerland in der Saison 22/23, 100 Millionen davon in den Wintermonaten von Dezember bis Februar. Am Tourismus hängen hier 3000 Arbeitsplätze plus Saisonkräfte. "Viele Menschen suchen Schnee und kommen, auch dann, wenn die Wälder neben der Piste nicht verschneit sind, also auch dann, wenn es eigentlich nicht geschneit hat", sagt Sporttourismusforscher Roth. "Skifahren ist ein einzigartiges Gemeinschaftserlebnis und eine besondere Auszeit vom eher tristen Alltag. Dafür werden die Gäste auch in Zukunft bereit sein, Geld auszugeben."

Klara Salamon will die nächste Generation für das Skifahren begeistern. Die 17-Jährige ist Skilehrerin an der Schmallenberger Höhe. Bereits mit drei Jahren stand sie zum ersten Mal auf den Brettern, die heute nur noch selten auf Schnee aus den Wolken die Piste herunterfahren. Trotzdem: Die Nachfrage nach Skikursen ist ungebrochen hoch, fast alle Plätze sind belegt.

Klara Salamon, eine junge Frau, steht in ihrer Blauen Skijacke, mit einem paar Skiern in der rechten Hand vor einer Almhütte.

Klara Salamon ist begeistert vom Skisport

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Die nächste Generation

Salamon findet Skifahren ein schönes Hobby. Sie schwärmt von all den Nachmittagen mit ihren Freunden nach Schulschluss auf der Piste. Das gehöre für viele Schmallenberger Kinder zum Aufwachsen dazu. Aber auch der 17-Jährigen bereitet es Sorge, wenn wieder ein Skigebiet im Sauerland schließt oder ein Lift den Betrieb einstellen muss. Ob sie hier in 20 Jahren noch Skifahren können? "Das weiß keiner", sagt sie. "Aber wir sollten es ausnutzen, solange es noch geht."

Christian Jungblut zeigt anhand von Daten, was sich im Laufe der Jahre auf dem Skihang verändert hat

00:29 Min. Verfügbar bis 13.02.2027

Für das Sauerland ist diese Ungewissheit Fluch und Segen zugleich. Die moderne Beschneiungstechnik bietet den Liftbetreibern eine gewisse Schneesicherheit im Winter. Im Sommer setzen viele Unternehmer auf andere Geschäftsmodelle. Ob Mountainbike-Parks, Sommerrodelbahnen oder Skywalk: Das Sauerland vermarktet sich ganzjährig als Outdoor-Erlebnis.

Christian Jungblut steht auf der Schmallenberger Höhe und blickt hinab auf seine Heimatstadt. Vor zwanzig Jahren kam hier auf der Piste die erste Schneekanone zum Einsatz. Damals wollten sie nur die stark befahrenen Stellen ausbessern. Er erinnert sich noch gut an die Vereinssitzung, wo sie über die Kanonen beraten haben. "Wir können die Piste häufiger öffnen, wenn wir die Kanonen nutzen", sagt Jungblut. "Das war eine Grundsatzentscheidung: Machen wir dicht oder nutzen wir die Technik?"

Fünf Schneekanonen und zwei Schneelanzen sorgen heute für eine weiße Abfahrt, wenn die Natur mal wieder ihren Dienst verweigert. Christian Jungblut nimmt sich dann frei, unbezahlt, um auf seiner Heimatpiste den Skisport zu erhalten. Die ganze Nacht über brummen dann hier die Schneekanonen. Er sagt: "Wenn ich glauben würde, dass das hier in drei Jahren vorbei wäre, dann würde ich das hier nicht machen."