Björn Schütz aus Schleiden blickt in seinen Holzladen

Der Holzladen im Flutgebiet: Upcycling aus Schleiden

Euskirchen | Heimatliebe

Stand: 01.09.2023, 16:35 Uhr

Björn Schütz hat im Flutgebiet von Schleiden-Gemünd einen Laden mit selbst gemachten Holzprodukten eröffnet. Jedes Upcycling-Produkt hat seine Geschichte. Darunter ist auch verarbeitetes Flutholz.

Von Sabine Rieck

In der Werkstatt von Björn Schütz riecht es aromatisch nach trockenem Holz. Die Schleifmaschine dröhnt. Immer wieder fühlt der 45-Jährige mit der Hand über den dicken Eichenbalken, den er mit der Maschine auf der Werkbank bearbeitet. Das Holz, das hier landet, hat meist schon Jahrzehnte hinter sich. Dass er heute hier seine Produkte fertigt, liegt auch an der Flut im Juli 2021 und ihren Folgen.

Wie Björn Schütz die Dielen einer alten Burg genutzt hat

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Flut in der Eifel: Gemünd will zurück zur Normalität

Der Ort Gemünd, der zur Eifelstadt Schleiden gehört, wurde in der Flutnacht so schwer getroffen, wie kaum ein anderer in Nordrhein-Westfalen. Neun Menschen kamen ums Leben. Im Ortsteil Gemünd wurden Autos wie Spielzeuge von den Wassermassen durch die Straßen geschoben. Schlamm und Treibgut zerstörten die Gemünder Innenstadt. Etwas mehr als zwei Jahre ist das her. Der Wiederaufbau der Häuser dauert an. Die Innenstadt ist nicht mehr die, die sie vor der Naturkatastrophe war.

Unterstützung für den Traum

Noch immer gibt es einige Leerstände, aber viele Geschäfte haben wieder geöffnet. Oder neu eröffnet. Wie das von Schütz und seiner Freundin. Sie haben ihr Ladenlokal in der Innenstadt vergünstigt über ein Förderprogramm der Stadt mieten können. "Im Moment trägt sich der Laden", sagt Schütz "aber bald müssen wir überlegen, ob wir es in dieser Form weiter machen können."

In der Werkstatt in Hellenthal bastelt der 45-Jährige jeden Tag neue Deko-Objekte aus Altholz. Die ersten Produkte entstanden aus einer abgerissenen Scheune. "Keiner wollte dieses Holz haben", erinnert sich Schütz.

Holzdeko von Björn Schütz

Holzdeko mit teils jahrzehntelanger Geschichte

Jedes Stück ein Unikat

Seit fünf Jahren arbeitet er mit Holz. Alles hat er sich selbst beigebracht. Was anfangs nur im Bekanntenkreis Abnehmer fand, entwickelte sich auf kleinen Handwerker-Märkten schnell zum Verkaufsschlager. Im April hatte der Zeitsoldat mit seiner Freundin in Schleiden-Gemünd den kleinen Laden eröffnet. 50 bis 100 Produkte verkaufen sie durchschnittlich im Monat. "Vor allem die Holz-Lampen im Industrial-Design sind der Renner", erzählt er. Jede von ihnen ist ein Unikat.

Wie hat Björn Schütz die Arbeit mit Holz gelernt?

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Heute fertigt er für einen Kunden eine Lampe aus einem alten Stück Eichenholz. Der ein Meter lange Balken wirkt federleicht, wenn Schütz ihn in die Hand nimmt. Das Holz stammt aus einem alten Fachwerkhaus. Mit Sorgfalt bearbeitet er jede Ritze. Immer wieder fühlt er mit der Hand auf dem Holz, ob noch ein Splitter abstehen. Unzufrieden schüttelt er den Kopf und startet erneut die Schleifmaschine. Fünf Minuten später: zufriedenes Nicken.

Schütz mag die vielen Arbeitsschritte. Er bohrt ein Loch durch den Balken, fädelt das Elektro-Kabel ein, dreht die Glühbirne in die Fassung und betätigt den Lichtschalter. Das Licht strahlt facettenreich in Gelbtönen auf das Eichenholz. "Schön, gell?", fragt Schütz und lächelt.

Holz mit Geschichte

"Ich kann zu jedem Stück Holz, was ich weiter verarbeite, eine Geschichte erzählen", sagt er und nimmt sich eine Eichen-Holzdiele vom Stapel. "Diese Dielen lagen mal in der Burg Blessem in Erftstadt. Durch die Hochwasserkatastrophe ist dieser Boden unterspült und damit unbrauchbar geworden", erzählt Schütz. Über den Hausmeister kamen sie an die Dielen, befreiten jede von ihnen vom Schlamm. Aus den alten Bodenstücken wurden Foto-Aufsteller oder Deko-Schilder. Für rund sechs Euro kann sich jeder Interessierte ein Stück Burg und Hochwassergeschichte kaufen.

Immer wieder kommen Leute in das kleine Ladenlokal oder bleiben neugierig vor dem Schaufenster stehen. "Für uns als Paar wäre es natürlich ein Traum hauptberuflich davon zu leben", sagt Schütz. "Für uns ist Holz einfach das Element unseres Lebens."

Die finanzielle Unterstützung seitens der Stadt läuft noch bis Ende des Jahres. Schütz hofft, dass das Förderprojekt verlängert wird. Er will weiter mit Holz arbeiten. "In der Eifel bieten mir viel mittlerweile das Material kostenlos an, wenn Abrisse oder Renovierungen anstehen." So kommt ständig Nachschub-Material.

Über das Thema haben wir am 31.08.2023 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Aachen, 19.30 Uhr.